JUGEND OHNE GOTT Kinostart: 31. August 2017


Ein Film der zum Nachdenken anregt. Jugendliche verbringen ihren Aufenthalt in einem Feriencamp, das besonderen Bedingungen obliegt. Streng kontrolliert, ein durchgespielter Tagesablauf wie im Überlebenskamp. Das erinnert an die Drastik von Reality-Shows. Jugend ohne Gott ist aber viel mehr, die Literaturverfilmung nach Ödon von Horváths gleichnamigem Roman aus dem Jahre 1937. Hier beginnt die Sache interessant zu werden, die Jugendlichen im Film sind die Hoffnungsträger in einer Gesellschaft von Morgen. Die zukünftige Elite soll geprüft werden. Die Kunst des Zuschauers ist, sich mit den Personen zu identifizieren, ohne abgelaufenen Klischees aufzulaufen.

Das Camp liegt isoliert an bewaldeter Hanglage in der Alpenregion. Die Jugendlichen bauen eigene Behausungen Do-it-yourself. Material wird gestellt. Die Koordinatoren des Camps, Lehrer aus der Schule, stellen jeden Tag neue und anstrengende Aufgaben, die meist ausdauernde Exkursionen in die gebirgige Umgebung zur Folge haben. Der Film spielt an der Grenze zwischen perfektem Drill und Trainingsprogramm. Bei Nicht-Befolgung drohen Strafpunkte oder Ausschluss. Darüber sind sich die Jugendlichen bewusst. Es gibt eigentlich kein Entrinnen. Das wichtigste bei alledem ist die zwischenmenschliche Komponente, die unkontrolliert unter den Jugendlichen aufkommt. Widerstand keimt auf, ein Reifeprozess findet statt. Die Jugendlichen lernen zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Doch das hat Konsequenzen. Ein Drama bahnt sich an. Insgesamt ein gelungener Film mit vielen neuen Jungschauspielern, stilsicher und packend erzählt. Wobei die angewendeten Mechanismen stets zu hinterfragen bleiben.

Eine Filmrezension von Kulturexpress

Um ihrer Verfilmung eine ähnliche Bedeutsamkeit zu verleihen, entschieden die Verantwortlichen sich dafür, die Romanvorlage in eine nahe Zukunft zu legen, wie Uli Aselmann, Produzent von JUGEND OHNE GOTT, erklärt: „Ich hatte mich schon lange mit der Idee beschäftigt, von Horváths Roman zu verfilmen. Es war mir aber immer klar, dass die Story nicht zu Beginn des Faschismus im letzten Jahrhundert spielen sollte, sondern dass man sie anders ausrichten müsste – entweder zeitgenössisch oder dystopisch. Wir haben mit den beiden Autoren alle Möglichkeiten abgewogen und sind letztendlich bei der Dystopie hängengeblieben, weil wir geglaubt haben, damit könnten wir am aktuellsten erzählen. Wenn man das erstarken globaler Eliten in der Gegenwart genauer beobachtet, dann ist diese Zukunft sogar schon viel näher, als wir es uns bei der Entwicklung des Stoffes vorgestellt hatten.“

1937 – und somit vor genau 80 Jahren – veröffentlichte der österreichisch-ungarische Schriftsteller Ödön von Horváth mit „Jugend ohne Gott“ seinen dritten Roman, in dem er eine der beunruhigendsten gesellschaftlichen Entwicklungen seiner Zeit verarbeitete. Zur Zeit des Faschismus in Deutschland wird ein christlich-humanistischer Lehrer während eines Zeltlagers mit der zunehmend nationalsozialistischen Attitüde seiner Schüler konfrontiert, was schließlich in einem tragischen Tod endet. Bereits ein Jahr nach Erscheinen wurde das Buch in acht weitere Sprachen übersetzt, in Deutschland hingegen wurde es von den Nationalsozialisten auf der Liste des sogenannten „schädlichen und unerwünschten Schrifttums“ gesetzt – ein klarer Beweis für die damalige Brisanz des Stoffes.

„Lieber als Arzt wollte ich Lehrer werden. Lieber als Kranke heilen, wollte ich Gesunden etwas mitgeben, einen winzigen Stein für den Bau einer schönen Zukunft.”
Ödön von Horváth, „Jugend ohne Gott“

Von Ende April bis Ende Juni 2016 drehte das Team von JUGEND OHNE GOTT für insgesamt 36 Tage an diversen Originalschauplätzen in Bayern, Hessen und Berlin, die die Filmcrew nach langer Suche ausfindig gemacht hatte. Jedes Bundesland verkörpert dabei jeweils einen der Handlungsorte. Als die verschiedenen Teile der Großstadt im Film – einerseits die Sektoren für die Oberschicht oder „Leistungsträger“ mit ihren modernen Gebäuden, andererseits die äußeren Sektorenbereiche, wo die ärmeren Menschen und Dienstleister leben, die „Leistungsempfänger“ – dienen die Straßen von Frankfurt und Berlin. Den Wald, in dem das Camp der Jugendlichen liegt und in dem der Großteil der Story stattfindet, fanden die Macher hingegen bei Garmisch-Partenkirchen in Oberbayern. „In Bayern wollten wir etwas haben, was sich ganz stark absetzt von dem, was Frankfurt und Berlin als Innenstädte bieten“, erläutert Produzent Aselmann. „Wir erzählen die Geschichte ja so, dass diese Jugendlichen aus gutsituierten Verhältnissen stammen, selten in der Natur sind und nun überwältigt werden vom Alpenpanorama. Deshalb brauchten wir Motive, die diesen Kontrast möglichst gut wiedergeben.“

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