Bei der 91. Oscar-Verleihung in Los Angeles konnte Peter Farrellys berührendes Feelgood-Movie gleich dreimal die begehrteste Trophäe der Filmwelt mit nach Hause nehmen! So überzeugte der Film die Jury-Mitglieder nicht nur in der wichtigsten Kategorie „Bester Film“. Auch Mahershala Ali wurde für seine außergewöhnlich Darstellung des Pianisten Don Shirley mit dem Oscar als „Bester Nebendarsteller“ geehrt. Nach ‚Moonlight‘ im Jahr 2017 ist dies für ihn bereits der zweite Academy Award. In der Kategorie „Bestes Originaldrehbuch“ konnte sich das Autorentrio Peter Farrelly, Nick Vallelonga und Brian Currie durchsetzen.
GREEN BOOK – Eine besondere Freundschaft wurde schon im Vorfeld vielfach ausgezeichnet, neben zahlreichen anderen Preisen gewann der Film im Januar drei Golden Globes. Auch die deutschen KinoDrehortgänger sind begeistert: Seit seinem Start am 31. Januar 2019 zog das besondere Drama bereits mehr als 560.000 Zuschauer in die deutschen Kinos.
Filmwebsite: Greenbook Spieldauer: 130 Min. Verleih: Entertainment One Germany GmbH
Der begnadete Pianist Dr. Don Shirley (Mahershala Ali) geht 1962 auf eine Konzert-Tournee von New York bis in die Südstaaten. Sein Fahrer ist der Italo-Amerikaner Tony Lip (Viggo Mortensen), ein einfacher Mann aus der Arbeiterklasse, der seinen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsjobs und als Türsteher verdient. Der Gegensatz zwischen den beiden könnte nicht größer sein. Dennoch entwickelt sich eine enge Freundschaft. Gemeinsam erleben sie eine Zeit, die von wahrer Menschlichkeit, aber auch Gewalt und Rassentrennung geprägt ist. So müssen sie ihre Reise nach dem „Negro Motorist Green Book“ planen, einem Reiseführer für afroamerikanische Autofahrer, der die wenigen Unterkünfte und Restaurants auflistet, die auch schwarze Gäste bedienen.
Dem musikalischen Talent von Dr. Donald Walbridge Shirley, dem virtuosen Pianisten, Komponisten, Arrangeur und Musiker wird im Film gebührender Platz eingeräumt. Dr. Shirley lebte ein eher zurückgezogenes Leben. Informationen über ihn finden sich lediglich in den Klappentexten seiner Alben, die er selbst verfasste, oder in Geschichten, die er anderen über sich erzählte, unter anderem den Vallelongas. Details über seinen Werdegang sind teils widersprüchlich. Angeblich begann er bereits im Alter von neun Jahren ein Klavier-Studium am Konservatorium in Leningrad und gab mit 18 sein Konzertdebüt mit dem Boston Pops Sinfonieorchester. Er eignete sich mehrere Fremdsprachen an und erwarb eine Reihe von Doktortiteln. Zur Zeit der Veröffentlichung seines ersten Albums bei Cadence Records, „Tonal Expressions“, im Jahr 1955, wurde Shirley vom Esquire Magazine als „vielleicht begabtester Pianist im Geschäft“ und als „so gut, dass alle Vergleiche absurd erscheinen“ beschrieben. Der legendäre Pianist und Komponist Igor Stravinsky, ein Zeitgenosse von Dr. Shirley, sagte über ihn: „Seine Virtuosität ist gottgleich.“
GREENBOOK zeigt welchen Einfluss die Klassische Musik aus Europa auf die USA der 1950er und 1960er Jahre ausübt. Welche Interpreten auf diesem Gebiet das Sagen behielten und welche Bedürfnisse diese beim Publikum erfüllen sollten. Die gehobene Gesellschaft forderte ihr Tribut und sorgte sich um kulturellen Ausgleich. Was lag da nicht näher als die Alte Schule aus Europa aufleben zu lassen. Das aufgeräumte Konzert steht hier als Inbegriff für eine Kultur, die sich sonst in weiter Ferne und den Metropolen auf den großen Bühnen der Welt abspielt. Um diese Welt an sich heranzurücken, wurden eigens Musiker eingeladen, die von weither kamen, um die kleine Gesellschaft in der Provinz zu beglücken.
Reminiszensen wurden billigend in Kauf genommen, obwohl gerade damit Konflikte heraufbeschworen wurden, indem das Rassenproblem der USA die Gesellschaft teilt. Dabei bräuchten solche Probleme gar nicht existieren, denn Musik ist ja universell!
Meine Kritik an diesem Film setzt an, da meiner Meinung nach das Verständnis von Klassischer Musik hier nicht ehrlich genug ist. Was nur durch dauerhafte Übung erworben werden kann, wird im Film verkürzt dargestellt. Das heißt, der Kurzweil halber gelangen Kinofilme immer bis zu dem Punkt, an dem sie sich einer leichteren Muse hingeben. Das passiert in Form einer spontanen Jazzsession in einem Nachtlokal, der sich Pianist Dr. Shirley musikalisch ausliefert. Worum geht es also im Film? Etwa um die Aufweichung der Verhältnisse oder geht es darum, das Umfeld der Klassischen Musik auf einen größeren Radius zu erweitern? Das Rassenproblem wurde jedenfalls nicht gelöst, vielmehr ist die Tour in die amerikanische Provinz eine Tortur. Nur die Rückkehr in die Weltstadt New York bringt die Erlösung für die Beteiligten.
Der Film, der anfänglich im familiären Kreis in New York spielt und vom Kampf des Broterwerbs berichtet, wird ab dem Moment zum Roadmovie, ab dem beide auf Tour gehen. Wobei Tony Lip nur bereit ist als Fahrer zu arbeiten. Er wehrt sich vehement dagegen als Butler eingestuft zu werden. Seiner Rolle als Bodyguard erwehrt er sich dagegen nicht. Das wird mit der Männerfreundschaft begründet, die sich zwischen Fahrer und Musiker entwickelt. Auf Tour gelten oftmals andere Regeln als zu Hause und im Alltag. Am Schluss lädt Tony Lip den einsamen Musiker sogar zu sich nach Hause ein, um das Weihnachtsfest mit der Familie zu feiern. Ein Happyend, das den Sachverhalt nicht wirklich trifft. Positiv betrachtet werden kann, dass Filme mit Männerfreundschaften allmählich immer mehr ein eigenes Sujet haben.
Eine Filmrezension von Kulturexpress
Drehort
Als Drehort für GREEN BOOK suchten die Filmemacher nach einem Ort, an dem sich idealerweise fast die ganze, wenn nicht sogar die komplette Reise von New York über Philadelphia, Ohio, Illinois, Iowa, Missouri, Kentucky, Tennessee, die Ostküste und die Carolinas hin in den tiefen Süden abbilden ließe.
Wessler und Farrelly zogen zunächst Atlanta in Betracht, weil sie in der Stadt und ihrer Umgebung schon eine Reihe ihrer vorherigen Filme gedreht hatten, aber sie fanden nicht die nötige Vielfalt an Gebäuden aus der Zeit und weitere Kulissen. Nachdem sie in Atlanta glücklos geblieben waren, setzte sich Wessler, der das Autofahren genauso genießt wie Farrelly, in seinen Wagen und fuhr sieben Stunden lang Richtung Süden, nach New Orleans, Louisiana.
„Ich kam dort an und ein Location-Scout erwartete mich“, erinnert sich der Produzent. „Wir haben uns überall umgesehen. Wir haben uns Villen, Plantagen, Hotels, Wohnungen und wenigstens 50 Clubs, in denen wir unseren Dr. Shirley auftreten lassen konnten, angesehen. Wir fanden Kleinstädte etwa eine Stunde außerhalb von New Orleans, die tatsächlich noch so aussahen, wie sie wohl vor 50 oder 60 Jahren ausgesehen hatten. Unsere Aufgabe war es, eine bestimmte Zeit und verschiedene Orte zum Leben zu erwecken, und alles, was wir dazu benötigten, fanden wir in New Orleans und Umgebung. Und das Essen in der Stadt ist vermutlich das Beste im ganzen Land – was will man also mehr.“
Gedreht wurde 35 Tage lang, zwischen November 2017 und Januar 2018. Fast alle der benötigten Kulissen wurden in der Gegend in und um The Big Easy gefunden. Abgesehen von einem eintägigen Außendreh in New York City mit Mortensen und ein paar Tagen, an denen das zweite Drehteam Aufnahmen im Nordosten und in der Nähe von Shreveport, Louisiana, machte, wurde GREEN BOOK komplett an Drehorten in der Umgebung von New Orleans gefilmt.
DIE DARSTELLER
Viggo Mortensen (Tony Lip)
Mahershala Ali (Dr. Don Shirley)
Linda Cardellini (Dolores)
Sebastian Maniscalco (Johnny Venere)
Dimiter D. Marinov (Oleg)
P.J. Byrne (Plattenproduzent)
DER STAB
Peter Farrelly (Regie, Produktion, Drehbuch)
Nick Vallelonga (Produktion, Drehbuch)
Brian Currie (Produktion, Drehbuch)
Jim Burke (Produktion)
Charles B. Wessler (Produktion)
Sean Porter (Kamera)
Tim Galvin (Szenenbild)
Patrick J. Don Vito (Schnitt)
Betsy Heimann (Kostümbild)
Kris Bowers (Musik)