PFARRER (BRD 2014)


Verleih Edition Salzgeber          Spieldauer: 90 Min.           Kinostart: 10. April 2014

Zum Trailer: Pfarrer 

Ein Film von Chris Wright & Stefan Kolbe

Ein Jahr lang begleiten die beiden Regisseure eine Gruppe junger Männer und Frauen in der Endphase ihrer Ausbildung zum Pfarrer. Der Ort ist Wittenberg, die Lutherstadt, einst Hochburg der deutschen Reformation, heute gelegen in einer der ungläubigsten Ecken Europas. Zwischen den atheistischen Filmemachern und den gläubigen Protagonisten entsteht ein offener, intimer Dialog über unsere fundamentalen Bedürfnisse nach Liebe, Geborgenheit und Sinn.

>> www.facebook.com/pfarrerfilm
>> wright-kolbe-film.de

 

Verleih Edition Salzgeber          Spieldauer: 90 Min.           Kinostart: 10. April 2014

Zum Trailer: Pfarrer  Ein Film von Chris Wright & Stefan Kolbe

Ein Jahr lang begleiten die beiden Regisseure eine Gruppe junger Männer und Frauen in der Endphase ihrer Ausbildung zum Pfarrer. Der Ort ist Wittenberg, die Lutherstadt, einst Hochburg der deutschen Reformation, heute gelegen in einer der ungläubigsten Ecken Europas. Zwischen den atheistischen Filmemachern und den gläubigen Protagonisten entsteht ein offener, intimer Dialog über unsere fundamentalen Bedürfnisse nach Liebe, Geborgenheit und Sinn.

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Interview mit Chris Wright und Stefan Kolbe

Wie kam die Idee zustande, einen Film über Pfarrer zu machen?

Chris Wright: Das sind immer diese komischen langen Wege. Wir hatten an den Orten, an denen wir drehten, immer wieder Kontakt mit Pfarrern. Sie sind oft ein bisschen die Dorfintellektuellen, sie kennen die Mentalität der Leute gut, und haben dabei doch eine Außenperspektive. Es kann auch ein sehr einsamer Beruf sein. Auf das Kinderheim in „Kleinstheim“ stießen wir auch durch einen Pfarrer

… Stefan Kolbe: Wir waren damals eigentlich schon am Recherchieren an einem Film über Pfarrer, und erzählten beiläufig, dass wir auch schon seit Jahren ein Kinderheim suchten, in das wir reinkommen. Der befreundete Pfarrer, bei dem wir waren, sagte: Da drüben ist ein Heim. Es war wirklich auf der anderen Straßenseite. So kam es, dass wir drei Jahre lang erst mal „Kleinstheim“ in diesem Heim drehten und während dieser Zeit im Pfarrhaus wohnten.

So gehen die Projekte ineinander über. Ein Thema ergibt das andere.

Stefan Kolbe: Ich würde nicht einmal wirklich von Themen sprechen, das ist fast schon zu konkret, sondern von Richtungen. Manche Off-Stellen der Projekte hängen so nach. Hanjo aus „Das Block“ bildet die Brücke zu „Technik des Glücks“. Silvio wiederum führte uns zu „Kleinstheim“, denn wir wollten wissen: Wie sieht es aus bei anderen Heimkindern? Die Sache mit den Pfarrern hat sich über die Jahre angesammelt. Und sie ist auch noch nicht beendet. Denn es sind viele Fragen offen. Zum Beispiel: Wo lassen die Pfarrer ihren Kram? Da schauen wir gerade ein wenig Richtung Supervision.

In „Kleinstheim“ haben Sie in einem Pfarrhaus gelebt. Der Film aber wurde in einer Predigerschule in Wittenberg gedreht? Warum diese Institution für Berufsanfänger?

Chris Wright: Für angehende Pfarrer ist die Vikariatszeit einfach sehr spannend. Es steht alles noch einmal auf dem Spiel. Die Gottesbeziehung. Man geht die Bibel durch

… Stefan Kolbe: „Einmal durch das Buch gehen“, das war so eine starke Formulierung, die uns auffiel. Hinten komme ich mit mir selbst wieder aus dem Buch heraus.

Chris Wright: Die angehenden Pfarrer werden zum ersten Mal mit einer Gemeinde konfrontiert, sie müssen in einer neu gefundenen Rolle das vorleben, was nach dem Studium noch einmal in Frage gestellt wurde. Die Predigerschule bedeutet eine Selbstfindung, danach werden sie in den real existierenden Beruf hineingeschmissen.

Und Sie finden in dieser Schule natürlich auch eine repräsentative Auswahl an Figuren.

Stefan Kolbe: Es ist ein Gruppenporträt wie auch schon in „Kleinstheim“. Es konzentriert sich schließlich auf vier, fünf Leute, die untereinander in Beziehung stehen, so ergibt sich ein kompletteres Bild.

Chris Wright: Wir haben auch in Münster in einem Priesterseminar im katholischen Bereich recherchiert, das ist allerdings eine ganz andere Tradition als im Protestantischen, wo es immer sehr stark um die Auseinandersetzung mit sich selbst geht. Und dann überzeugte uns auch Wittenberg, ein Ort, an dem man die Tradition spürt und wo gute Bilder rumkommen.

Es fügt sich so auch in die Beobachtungen aus Ostdeutschland, die wir aus Ihren früheren Filmen kennen.

Stefan Kolbe: Da steckt jetzt kein Plan dahinter. Aber es ist nun einmal so, dass in Gegenden, die man gut kennt, die Barrieren für „Nahfilme“ nicht so hoch sind. So würde ich das nennen, was wir machen. Nahfilme oder Beziehungsfilme.

Chris Wright: Ich finde, das ist die Hauptaufgabe von Dokumentarfilm: Beziehungsarbeit. Das ist es, was man spüren muss, nicht so sehr die konzeptionelle Schiene, das interessiert mich weniger.

Ein interessantes Motiv des Films ist, dass Sie sich selbst einbeziehen. Sie führen ein Religionsgespräch, geben sich vielleicht auch taktisch – als potentiell missionierbar zu erkennen.

Stefan Kolbe: Wir sind auch gecastet worden (lacht).

Chris Wright: Wir mussten vorher ja wirklich die Landeskirchen überzeugen. Der entsprechende Ausschuss fand die Idee spannend, gerade weil der Film nicht als eine Werbeveranstaltung gedacht war. Das empfanden sie als eine Chance. Das hat man nicht alle Tage, dass die Institutionen so offen sind.

Die Protagonisten haben Sie, wie eigentlich in allen Ihren Filmen, sehr nahe an sich herangelassen. Und es gibt dabei durchaus krisenhafte Momente. Wie entwickelt sich so etwas?

Stefan Kolbe: Wir haben mitgelebt, haben den Alltag geteilt. Das war auf Dauer auch teilweise fast ein bisschen anstrengend, denn wenn man raustritt, dann wird das sofort bemerkt.

Chris Wright: Der Film macht diese besondere Beziehung auch sehr anschaulich: Alle stehen im Kreis, wir stehen außerhalb, und können während der ganzen Zeit rein und raushüpfen.

Geht so ein Film ohne eigenen Begriff von Religion? Wie halten Sie es mit Gott?

Chris Wright: Man merkt, wo das selbst in den Knochen steckt. Meine Großeltern väterlicherseits sind katholisch, ich selbst bin nicht getauft und atheistisch erzogen. Ich kann mich aber noch gut erinnern an Andachten mit Kirchenliedern in England. Da merkt man, wie tief diese Sprache dann doch drinsitzt. Religion ist eine schöne Art, über die Welt und über sich selbst nachzudenken. Mit der Form Gottesdienst kann ich aber wenig anfangen.

Stefan Kolbe: Es gab Situationen, wo wir beide beim Drehen geheult haben, weil Andachten oder Predigten vor allem am Anfang sehr persönlich gehalten waren. Da kriegt’s einen dann natürlich.

Chris Wright: Natürlich geht es da auch sehr stark um Gruppenerfahrung. Das ist ja der älteste Trick der Welt. Du hast eine geschlossene Gemeinschaft, ständig ist die Rede von Schönheit, Schuld, Erlösung, alle reden von sich. Das macht sehr viel mit dir, und ist natürlich wahnsinnig ambivalent, denn so fängt auch Gehirnwäsche an.

Stefan Kolbe: Einer der angehenden Pfarrer hat gesagt, er kann Gott nicht nicht denken. Das war für mein Hirn sehr hilfreich. Ich habe dann doch immer so das Gefühl, dass es etwas gibt, was mir ein bisschen als Überlegenheitsgeste erscheint. Ich hab mir häufig mehr Toleranz in die andere, in unsere Richtung gewünscht, aber das ist an dem Ort wohl schwierig. Ich persönlich bin getauft und konfirmiert und nach der Wende ausgetreten. Dem Glauben habe ich mit dem Projekt keine Chance gegeben, aber meiner Neugierde in diese Richtung. Mich hat es eher wieder weiter weggehebelt, das hat nichts mit den Menschen zu tun, mehr mit der Institution Kirche. Ich hatte öfter den Reflex, die Menschen da rauszuholen

Man lernt viel über die Wirkungsweise von Religion in Pfarrer. Einerseits zerfällt der Glaube für meine Begriffe in zahlreiche Sprachspiele. Dann singen aber alle ein Lied wie „Nada Te Turbe“, und man ist durch und durch ergriffen.

Chris Wright: Der Text ist natürlich der Hammer: Gott allein genügt. Viele, die das gerade singen, spüren Gott gar nicht, und sie singen es doch. Denken wir an Lars, den Kandidaten, der nicht mehr an den allmächtigen Gott glaubt.

Stefan Kolbe: Das Singen hat auch ein gewisses selbsttherapeutisches Element, das da mitschwingt.

Religion als Bewältigung von Leerstellen der Existenz. Sind Sie nun näher dran, oder weiter weg?

Stefan Kolbe: Ich würde sagen, es gab eine gegensätzliche Bewegung. Mich haben die Fliehkräfte immer mehr nach außen getrieben. Bei Chris, der da ein unbeschriebenes Blatt ist, gab es da eine andere Neugierde. Diese produktive Spannung sieht man dem Film im besten Sinne an. Vielen Dank für das Gespräch.

Interview: Bert Rebhandl

 

 

Realisierung und Buch . . . . . . . . . . . . . . Chris Wright & Stefan Kolbe
Bild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Stefan Kolbe
Ton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chris Wright
Montage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chris Wright
Musik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tobias Hume (Jordi Savall)
Andrea Falconiero (Jordi Savall)
Johann Sebastian Bach (Chris Thile)
This Will Destroy You
Pinoreks
Produzent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Heino Deckert
Eine Produktion der ma.ja.de. Filmproduktion
in Koproduktion mit MDR / ARTE
mit Unterstützung durch: MDM, DFFF, Kulturstiftung des Freistaates
Sachsen, Gerd-Ruge-Stipendium der Film-und Medienstiftung
NRW
im Verleih der Edition Salzgeber

 

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