Schnittstellen – Wortorte in Kunsträumen

Wann:
21. Juni 2024 um 19:30 – 21:30
2024-06-21T19:30:00+02:00
2024-06-21T21:30:00+02:00
Wo:
Siebdruckatelier Lichtblau, Atelier Frankfurt 4.OG Schwedlerstr. 1-5 60314 Frankfurt


Tamara Labas wurde in Zagreb geboren, studierte Germanistik und Kunstgeschichte in  Frankfurt. Sie ist Lyrikerin, Autorin von Kurzprosa, Dramenautorin, Theaterregisseurin im  Bereich Amateurtheater und Leiterin von Schreib- und Kreativstätten. Als Autorin der  Bibliothek der Generationen im Historischen Museum Frankfurt setzt sie sich mit den  Auswirkungen der Migration auf Kindheit und Familie auseinander. Zuletzt erschien ihr  Lyrikband „helioszweige“, Verlag der 9 Reiche, Lyrik-Edition NEUN, Berlin 2024.  Sie ist Mitglied des PEN Berlin und der Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik (GZL).

www.tamara-labas.de

Tamara Labas liest aus ihrem neuen Lyrikband „helioszweige“.

1. Über die Gedichte

Die Gedichte entstanden während meines Aufenthaltsstipendiums im Schriftstellerhaus Pazin. Das  Schriftstellerhaus ist im oberen Stockwerk eines alten, sanierten Steinhauses untergebracht. Vom  kleinen Balkon aus wirkt es, als stünde man direkt am Rande des düster malerischen Abgrundes, der  „Paziner Schlucht“. Daneben steht das über Jahrhunderte umkämpfte Kastell der Stadt. Viele  Geschichten ranken sich vor allem um die tiefe Höhle in der Schlucht unterhalb des Kastells von  Pazin, denn dort fließt ein unterirdischer Fluss mit dem Namen Pazinčica, der in die Adria mündet.  Jules Verne wählte dieses Ambiente für seinen Roman „Mathias Sandorf“. Und Dante sollte hier den  Eingang zur Hölle gesehen haben.

Für mich war Pazin eine Konfrontation mit dem Gefühl „Heimat“ und „Nicht-Heimat“ und rief die  mehrfache Ent- und Verwurzelung ins Bewusstsein, setzte mich dem Vertrauten und dem  Entfremdeten aus. Meine Sinneseindrücke sah ich nicht nur als subjektive Kulisse für meine Gedichte,  sondern als Pars pro Toto des (aktuellen) globalen Geschehens in Verbindung von Imagination und  Realität, einem Verquicken der inneren und äußeren Wahrnehmung, der vergangenen und  gegenwärtigen Geschichte, stehend am Abgrund eines Paradieses.

Tradition und Moderne ringen miteinander, die globale Aufruhr fordert einen Aufbruch ins Neue und  Ungewisse. Unaufhaltsame Veränderungsprozesse im Individuum und im Leben. Grenzen  verschwimmen und rufen nach neuen Grenzen. Ein Straucheln, ein Sich-Verlieren und der Versuch,  sich (neu) wieder zu finden.

Die Welt ist zum Ort eines Alptraums geworden. Oder interpretieren wir den Alptraum hinein? Oder ist  es nicht vielmehr so, dass die Welt schon immer ein Ort der Lebensgefahr, Veränderung und  Erneuerung war? Ist das Enden nicht ein Naturprinzip? Zivilisationen sterben, Arten sterben. Sterben  als Prinzip des Lebens auf der Erde. Erloschenes lässt Raum für Neues. Und das Gestorbene?  Transformiert es sich in einen neuen, anderen Aggregatszustand?

Die Sonnenfinsternis taucht die Welt in ein anderes Licht, verändert alles und weht einen leichten,  mystischen Windzug über die Welt – Helios verschwindet und aus unseren Köpfen wachsen junge  Haselnusszweige…

Weder Natur noch Kultur geben Halt. Die Erde ist ein Ort diffuser Bedrohung und hält den Wunsch Traum nach Verwurzelung in die gutmütige Mutter-Erde in uns wach.  Die vorliegenden Gedichte sind von dieser mysteriös-düsteren Atmosphäre durchtränkt. Täglich  entstanden die Gedichte wie ein Tagebucheintrag, der die äußere und innere Landschaft skizziert.  Kommen und Gehen, der zeitliche Bruch, das ländliche Idyll, die Großstadt, die Pandemie, die Kriege,  die Zeitenwende, der Klimawandel, Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit bilden einen Webteppich,  aus dem Gefühle des Schwarzen, des Grauen und des Blutroten aufsteigen, wie der Nebel aus der  Paziner Schlucht im Herbst. Und sobald sich zaghafte Zuversicht einstellt, werden Fragen  aufgeworfen. Letztendlich steht die Grundfrage im Raum – trotz aller psychologischer Erkenntnisse  über die menschliche Natur – warum basiert das Grundprinzip des Lebens auf Zerstörung und  Erneuerung, Leben und Tod?

Stimmen zur Lyrik Tamara Labas:

„Es ist genau diese Qualität der Widersprüchlichkeit, die mich an Tamara Labas‘ Texten fasziniert
haben; eine Widersprüchlichkeit, die mich in seltsamer Weise an Erich Fried erinnerte, jedoch nicht an
dessen Liebesgedichte, sondern die – inzwischen nahezu vergessene – politische Lyrik […]” Peter
Moser, Art’s Not Art 2019

“Dabei denke ich unwillkürlich an Ulla Hahn, die in einem ihrer Texte wunderbar zweideutig mahnt
„Große Worte einfach fallen lassen“. Tamara Labas schreibt so, als kenne sie diesen Ausspruch.” Ilse
Hehn, Vizepräsidentin des Internationalen P.E.N. Clubs Exil in ihrer Eröffnungsrede zur Lesung 2019

„Zu loben ist die Verbindung zwischen phantasiegeladenen Wortspielen zwischen Titeln und Poemen,
das Wechselspiel zwischen Naturmetaphern und erotischen Assoziationen, der Wechsel zwischen
knapp gehaltenen Verszeilen und fließenden Übergängen.“ Wolfgang Schlott, KUNO 2021

„Die Direktheit und Variation des Wortes fesselt von Beginn an und lässt gleichsam unmittelbar
erleben wie nachdenkend innehalten.“ Walter Pobaschnig, Literatur outdoors 2021

„Schnittstellen“ ist eine neue Lesereihe, die aktuelle Literaturprojekte in Frankfurter Kunsträumen präsentiert. Wir erkunden Ateliers, Werkstätten, Off-Spaces und einen Kunstverein. Wir erforschen die Verbindungen von Sprache, Körper und Kulturen, sowie von Ort und Wort. Wir suchen nach den Schnittstellen zwischen Humor und Herkunft, zwischen Wortspiel und Street-Talk, zwischen Prekariat und Pathos. Besonderes Augenmerk liegt auf Lyrik, Spoken Word und genreübergreifenden Projekten. Spoken Word trifft auf Tanz. Prosa trifft Kabarett. Poesie trifft Tango, Klang trifft Freiraum und alles trifft Künstler:innen und Kunst.

Mit: Dalibor Marković, Kristina Veit, Julia Mantel, DJ Tula Trash, Martin Piekar, Tilman Birr, Cecily Ogunjobi, Jannis Plastargias, Sigrid Katharina Eismann, Tamara Labas, Aileen Schneider, Wehwalt Koslovsky, Bernhard Bauser, Ol Brentt, Julia Grinberg, Peter Hauff, Daniela Daub, Beatrice Hutter, Axel Wienker, Safiye Can.

Veranstalter ist der Verein Kulturnetz Frankfurt e.V., der seit 2006 Kultur- und Sozialprojekte in Frankfurt organisiert. Kuratoren und Moderatoren sind Dirk Hülstrunk und Michael Bloeck, die beide schon lange als Autoren, Klangkünstler und bildende Künstler zwischen den Genres unterwegs sind. Bereits 2008/2009 haben sie gemeinsam die erste Frankfurter Lesebühne veranstaltet.

Aktuelle Infos:
https://kulturnetz-frankfurt.de/projekte-des-knf/lesereihe-frankfurt-2024/
https://www.facebook.com/kulturnetzfrankfurt/

https://www.instagram.com/kulturnetz_frankfurt/

Die Veranstaltungsreihe wird gefördert vom Kulturamt Frankfurt.

Eintritt zu allen Veranstaltungen gegen Spende

Nach zwei Veranstaltungen im Lola Montez geht es jetzt im Mai weiter im Off Space und Atelier Be Poet. Cecily Ogunjobi (*1998) ist u.a. Geowissenschaftlerin und Schriftstellerin in Frankfurt am Main. Sie und der Autor, Blogger und Kulturaktivist  Jannis Plastargias lesen Stories und Prosaminiaturen über Identität, Stadt und Umwelt. Alles zwischen Bildern von Michael Bloeck, im Denkmal geschützten Bauhaus-Ambiente der Hellerhof Siedlung und dem internationalen Flair des Frankfurter Gallus.

Gesamtprogramm Schnittstellen: Wortorte in Kunsträumen
Uhrzeiten sind Startzeiten. Einlass 30 Minuten früher. Eintritt frei/ Spende

Fr 24.5.2024, 19:30
Schnittstellen: Stories, World, City, Life and Art
Die Geowissenschaftlerin und Autorin Cecily Ogunjobi und der Autor, Blogger und Kulturaktivist Jannis Plastargias lesen Stories und Prosaminiaturen über Identität, Stadt und Umwelt.
Be Poet Offspace, Langenhainer Str. 26, 60326 Frankfurt

Fr 21.6.2024, 19:30
Schnittstellen: Poesie trifft Augenmädchen
Die Lyrikerinnen Sigrid Katharina Eismann und Tamara Labas treffen sich mit den „Augenmädchen“ zu poetischen Grenzgängen zwischen Sprachen, Bildern und Kulturen.
Siebdruck Atelier Lichtblau, Atelier Frankfurt, 4. OG, Schwedlerstraße 1-5, 60314 Frankfurt

Sa 13.7.2024, 19:00
Schnittstellen: Poesie trifft Klang. Sommerfest
19:00 Führung durch die Werkshallen und Ateliers mit Manfred Reitzlein.
19:30 Lesung mit Aileen Schneider feat. Wehwalt Koslovsky (Spoken Word / Rap),
Bernhard Bauser (Spoken Word Beats), Be Poet (Interdisziplinäre Poesie & Sounds),
Dirk Hülstrunk (Loop- & Soundpoetry). Live-Musik: Ol Brentt (Electro-Acoustic, Ambient, Dub).
Fritz Deutschland e.V., Halle 404, Gwinnerstraße 46, 60388 Frankfurt

Ausblick Herbstprogramm:

Do 5.9.2024, 19:30
Schnittstellen: Live Poesie Podcast
Julia Grinberg (Lyrik) & Peter Hauff (OULIPO-Werkstatt für experimentelle Poesie)
Im Ex-Frisiersalon und Pop-up Artspace „Salon Schlitz“, Am Alten See 6, 60489 Frankfurt

Fr 11.10.2024, 19:30
Schnittstellen: Off Scene
Symposium und Vernetzungstreff für Autor:innen und Literaturaktivist:innen
Be Poet Offspace, Langenhainer Str. 26, 60326 Frankfurt

Do 14.11.2024, 19:30
Schnittstellen Finale: Tango trifft Poesie
Das Poesie-Musik-Theater-Projekt „Poetry tanzt Tango“ (Daniela Daub, Beatrice Hutter, Axel Wienker) trifft Safiye Can (Lyrik)
Kunstverein Familie Montez, Honsellbrücke 7, 60314 Frankfurt

Freitag den 24.5.2024 ab 19.30 Stories, World, City, Life and Art.

www.bepoet.de