LICHT Regie: Barbara Albert (Österreich) Kinostart: 01. Februar 2018


Die 18jährige, früh erblindete Pianistin Maria Theresia Paradis wird dem umstrittenen „Wunderarzt“ Franz Anton Mesmer anvertraut. Sie genießt die neu gewonnene Freiheit in dessen Palais. Doch als seine Behandlung Wirkung zeigt und sie erste Bilder wahrnimmt, bemerkt sie mit Schrecken, dass sie ihre musikalische Virtuosität verliert.

Mit ihrem Spielfilm LICHT erzählt die österreichische Regisseurin Barbara Albert eine Parabel über die Macht der Musik zur Zeit Mozarts in Wien. Aufwendig inszeniert und mit großem Einfühlungsvermögen beschreibt das Historiendrama die Suche nach der eigenen Identität zwischen Lichtblicken und Schattenseiten, zwischen Schein und Sein, zwischen Sehen und Gesehen werden.

Der Szenerie wohnt ein feiner Spott inne. Wie Pianistin und Wunderarzt miteinander umgehen und damit das Verhalten der Beteiligten am Hof beeinflussen. Denn es ist im Film nicht sicher, ob die Pianistin Paradis tatsächlich etwas von der Sehkraft erwirbt oder inwieweit nicht vielmehr die Suggestivkraft des Arztes Mesmer eine Vorstellung davon mit seiner Autorität vorgibt? Testversuche, die Arzt und Pianistin vor versammeltem Publikum vorführen, können unter Umständen auch einstudiert sein oder zumindest auf festgelegten Vorgaben beruhen, so dass ein falscher Eindruck entsteht. Was in einer anderen Situation, der Realtiät etwas näher nicht mehr funktioniert. Insofern blamiert sich die erblindete Pianistin mehr, als dass sie an Glaubwürdigkeit gewinnt. Zudem überwiegt ein Zusammenhang zwischen Verlust der Musikalität und der scheinbaren Wiedererlangung der Sehkraft, was auf mangelnder Motivation oder mangelnder Nachhaltigkeit beruht, welche dem Wunderarzt Anton Mesmer und seiner Patientin unterstellt werden kann. Vielmehr soll das bestehende Klischee von der blinden Pianistin bestehen bleiben, womit die täglichen und eingespielten Abläufe bei Hofe weiterhin ihre Gültigkeit behalten. Der Versuch verkommt zur Posse mehr peinlich für die Beteiligten. Gerade deshalb ist der Film vielleicht auch ein sehr musikalischer Film, der die Vorzüge des musikalischen Gehörs zu würdigen weiß.

Die schicksalhafte Geschichte basiert auf dem Spiegel-Bestseller „Am Anfang war die Nacht Musik“ von Alissa Walser, der Kritiker und Leser gleichermaßen begeisterte. Der poetisch komponierte Film überzeugt durch ein brillantes und hochkarätiges Schauspieler-Ensemble: Als blinde und hochbegabte Pianistin „Resi“ glänzt Maria Dragus. Grimme Preisträger Devid Striesow spielt den umstrittenen Wunderheiler Franz Anton Mesmer. In weiteren Rollen sind u.a. Lukas Miko, Katja Kolm und Maresi Riegner zu sehen. Für das Drehbuch verantwortlich zeichnete Drehbuchautorin und Schauspielerin Kathrin Resetarits, die die Geschichte frei nach dem Roman von Alissa Walser erzählt.

Eine Gnadenpension hat sie von der Kaiserin gekriegt. Weil sie so schön Klavier spielen kann, und weil sie blind ist. Wenn sie dann bei Kammermusikabenden spielt für Gesellschaften, dann wird sie hübsch gemacht, mit Schleifchen und Wangenrouge, sie soll ja etwas gleichschauen, trotz der entzündeten Augen. Angegafft wird sie, wie sie da mit blinden Augen ins Leere starrt und die innere Bewegung sich auf ihr Gesicht überträgt, wie nackt trotz der rüschenbesetzten Kleider und der turmhohen Perücke..

Maria Theresia Paradis

„Resi“ ist seit ihrer frühen Kindheit blind und eine hoch begabte Pianistin. Das macht sie in der besseren Wiener Gesellschaft der 1770er Jahre zu einer Sensation, und ihre Eltern nützen das weidlich aus, führen die junge Frau vor wie ein Zirkustier. Natürlich wird sie diversen Kuren unterzogen, seit Jahren schon: Mit Blei und mit Schwefel und mit elektrischen Stößen hat man sie traktiert, und nichts davon hat geholfen. Dafür ist die Haut unter ihrer schweren Hofperücke eitrig entzündet, und ständiges Kopfweh ist ihr Begleiter.

Sie ist blind, daran gibt es nichts zu rütteln, alle Ärzte sagen das. Bis sie dann einem Heiler vorgeführt wird, der etwas Neues versuchen will. Er heißt Franz Anton Mesmer (Devid Striesow) und ist Magnetiseur, und was genau er unternimmt, kann niemand erkennen. Mesmer besteht darauf, dass Resis Eltern ihre verzärtelte Tochter für einige Zeit auf seinem Anwesen lassen, bei seinen anderen Patienten, und in der Obhut der verschmitzten Kammerzofe Agi (Maresi Riegner). Hier schält Mesmer das Mädchen erst einmal aus ihrem Kokon aus kosmetischem Firlefanz, und hört ihr zu. Mit viel Geduld gelingt ihm, woran niemand recht glauben wollte: Resi beginnt, allmählich, zu sehen. Anfangs schmerzt das Licht und ist ihr zu grell. Als sie schemenhaft Gegenstände und Farben wahrzunehmen beginnt, muss sie die Bezeichnungen dafür neu lernen.

In der Wiener Akademie allerdings, unter den arrivierten Herren Doktoren, wird die Methode des Herrn Mesmer scheel angeschaut. Wieder wird Resi vorgeführt. Diesmal bemüht sie sich ganz besonders, alles richtig zu machen. Denn beim Aufenthalt auf dem Anwesen des Arztes hat sie womöglich zum ersten Mal in ihrem Leben echte Zuwendung erlebt – nicht zuletzt durch die zarte Kameradschaft, die sich zwischen ihr und Agi entwickelt hat. Doch je besser Resi sieht, desto weniger kann sie sich auf die Musik konzentrieren. Sie beginnt, sich ernsthaft zu fragen: Wenn sie nicht mehr blind ist und wenn sie nicht mehr Klavier spielen kann – wer ist sie denn dann überhaupt?

LICHT handelt von zwei Ausnahmemenschen, verbunden durch ihre besondere Begabung. Beide stehen auf ihre Weise unter hohem gesellschaftlichen Druck. Doch diese Begegnung ist nur der Anlass für Überlegungen über Sehen und Gesehenwerden, über Erkennen und Wahrnehmen, über Licht, das für Aufklärung stehen kann, aber auch für Blendung.

Der Film stellt Fragen nach der Hierarchie von Sinnen, was ein Defizit und was schön ist, Danach, wie wir im romantischen Sinne „Genie“ definieren. Ob erst das Leiden Virtuosität ermöglicht? Das Geheimnis um die Heilung bleibt den beiden Protagonisten vorbehalten: Was wirklich passiert, ist mit der Pianistin Maria Theresia Paradis, einer Zeitgenossin Mozarts, die als Kind erblindet war, vom Arzt und Magnetiseur Franz Anton Mesmer auf unerklärliche Weise geheilt und später wieder blind wurde, weiß niemand. Was jedoch bekannt ist, Maria Theresia Paradis komponierte im Erwachsenenalter zahlreiche Bühnenwerke, Lieder und Instrumentalwerke. Sie war als Musikpädagogin tätig war und führte in Wien einen Musiksalon. Doch das hat nicht unmittelbar mit der Filmhandlung zu tun, sondern ist nur ergänzend zu verstehen.

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