Bjarke Ingels: Technik ohne Maschinen Ausstellung im DAM: Hot to Cold


Unter klimatisch extremen Bedingungen dient die Architektur in erster Linie dem Schutz vor Hitze oder Kälte. Umso milder oder gemäßigter die Umgebung ist, desto mehr Spielraum gibt es für kulturelle, programmatische und politische Einflussfaktoren auf die Gestaltung der Gebäude.

Die Ausstellung „Hot to Cold“ im DAM in Frankfurt ist nach Klimazonen aufgebaut, von einem der heißesten Orte des Planeten, der arabischen Wüste, bis zu einem der kältesten, der finnischen Tundra. Auf dieser Reise von einem Klimaextrem ins andere wird erkennbar, dass je rauer das Klima ist, desto intensiver der Einfluss auf die Architektur wird.

Anpassung in der Architektur

Die Entwürfe von Bjarke Ingels Group (BIG) aus Kopenhagen, New York und London sind dementsprechend von den jeweiligen kulturellen und klimatischen Kontexten geprägt. In der Ausstellung sind zahlreiche Modelle und Prototypen zu sehen. Filmbeiträge zeigen das Leben, wie es in und um die von BIG entworfenen Gebäude herum stattfindet.

Modell: Aufstockung, Basel Transitlager

BIG ist ein Zusammenschluss von Architekten, Designern und Experten aus den Bereichen Architektur und Innenarchitektur, Städte- und Landschaftsplanung, Produktdesign, Forschung und Entwicklung. Das Büro  verfügt über Niederlassungen an mehreren Orten und hat sich den Ruf erworben, programmatisch wie technisch innovative Gebäude zu errichten und dabei zugleich kostenbewusst und ressourcenschonend zu arbeiten. BIGs architektonisches Schaffen zeugt von einer hohen Sensibilität für die besonderen Anforderungen jedes einzelnen Projekts bezüglich Standort, Kontext und Programmatik.

Architektur ist mehr als das Entwerfen hübscher Fassaden oder eindrucksvoller Skulpturen. Sie ist die Gestaltung von Menschen geschaffener Ökosysteme, in denen wir nicht nur die Wege der Menschen, sondern auch die der Ressourcen durch unsere Städte und Bauten lenken müssen.

Derzeit gestaltet das Architekturbüro den Google Campus in Mountain View, Kalifornien, das Two World Trade Center in New York City, einen Masterplan für den Smithonian Campus in Washington, D.C. sowie diverse Wohnhäuser, Sportstätten, Bildungseinrichtungen, Gewerbeobjekte und Kulturstätten in der ganzen Welt. Im Bau befinden sich gegenwärtig Apartmenthochhäuser in Miami, San Francisco und Vancouver, das Faroe Islands Education Center, das Shenzhen Energy Mansion in China sowie eine mit einer Skipiste auf dem Dach ausgestattete Müllverbrennungsanlage in Kopenhagen. Zu den von BIG kürzlich fertig gestellten Bauten zählen das VIA 57 West (2016), das 1200 Intrepid (2016), das Dänische Schifffahrtsmuseum (2013), den Park Superkilen (2012), das 8 House (2010) und das Mountain House (2008).

1964 gestaltete Bernard Rudofsky eine Ausstellung am Museum of Modern Art (MoMA) in New York mit dem Namen „Architecture without Architects – A Short Introduction to Non-Pedigreed Architecture“. Beleuchtet wurde die Tatsache, dass mit dem Aufkommen des Internationalen Stils der Moderne die Bauten begannen, überall gleich auszusehen. Der Name deutet dies offensichtlich an, aber seine beunruhigenden Auswirkungen gehen weit über das Ästhetische hinaus. Dieser homogenisierte Stil vernachlässigte die übliche Reaktion der Planung auf das Umfeld – die Anpassung an die lokalen, über die Jahrhunderte entstandenen Umweltbedingungen, was durch gewaltige mechanische Systeme ersetzt wurde.

Hochhausmodell im Hintergrund: “Omniturm”, Höhe 185 m, Bauprojekt Große Gallusstraße, Frankfurt am Main

Natürlich soll damit keine Rückkehr zu alten regionalen Stilen propagiert werden. Vielmehr helfen  computergestützte Modelle, bevor gebaut wird. Damit wird die Darstellung eines Gebäudes simulierbar und kalkulierbarer. Das geht von der thermischen Beanspruchung bestimmter Volumen bis zu den Auswirkungen von Luftströmen durch Bauwerke. Die Instrumente ermöglichen, die Gesamtwirkung eines Gebäudes auf einen mechanischen Behälter zu reduzieren und zugleich Anforderungen der Gestaltung zu erfüllen. Architektur wird ganz offensichtlich auch von zahllosen anderen Bedingungen jenseits von Klima und Geografie beeinflusst: von Programm, Funktion, Bürokratie, Ökonomie, Technologie, Gewerkschaften, Politik, Materialien, Kultur, Denkmalschutz, öffentlicher Meinung, Logistik etc. Aber wo auch immer man baut, zwei Aspekte dürfen niemals vernachlässigt werden: den Umweltschutz und die sozialen Verhältnisse.

Siehe auch: VIA 57 West‘ in New York

Foto (c) Kulturexpress, oben Bjarke Ingels
Meldung: DAM Frankfurt

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