LOVELESS Regie: Andrey Zvyagintsev (Russland) Kinostart: 15. März 2018


Zhenya und Boris, ein Paar aus der gehobenen russischen Mittelschicht, stehen vor den Trümmern ihrer Ehe. Längst ist die frühere Zuneigung bitteren Anschuldigungen gewichen, die gemeinsame Wohnung steht zum Verkauf, beide sind bereits in neuen Beziehungen. Im Zentrum des Debakels und gleichzeitig völlig abseits steht ihr 12jähriger Sohn Alyosha, dessen Schmerz und Einsamkeit niemand wahrnimmt. Keiner der Eltern will ihn in ein neues Leben mitnehmen, ein Internat steht zur Debatte. Als die Vorwürfe zwischen Zhenya und Boris erneut eskalieren, verschwindet Alyosha plötzlich, was die Polizei tatenlos hinnimmt. Im Rahmen einer groß angelegten Suchaktion von Freiwilligen müssen sich die Ex-Partner wider Willen zusammentun, um das letzte, was sie noch verbindet, aufzuspüren…

Als Geschichte erkalteter Beziehungen und Kommentar auf die moderne russische Gesellschaft inszenierte Regisseur Andrey Zvyagintsev mit LOVELESS den Nachfolger seines mehrfach ausgezeichneten Dramas „Leviathan“ (2014), für das er 2015 unter anderem einen Golden Globe erhielt und für den Oscar nominiert war. Auf dem Cannes Filmfestival 2017 wurde LOVELESS mit dem Preis der Jury ausgezeichnet, er hat eine Golden Globe Nominierung erhalten.

Das stimmt, der Film erzählt die Geschichte des Jungen, der ab einem bestimmten Zeitpunkt während der Filmhandlung verschwindet und auch nicht wieder auftaucht. Dabei bleibt völlig unklar, was mit Alyosha geschehen ist. Darüber wird der Zuschauer auch bis zum Schluss nicht aufgeklärt. Schon ein wenig rätselhaft, weshalb der Film diese Frage nicht beantworten will. Überdies wird die Suche der Eltern immer mehr zu einem Fall der Polizei, die mit fast militärischer Durchsetzungskraft den Jungen aufspüren wollen und dafür allerlei Rechte für sich in Anspruch nehmen. Die Situation gerät immer mehr zum Ausnahmezustand, doch gerade dafür ist Russland bekannt. Die Zivilgesellschaft hat das Nachsehen. Im Film wird nicht einmal die Frage geklärt, inwieweit der Junge einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist oder nicht. Das wäre doch das Mindeste, worauf die Handlung eine Antwort geben sollte. Dieser Film ist ganz anders als LEVIATHAN (2014) der etwas von der weite Russlands erzählt und epische Dimensionen enthält. Hier gerät die militärische Stringenz in den Vordergrund, die als Instrumentarium der Staatsgewalt zum Einsatz kommt. Am Schluss des Films läuft in einer Szene ein Fernsehgerät beiläufig mit, in der gerade Nachrichten gesendet werden. Der Ton ist laut hörbar. Just in diesem Augenblick erzählt der Bericht über die kriegerischen Auseinandersetzungen Russlands mit der Ukraine, was rein zufällig aus prorussischer Sicht geschieht, da der Film ja in Russland gedreht wurde. Insgesamt eine parteiische Sache mit vielen ungeklärten Fragen, die offen bleiben.

Eine Filmrezension von Kulturexpress

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