Mehrklassengesellschaft? Zur Ungleichheit der Sparten

Wann:
25. April 2017 um 19:00 – 21:00
2017-04-25T19:00:00+02:00
2017-04-25T21:00:00+02:00
Wo:
HfMDK, Raum B 203, Frankfurt am Main
Eschersheimer Landstraße 29-39
60322 Frankfurt am Main


Moderation: Sören Fenner (Schauspieler, Theapolis-Gründer und Mitinitiator von art but fair)
Mit Helena Andrada (Geschäftsführerin Philharmonisches Orchester Heidelberg), Marc Grandmontagne
(Geschäftsführer Deutscher Bühnenverein) und Frank Depenheuer (Geschäftsführer Staatstheater Kassel).

Dienstag 25. April 2017 19 Uhr Raum B 203
in der HfMDK, Eschersheimer Landstraße 29-39, 60322 Frankfurt am Main
Eintritt: frei. Änderungen vorbehalten. www.hfmdk-frankfurt.info/

An drei Abenden im Sommersemester 2017 lädt der Masterstudiengang Theater- und Orchestermanagement (TheO) der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main (HfMDK) Gäste aus der Darstellenden Kunst und der Musik ein, um gemeinsam über aktuelle Fragestellungen, Herausforderungen und zukünftige Potentiale der deutschen Theater- und Orchesterlandschaft zu diskutieren.
In Impulsvorträgen von maximal fünf Minuten geben die Gäste ein kurzes Statement zum Thema des Abends und sprechen dann gemeinsam mit einer Moderatorin oder einem Moderator, den TheO-Studierenden und dem Publikum über Strategien für ein zukunftsfähiges Theater und Orchester – mit flacheren Hierarchien und mehr Mitbestimmung, fairer Bezahlung, Geschlechtergerechtigkeit, einer realitätsbezogenen Ausbildung und anderem. Die interdisziplinär angelegte Reihe richtet sich an alle Studierenden der HfMDK, aber auch an Mitglieder anderer Hochschulen der HTA sowie an alle Interessierten.

In der Auftaktveranstaltung am 25. April steht die Ungleichheit der Sparten im Mittelpunkt: Die tarifliche
Vergütung für eine/n Tutti-MusikerIn zu Beginn der Karriere liegt in einem öffentlichen B-Orchester bei 2.377,58
Euro brutto im Monat, zusätzlich gibt es ein 13. Monatsgehalt. Die MusikerInnen in Kulturorchestern arbeiten in einem unbefristeten Angestelltenverhältnis, mit stufenweiser Gagenerhöhung, regulierten Dienstzeiten, Instrumenten- und sog. Frackgeld sowie vom Arbeitgeber finanzierten Instrumentenreparaturen. SchauspielerInnen steigen hingegen oft mit der Mindestgage von 1.850 Euro brutto im Monat ein, auch mit zunehmender Berufserfahrung steigen die Gagen viel langsamer an als bei ihren Musikerkollegen. Unbefristete Arbeitsverträge sind erst nach 15 Spielzeiten am selben Haus möglich, Engagements an ständig wechselnden Theatern oder Jahre ohne Beschäftigung sind die Regel. Die Situation der TänzerInnen gestaltet sich ähnlich, verschärft durch einen sehr begrenzten Zeitraum, indem physische Höchstleistungen erbracht werden können.

In der Auftaktveranstaltung wird nach den Ursachen dieser ungleichen Rahmenbedingungen innerhalb eines
Mehrspartenhauses gefragt:

• Warum unterscheidet sich die Arbeitssituation für OrchestermusikerInnen, SängerInnen, SchauspielerInnen und TänzerInnen innerhalb eines Mehrspartenhauses so stark?
• Wie werden die Unterschiede bei Bezahlung, Arbeitszeiten und Verträgen von Arbeitsgeberseite legitimiert?
• Wäre ein Stadttheater handlungsunfähig, wenn der NV-Solo dem TVK angepasst würde – und was sagt uns das eigentlich über das Problem?
• Oder wären Musiker bereit ihre Gagen im Zuge eines Einheitstarifvertrages anzupassen?
• Welche Strategien verfolgen die Arbeitnehmerverbände?
• Was können die Sparten voneinander lernen?

Die nächsten Veranstaltungen der Gesprächsreihe:

Demokratische Institution?
Über Mitbestimmung im Theater und Orchester
Moderation: Florian Richard und Hanna Knell (MA Theater-und Orchestermanagement)
Mit Lisa Jopt (Mitbegründerin ensemble-netzwerk e.V., Schauspielerin am Oldenburgischen Staatstheater), Jonas Zipf (Geschäftsführer JenaKultur) und Roland Diry

Dienstag 23. Mai 2017 19 Uhr Raum B 203
in der HfMDK, Eschersheimer Landstraße 29-39, 60322 Frankfurt am Main
Eintritt: frei. Änderungen vorbehalten. www.hfmdk-frankfurt.info/

Seit sich im Frühjahr 2016 über 250 TheatermacherInnen zur ersten bundesweiten Ensemble-Versammlung getroffen haben, wird in der deutschen Theaterlandschaft, aber auch in überregionalen Feuilletons und sogar Hochglanzmagazinen über faire Arbeitsbedingungen und mehr Mitbestimmung für SchauspielerInnen diskutiert und geschrieben.

• Wie und in welcher Form sind demokratische Organisationsstrukturen im Theater und Orchester möglich und sinnvoll?
• Wie lässt sich auch künstlerische Mitbestimmung denken?
• Welche anderen strukturellen und organisatorischen Voraussetzungen müssen hierfür geschaffen werden?
• Wie könnte der Arbeitsvertrag NV Bühne neu formuliert werden?
• Was unterscheidet die heutigen Forderungen von den Forderungen in den 60er/70er Jahren bezogen auf das „Frankfurter Modell“ und die Umsetzung der Schaubühne? (Frankfurt scheiterte schließlich unter anderem an ermüdenden und langatmigen Diskussionen)
• Wie hält man Individualisten zusammen, um an Kollektivinteressen zu arbeiten?
• Im Orchesterbereich, wie beispielsweise bei den Berliner Philharmonikern, ist es normal, dass auch die MusikerInnen bei diversen Fragen ein Mitsprache-, wenn nicht sogar ein Mitbestimmungsrecht haben. Was ist davon auf die Theater übertragbar?
• Demokratie fordert viel Aufwand. Viele Abstimmungsprozesse, viel Kommunikation, viel Austausch.
Jede/r TheatermitarbeiterIn würde sagen, dass hierfür keine Zeit im Arbeitsalltag ist. Ist dem so und wenn ja, was muss sich ändern?

IN or OUT?
Ausbildungs- vs. Stellenmarkt
Moderation: Ingo Diehl (MA CoDE)
Mit Robert Höldrich (designierter Präsident HfMDK), Juliane Rößler (Künstlervermittlung ZAV Hamburg)
und Jakob Arnold (Regie-Student Folkwang Universität der Künste, Sprecher junges ensemble-netzwerk)

Dienstag 20. Juni 2017 19 Uhr Raum B 203
in der HfMDK, Eschersheimer Landstraße 29-39, 60322 Frankfurt am Main
Eintritt: frei. Änderungen vorbehalten. www.hfmdk-frankfurt.info/

Im Wintersemester 2014/15 waren an deutschen Hochschulen rund 27.000 Studierende im Bereich Musik und Musikwissenschaft eingeschrieben, etwa 1.250 mehr als 20 Jahre zuvor. Auf 170 offene Planstellen für OrchestermusikerInnen treffen jährlich rund 1.400 Absolventen. 85 % der studierten MusikerInnen müssen demnach alternative Erwerbsmodelle finden. Auch in den Fächern Schauspiel, Tanz und Regie ist die Zahl der Studierenden gestiegen, während gleichzeitig Ensemblestellen gekürzt und Sparten geschlossen werden. Der Einstieg in den Arbeitsmarkt ist hindernissreich.

Zum Abschluss der Reihe betrachten wir den Anfang der künstlerischen Laufbahn und nehmen die auszubildenden Institutionen und Studieninhalte unter die Lupe.

• Warum bleibt die Anzahl an Studienplätzen in den einzelnen Ausbildungsbereichen festgeschrieben und reagiert nicht auf Marktentwicklungen?
• Warum gelangt von den überwiegend weiblichen Studierenden nur ein kleiner Teil in
Leitungspositionen?
• Ist jemand mit sozial benachteiligtem Hintergrund in der Musik überhaupt konkurrenzfähig und kann eine Profikarriere machen (wenn er zum Beispiel nicht die Mittel für hochpreisige Instrumente hat)?
• Wie sollen Absolventen der Musik und Darstellenden Kunst in Institutionen mitbestimmen, wenn sie darauf im Studium nicht vorbereitet werden?
• Warum werden kollektive Arbeits- und Denkweisen nicht schon im Studium vermittelt, warum wird
stattdessen vor allem nach individueller Exzellenz gestrebt?

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