SCHLOSS AUS GLAS Regie: Destin Daniel Cretton (USA) Kinostart: 21. September 2017


Kurioser Film, der eine authentische Geschichte erzählt sozusagen biografische Daten enthält ähnlich wie ab Oktober im kanadischen Film “Maudie”, wo ähnlich existentielle Nöte, überwiegend in der nordamerikanischen Provinz spielend, das Leben der Beteiligten bestimmen. Doch “Schloss aus Glas” hat mehr Family Life. Eine Keimzelle der Glücks, wenn nicht immer wieder unvorhergesehene Schwierigkeiten dazwischenkämen. Heiße Dialoge werden ausgetragen. Es gibt Streit und immer wieder Versöhnung zwischen Vater und Mutter. Die Kinder wachsen auf, aus einem Ort werden viele Orte, immer die Straße entlang von Haus zu Haus, immer gerade da Bleibe finden, wo was frei geworden ist. Ein Nomadenleben, doch Familie Walls hat es in sich. Voller Stolz  tragen sie die Bürde des erfüllten Familienlebens: Vater, Mutter, Kind und ein zu Hause. Die Nöte zwingen immer wieder Einhalt zu gebieten. König Alkohol spielt seine Schnippchen beim Vater. Der ist ein Mann, der seine Versprechen nicht halten kann und die Familie von einem Tag zum anderen hangelt. Geschunden und gestoßen wie ein Stück Vieh geraten sie von einem Unglück ins andere. Bis endlich die Behausung ihres Lebens gefunden ist und Obdach bietet.

Der Film zeigt das, was harte Kante ist in Bezug auf die Rollenverteilung. Vater Walls ist groß und kräftig, ein männliches Vorbild, der die Familie schützen kann, wenn Not am Mann ist. Zugleich erweist er sich als Ingenieur, der sein Leben lang vom selbst entworfenen Neubau träumt. Das “Schloss aus Glas” ist für die gesamte Familie gedacht. Daran schmiedet er Abend für Abend, zeichnet Skizzen, arbeitet Pläne aus und stellt seine Überlegungen an. Letztlich bleiben es vergebliche Bemühungen, die ohne nennenswerte Bedeutung sind. Aber die Illusion lebt. Die Kinder wachsen heran, bis sie flügge werden und bald reisausnehmen, um sich eine eigene Existenz aufzubauen. Nachträglich blicken sie herablassend auf das Geschehen und das Elternpaar zurück, was für ein armseliges Leben das ist. In New York obdachlos zu sein, ist wirklich kein Honig schlecken, sondern zeigt die Ohnmacht der Mutter eine bürgerliche Existenz aufzubauen und deren Attribute anzunehmen, wie das Tochter Jeannette Walls als erfolgreiche Journalistin im späteren Leben gelingt.

Eine Filmrezension von Kulturexpress

Die Familiengeschichte der etablierten US-Kolumnistin Jeannette Walls ist außergewöhnlich. Nicht zuletzt erreichte ihr autobiografischer Roman “Schloss aus Glas” Millionen Leser. ln ihrem Buch enthüllte Walls das streng gehütete Geheimnis ihrer wilden Kindheit in Armut am Rande der Gesellschaft, zwischen Resignation und Rebellion. Das Erstaunlichste an ihrer besonderen Geschichte ist die tiefe Liebe zu ihrer Familie, auch zu ihren eigenwilligen, unberechenbaren Eltern. So konnte sie aus ihrer außergewöhnlichen Jugend ein großes Abenteuer machen – und die mitreißende Geschichte einer Versöhnung, auch mit dem eigenen Schicksal. Zwischen Hunger, Krisen und magischen Nächten bei Kerzenschein entdeckte Walls alles Licht und alle Dunkelheit der Welt.

Ihre Eltern Rex und Rose Mary Walls waren Freigeister, die jegliche Institution verachteten – von der Schule bis zum Arbeitgeber. Das Leben, das sie führten, war selbst gewählt. Sie wollten kein anderes – auch wenn ihre Kinder oft sehr unter ihrer Pflichtvergessenheit zu leiden hatten. In ihren ersten Lebensjahren war Jeannette Walls nie lange an einem Ort. Die Familie zog von den Wüstenstädten im Südwesten der USA bis ins Bergland von Virginia und die Appalachen.

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