Retrospektive in der Schweiz – Henri Matisse – Einladung zur Reise Fondation Beyeler in Riehen b. Basel: vom 22. September 2024 bis 26. Januar 2025


Die Fondation Beyeler in Riehen/Basel zeigt ab September 2024 die erste Henri-Matisse-Retrospektive  in der Schweiz und dem deutschsprachigen Raum seit fast 20 Jahren. Anhand von über 70 bedeutenden Werken aus namhaften europäischen und amerikanischen Museen sowie  Privatsammlungen richtet die Ausstellung den Blick auf die Entwicklung und Vielfalt im wegweisenden Schaffen des Künstlers. Als Ausgangspunkt dient dabei Charles Baudelaires berühmtes Gedicht  Einladung zur Reise, das zahlreiche Schlüsselthemen aufweist, die auch in Matisse’ Werken zu finden  sind. In Fortsetzung der Reihe beispielloser Ausstellungen wie «Paul Gauguin», 2015, «Monet», 2017, und «Der junge Picasso– Blaue und Rosa Periode», 2019, wird «Matisse – Einladung zur Reise» vom  22. September 2024 bis 26. Januar 2025 in der Fondation Beyeler zu sehen sein.

Henri Matisse, Intérieur rouge, nature morte sur table bleue, 1947, Rotes Interieur, Stillleben auf blauem Tisch, Öl auf Leinwand, 116 x 89 cm, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, erworben 1964 aus einer Spende des Westdeutschen Rundfunks © Succession H. Matisse 2024, ProLitteris, Zürich, Foto: bpk / Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf / Walter Klein

Henri Matisse (1869–1954) zählt zu den berühmtesten Künstlern der Moderne. Sein bahnbrechendes Werk hat seine Zeit und viele spätere Künstlergenerationen bis heute wesentlich geprägt. In der Befreiung der Farbe vom Motiv und in der Vereinfachung der Formen hat er die Malerei neu definiert und dabei eine bis dahin unbekannte Leichtigkeit in die Kunst gebracht. Auch in der Bildhauerei war Matisse ein Innovator, und in seinen späten Scherenschnitten entfaltete er ein unverwechselbares Zusammenspiel von Malerei, Zeichnung und Skulptur.

Die Ausstellung umspannt sämtliche Schaffensphasen des Künstlers. Sie setzt mit den um 1900 entstandenen Bildern der Frühzeit ein, führt über die revolutionären Gemälde des Fauvismus und die experimentellen Werke der 1910er-Jahre hin zu den sinnlichen Gemälden der Nizza-Periode und der 1930er-Jahre, um schliesslich in den legendären Scherenschnitten des Spätwerks der 1940er- und 1950er-Jahre zu gipfeln.

Henri Matisse, La fenêtre ouverte, Collioure, 1905 Das offene Fenster, Öl auf Leinwand, 55,3 x 46 cm, National Gallery of Art, Washington, D. C., Sammlung von Mr. und Mrs. John Hay Whitney, 1998 © Succession H. Matisse / 2024, ProLitteris, Zürich, Foto: Courtesy National Gallery of Art, Washington

Die von Raphaël Bouvier kuratierte Ausstellung versammelt ikonische Werke sowie selten gezeigte Bilder aus renommierten Museen und Privatsammlungen, darunter unter anderem das Baltimore Museum of Art das Centre Pompidou, Paris; das K20, Düsseldorf; das Kimbell Art Museum, Fort Worth; das Museum of Modern Art, New York; die National Gallery, Washington; und das San Francisco Museum of Modern Art.

Gezeigt werden Meisterwerke wie La Desserte (Der servierte Tisch), 1897; Luxe, calme et volupté, 1904; La fenêtre ouverte, Collioure (Das offene Fenster, Collioure), 1905; Le Luxe I (Luxus I), 1907; Badende mit Schildkröte (Baigneuses à la tortue), 1907/08; Poissons rouges et sculpture (Goldfische und Skulptur), 1912; Figure décorative sur fond ornemental (Dekorative Figur auf ornamentalem Grund), 1925/26; Grosser liegender Akt (Grand nu couché), 1935; L’Asie (Asien), 1946; Intérieur au rideau égyptien (Interieur mit ägyptischem Vorhang), 1948 und Blauer Frauenakt I (Nu bleu I), 1952. Dank dieser Fülle von bedeutenden Gemälden, Skulpturen und Scherenschnitten erschliessen sich die Entwicklung und der Reichtum von Matisse’ einzigartigem Œuvre.

Die Ausstellung nimmt ihren Ausgang bei Charles Baudelaires (1821–1867) Gedicht <em>Einladung zur Reise</em>, auf das sich Matisse wiederholt bezogen hat. Die darin als poetische Leitmotive vorkommenden Begriffe Überfluss, Ruhe und Genuss («luxe, calme et volupté») finden sich gleichsam als Leitgedanken bei Matisse und fassen die Quintessenz seiner Kunst zusammen. Baudelaires Gedicht folgend, lädt die Ausstellung in der Fondation Beyeler so auch zu einer Reise durch das Schaffen von Matisse ein, in dem seinerseits dem Reisen eine wichtige Rolle zukam.

Es war die künstlerische Suche nach dem idealen Licht, die Henri Matisse zu immer neuen Reisen veranlasste. Im Norden Frankreichs aufgewachsen, fand er es zunächst im mediterranen Süden des Landes, erkundete es danach weiter in Italien, Spanien und Nordafrika, dann auf einer in New York begonnenen Fahrt quer durch die USA und schliesslich in der Südsee. Auf seinen zahlreichen Reisen innerhalb und ausserhalb Europas, die den Künstler auch nach Russland führten, machte er Bekanntschaft mit für ihn neuen Naturräumen, Kulturen und Bildtraditionen, die er seinem eigenen Schaffen anverwandelte. Reisen und das damit verbundene Erlebnis des Lichts waren entscheidende Aspekte, die Matisse’ künstlerische Entwicklung vom revolutionären fauvistischen Frühwerk bis hin zu den späten ikonischen Scherenschnitten prägten.

So bildeten das Reisen und das Atelier als Arbeitsort die beiden Pole, zwischen denen sich Matisse’ künstlerisches Schaffen entfaltete. Sein Leben und Œuvre waren von den ständigen Wechselwirkungen zwischen dem Reisen im In- und Ausland und dem Sichniederlassen an unterschiedlichen Arbeitsstätten bestimmt. Auch sind Erfahrungen, Erinnerungen und Objekte des Reisens ebenso zentrale Themen seiner Werke, wie es das Atelier als Ort der künstlerischen Produktion ist. Im Schaffen von Matisse ist das offene Fenster ein immer wiederkehrendes Motiv. Als Ort des Übergangs zwischen Innen und Aussen, zwischen dem nahen Hier und dem fernen Dort, bringt es das Nebeneinander von Zu-Hause-Sein und Reisen zum Ausdruck. In seiner symbolischen Bedeutung erweist sich insbesondere das offene Fenster als «Einladung zur Reise».

In einem eigens für die Ausstellung konzipierten Multimedia-Raum werden Matisse’ Reisen durch animierte historische Fotografien und Wandbilder erlebbar gemacht. Zudem ermöglichen Fotos und Filme Einblicke in seine Ateliers und den Entstehungsprozess seiner Werke.

Ein reich bebilderter Ausstellungskatalog, herausgegeben von Raphaël Bouvier für die Fondation Beyeler und gestaltet von Bonbon, Zürich, erscheint begleitend zur Ausstellung im Hatje Cantz Verlag, Berlin. Mit ihren fundierten Texten haben zahlreiche Autorinnen und Autoren zur wissenschaftlichen Relevanz des Katalogs beigetragen, allen voran Larissa Dätwyler, Robert Kopp und Griselda Pollock sowie des Weiteren Alix Agret, Dita Amory, Patrice Deparpe, John Elderfield, Claudine Grammont, Jodi Hauptman, Ellen McBreen und Anne Théry.

Charles Baudelaires berühmtes Gedicht «Einladung zur Reise» bildet den Ausgangspunkt der grossen Matisse-Retrospektive. Baudelaire hat nicht nur Matisse, sondern zahlreiche weitere Künstlerinnen und Künstler aus verschiedenen Genres beeinflusst. In Zusammenarbeit mit Musiker:innen des Tonhalle- Orchesters Zürich wird zu einer musikalischen Reise mit von Baudelaire inspirierten Kompositionen eingeladen – von Claude Debussy aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert bis hin zu zeitgenössischer Musik von John Corigliano. Die Ausstellung kann vor der Veranstaltung besichtigt werden.

Musiker:innen: Sabine Poyé Morel, Flöte; Gilad Karni, Viola; Sarah Verrue, Harfe Preis: Eintritt + CHF 10.- Dienstag, 5. November, 18.30 Uhr