AUGUSTE RODIN Regie & Drehbuch: Jacques Doillon (Frankreich) Kinostart: 31. August 2017


Künstlerfilme können begeistern, französische Künstlerfilme tun dies um so mehr. Meist sind das fiktive Verfilmungen, jedenfalls mehr als dass sie der Wahrheit entsprächen. Dennoch üben gerade solche Filme ihren Reiz aus. Der über Auguste Rodin trägt mit seiner übverwäligenden Kraft dazu bei, letzte und festgefahrene Ansichten zu lösen und neu zu bilden. Manchmal tönt aus der Synchronstimme Rodins im Film etwas wie ein untergründiges Grollen. Bisher galt, das Bild von Rodin als Bildhauer der seine eigenen Ansichten vertrat und bei dem Rainer Maria Rilke als Sekretär gearbeitet hat, dem eine Neigung zur Homosexualität nachgesagt wurde. Mit diesen Ansichten räumt der neue Film völlig auf. Die Bekanntschaft zu Rilke wird zwar erwähnt, steht aber nicht im Mittelpunkt der Handlung. Viel stärker kommen die Frauen bei Rodin zur Geltung, was kein Wunder ist, wer das Oeuvre des Künstlers kennt. Seine Schülerinnen, die eigene künstlerische Individualitäten haben und weiterentwickeln. Es ist der tägliche Arbeitsschweiß im Atelier, der die kreativen Kräfte erst freisetzt und zur ureigensten Formensprache bei Rodin führt. Insofern ist der Film auch ein Atelierfilm. Dazu zählt das Aquarellieren, das durch Rodin zur eigenen Kunstgattung gedeiht und seither in der Kunstwelt Werkcharakter auch bei den anderen Künstlern erhält. Wer die flüssige Malweise in den Aquarellen Rodins kennt, dem leuchtet das sofort ein. Besonders grotesk ist die Entstehungsgeschichte zur Skulptur von Honoré de Balzac, für dessen dicken Bauch eigens eine schwangere Frau Modell stand. Dem Rodin nach Kritiken wie aus der Kunstgeschichte bekannt, um das hässliche Abbild zu verhüllen, einen Mantel überwarf. 

Eine Filmrezension von Kulturexpress

 

Zur Filmwebsite: Auguste Rodin           Spieldauer: 119 Minuten

Paris, 1880. Der ebenso skandalträchtige wie erfolgreiche Bildhauer Auguste Rodin (Vincent Lindon) wähnt sich am Ziel seiner Träume. Mit 40 Jahren erhält er seinen ersten Staatsauftrag: „Das Höllentor“ – inspiriert von Dantes „Göttlicher Komödie“ – soll als Bronzeportal den Eingang des neuen Kunstgewerbemuseums im Pariser Louvre schmücken. Sechs Meter hoch und vier Meter breit, setzt sich das gigantische Hochrelief aus später so berühmten Einzelskulpturen wie „Der Denker“ und „Der Kuss“ zusammen – eine alles verschlingende Arbeit, die zu Rodins Lebenswerk wird.

Zum Trailer:  Auguste Rodin

Eine Phase manischen Schaffens beginnt, die durch Rodins Begegnung mit der hochtalentierten, 24 Jahre jüngeren Camille Claudel (Izïa Higelin) noch intensiver wird. Mehr als ein Jahrzehnt lang ist seine Schülerin auch seine Geliebte, eine Beziehung zwischen zwei Genies, die ebenso leidenschaftlich wie turbulent verläuft. Denn Camille ist eine emanzipierte Frau, Rodin handwerklich absolut ebenbürtig und – genau wie Rodin – ihrer Zeit weit voraus. Anerkennung für diese Qualitäten verwehrt das Genie ihr aber zeit seines Lebens. Dass sie ihn nicht nur mit seiner Lebensgefährtin, der Bauerntochter Rose Beuret (Séverine Caneele), teilen muss, sondern auch mit zahlreichen anderen Affären, führt schließlich zum Bruch. Inspiriert von der Modernität seiner Geliebten stürzt sich Rodin mit noch größerer Besessenheit in seine Arbeit, erlebt Triumphe und Niederlagen – und gilt mit 60 Jahren schließlich als wohl größter Bildhauer aller Zeiten, vergleichbar nur mit Michelangelo.

Mit Frankreichs gefeiertem Charakter-Star Vincent Lindon fand Regisseur Doillon einen Hauptdarsteller, der dem revolutionären Künstler eindrucksvoll Leben einhaucht, ohne jemals um Sympathie zu buhlen. Lindon nahm ein Jahr lang Unterricht bei einem Bildhauer, um sich Rodins Arbeitsweise überzeugend anzueignen. Seine Muse Camille Claudel, mit der ihn eine stürmische, letztlich tragische Liebesbeziehung verband, wird von der Schauspielerin und Rocksängerin Izïa Higelin verkörpert, seine Lebensgefährtin Rose, die Rodin erst in seinem Todesjahr heiratete, von Séverine Caneele.

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