Nach den erfolgreichen Präsentationen der letzten Jahre im Bereich der Klassischen Moderne mit Werken namhafter Künstler wie Roberto Matta, André Masson, Max Ernst und Marino Marini richtet DIE GALERIE im Rahmen der ART COLOGNE 2025 ihren Fokus auf die Gegenüberstellung zweier herausragender zeitgenössischer Maler und langjähriger Pfeiler des Galerieprogramms: Volker Stelzmann und Johannes Heisig. Beide Künstler haben ihre Wurzeln in der ehemaligen DDR und verbinden auf ganz eigene Art und Weise die deutsch-deutsche Geschichte mit zeitgenössischen Themen. Ein pointierter, ironischer Blick auf die Gesellschaft, gepaart mit einem tiefen Bewusstsein für die Komplexität und Vielschichtigkeit des menschlichen Verhaltens, sind unverkennbare Wesensmerkmale, die die beiden Künstler in ihrer jeweiligen Weltanschauung vereinen. Trotz dieser verbindenden Elemente und gewisser Parallelen in ihrem soziokulturellen Hintergrund wie auch ihrer künstlerischen Bildung, verfolgen die beiden Künstler stilistisch wie malerisch sehr individuelle Ansätze, was eine Gegenüberstellung ihrer Arbeiten besonders reizvoll macht. 1940 in Dresden geboren, lebt und arbeitet der renommierte deutsche Maler und Grafiker Volker Stelzmann seit etlichen Jahren in Berlin. Als etablierter Name in der Kunstwelt haben seine Werke in internationalen Ausstellungen, Privatsammlungen und Museen Anerkennung gefunden. Bemerkenswert ist Volker Stelzmanns Stellung innerhalb der Leipziger Schule: Er repräsentiert in besonderem Maße die Kontinuität in der Malerei der Leipziger Schule und positioniert sich zwischen deren Begründern (Bernhard Heisig, Wolfgang Mattheuer und Werner Tübke) und den Vertretern der Neuen Leipziger Schule wie Neo Rauch, Michael Triegel, Matthias Weischer und Tim Eitel. Der nunmehr 85-jährige Künstler blickt auf eine annähernd 60-jährige Karriere zurück. Zu den einflussreichsten Inspirationsquellen in Volker Stelzmanns Œuvre zählen der italienische Manierismus mit Künstlern wie Jacopo Pontormo und Rosso Fiorentino sowie die Neue Sachlichkeit mit Vorbildern wie Otto Dix und George Grosz. Seine Werke zeichnen sich durch eine einzigartige Ästhetik aus, die die Kunst der italienischen Renaissance mit der Tradition der Leipziger Schule und der Aktualität gegenwärtiger Themen vereint. 1953 in Leipzig als Sohn von Bernhard Heisig, einem der Hauptvertreter und Begründer der Leipziger Schule, geboren, verbindet Johannes Heisig in seinen Werken die Tradition des deutschen sozialistischen Realismus mit einer subjektiven Form des Expressionismus. Wie auch Volker Stelzmann ist Johannes Heisig im Innersten ein Beobachter, der sein soziales und kulturelles Umfeld mit dynamischen, expressiven Pinselstrichen auf der Leinwand festhält. Seine Arbeiten sind durchweg figurativ, zeigen jedoch gelegentlich Abstraktionsansätze, die durch den pastosen Farbauftrag und seine expressive Pinselführung verstärkt werden. In seiner Malerei setzt sich Johannes Heisig keine Grenzen: Er schichtet Farben zu apokalyptischen Darstellungen des chaotischen Stadtlebens, zu ergreifenden Reflexionen über die deutsch-deutsche Geschichte, aber auch zu Porträts, Landschaften und Stillleben. Auf diese Weise führt er das realistische Abbild aus dem Vertrauten heraus, verfremdet und transformiert es schließlich – häufig nach monatelangem Übermalen – in etwas für den Betrachter Unbekanntes und Einmaliges. In seinen Darstellungen überlagert Johannes Heisig gelegentlich unterschiedliche räumliche sowie zeitliche Ebenen, wodurch seine Werke zuweilen einen kryptischen Charakter erhalten.
6. – 9. November 2025
Preview und Vernissage am 6. November 2025
DIE GALERIE, Halle 11.1 Stand C 326
Messeplatz 1, 50679 Köln
19 herausragende künstlerische Positionen in den Förderkojen auf der ART COLOGNE 2025
Bereits seit 45 Jahren zählt das Förderprogramm NEW POSITIONS zu den zentralen Säulen der ART COLOGNE. 1980 vom Bundesverband Deutscher Galerien (BVDG) initiiert und bis heute in enger Zusammenarbeit mit der ART COLOGNE realisiert, bietet das Programm herausragenden jungen Künstlerinnen und Künstlern die Möglichkeit, sich einem internationalen Fachpublikum zu präsentieren.
In diesem Jahr zeigen 19 Galerien auf der ART COLOGNE vom 6. bis 9. November 2025 in Halle 11.2 künstlerische Positionen, die von einer hochkarätig besetzten Jury ausgewählt wurden: Maurin Dietrich, Direktorin des Münchner Kunstvereins; Maurice Funken, Direktor NAK – Neuer Aachener Kunstverein; Lisa Klosterkötter, Künstlerische Leitung der Temporary Gallery// Zentrum für zeitgenössische Kunst, Köln; Ursula Schöndeling, Erste Vorsitzende der ADKV, Berlin und Dr. Marc Wellmann, Künstlerischer Leiter des Hauses am Lützowplatz – Förderkreis Kulturzentrum Berlin e.V.
Gefördert durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) mit einem Projektzuschuss von 35.000 Euro, setzt das Programm auf die nachhaltige Förderung junger Talente. Ziel ist es, exzeptionell arbeitenden Künstlerinnen und Künstlern den Einstieg in den Kunstmarkt zu erleichtern und ihre Sichtbarkeit bei Sammler:innen, Museen und Institutionen zu stärken.
19 NEW POSITIONS auf der ART COLOGNE 2025 (in alphabetischer Reihenfolge der Künstler:innnen)
Arhun Aksakal bei EBENSPERGER, Berlin, wuchs zwischen Istanbul und Frankfurt auf und bewegt sich auch in seinen künstlerischen Arbeiten im Spannungsfeld von Orient und Okzident. Seine Großeltern, zu denen Arhun Aksakal eine sehr enge Beziehung hat, kamen in den 1960er-Jahren als Gastarbeiter nach Deutschland. Sie erlebten den Wandel eines vom Krieg gezeichneten Landes hin zur modernen Industrienation und prägten mit ihren Erzählungen Aksakals Blick auf gesellschaftliche Strukturen, der ein feinenes Gespür für Brüche, Übergänge und soziale Spannungen entwickelte. Sein künstlerisches Werk umfasst Video, Fotografie, Skulptur und Performance. Zwischen Hightech und Ruine, Verfall und Wiedergeburt bewegen sich seine Arbeiten an der Schnittstelle von urbaner Psychogeografie, Artefakt und kollektiver Erinnerung. Früh geprägt durch die diversen Praktiken des Wiederverwertens – Sammeln, Reparieren und Weitergeben – zieht sich der Umgang mit Überresten als roter Faden durch sein Werk. Aksakal entwickelt Narrative für das gemeinhin Unsichtbare, für das, was übersehen, vergessen oder verdrängt wird. Seine Arbeiten sind zugleich poetisch und forschend, analytisch und spekulativ.
Noémi Barbaglia wird von der Produzentengalerie Hamburg präsentiert. Die Künstlerin setzt sich in ihren Skulpturen und Installationen mit den Grenzen zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren auseinander. Ihre Werke sind mehr als nur physische Objekte; sie spiegeln psychologische und gesellschaftliche Konventionen, die unsere Wahrnehmung von Raum und Identität prägen. Im Zentrum von Barbaglias künstlerischer Praxis steht der Schleier als vielschichtige Metapher. Er dient als Werkzeug, um Räume neu zu definieren und Beziehungen zwischen dem Verborgenen und dem Offensichtlichen herzustellen. Architektonische Elemente wie Fenster und Korridore werden dekonstruiert und neu zusammengesetzt, um die Grenzen zwischen Innen und Außen, zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen zu hinterfragen. In einer Zeit zunehmender Polarisierung und nationaler Abschottung schafft Barbaglia mit ihren Werken Zwischenräume, die Ambiguität und Übergänge erfahrbar machen. Ihre Werke erinnern uns daran, dass klare Grenzen oft Illusionen sind und dass wahre Erkenntnis in der Auseinandersetzung mit dem Unbekannten entsteht.
Kea Bolenz bei KLEMM’S, Berlin erforscht in ihren Zeichnungen surreale Gefilde, in denen die Faszination für das Okkulte und Unterbewusste, Sexualität und Fetisch sowie das Unheimliche einer zunehmend entgrenzten Gegenwart miteinander verwoben sind. Im konzentrierten Format gearbeitet, setzen diese auf den ersten Blick zugleich überbordenden und bis ins höchste Detail präzise gesetzten ‚Wimmelbilder‘ eine visuelle und poetische Kraft frei, welche das Amalgam der aktuellen conditio humana – die allseits auseinanderfliehenden Kräfte unserer Zeit und das Beharrungsvermögen des Körperlichen – abzubilden scheint. Kea Bolenz hat in ihren Arbeiten eine irritierende, unverwechselbare Ästhetik entwickelt, die sich einem großen Reservoir kultur- und bildgeschichtlicher Vorläufer sowie dem visuellen Pool der off- und Popkultur verdankt.
Die Walter Storms Galerie, München/ Berlin zeigt Natalie Brehmer – eine deutsch-polnische Künstlerin, die in Berlin und Stuttgart lebt. Sie thematisiert in ihren transdisziplinären, konzeptuellen Arbeiten Aspekte der Kapitalismustheorie, Gender Studies und Natur. Dabei arbeitet sie mit den Medien der Fotografie, Installation und experimentellen Glasarbeiten. In ihren Werken spiegelt sich Brehmers bisheriger Werdegang. Sie studierte zunächst Kommunikations- und Urban Design und danach Bildende Kunst an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart und Nürnberg. 2023 schloss sie ihr Studium als Meisterschülerin bei Jorinde Voigt und Ricarda Roggan ab. Brehmer stellte bereits in der Staatsgalerie Stuttgart, im ZK/U Zentrum für Kunst und Urbanistik, Berlin, dem Württembergischen Kunstverein, der Baumwollspinnerei Leipzig oder dem Goethe-Institut in Israel aus. Ihre Arbeit wurde mit zahlreichen Stipendien gefördert, darunter dem Stipendium der Alexander Tutsek Stiftung für Glas an der Sommerakademie des Bildwerk-Frauenau und dem Stipendium „Junge Kunst und neue Wege“ des Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst.
Cihan Çakmak wird von EIGEN+ART, Berlin/ Leipzig gezeigt. Sie studierte Fotografie an der Fachhochschule Dortmund und setzte ihre Ausbildung an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (HGB) fort, wo sie 2023 als Meisterschülerin von Tina Bara abschloss. In ihren Arbeiten thematisiert Çakmak Fragen von Identität, Trauma, Selbstbild und kollektiver Erinnerung. Ihre Serie em fraktal (2021) verwebt Fotografien, Videos und Klang, um das Wechselspiel individueller und kollektiver Erfahrungen zu erforschen. Mit Tenseness (2023/24) schuf sie eine Serie von Fotografien, die mit der Sammlung des Museums der bildenden Künste Leipzig (MdbK) in Dialog treten und Fragen von Körperlichkeit und bildlicher Repräsentation im Spannungsfeld zwischen Zeigen und Verbergen behandeln. Für ihre Arbeiten wurde Çakmak mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Paula Modersohn-Becker Nachwuchspreis (2020) sowie dem ein-blicke-Preis beim Filmfestival blicke in Bochum (2023). Ihre Werke wurden in zahlreichen Institutionen präsentiert, darunter in der Kunsthalle Erfurt, im Künstlerhaus Bethanien in Berlin und in der Bundeskunsthalle Bonn. 2026 wird das Museum Morsbroich in Leverkusen Arbeiten von Cihan Çakamk in einer Einzelausstellung zeigen.
KROBATH aus Wien präsentiert Melanie Ender. Sie arbeitet mit konventionellen, industriellen Materialien wie Rigipsplatten, Kupferrohren, Messingstangen oder Stahlblechen, die sie einer poetischen Transformation unterzieht. Die marginalen Stoffe werden präzise bearbeitet und zueinander in Bezug gesetzt. Ihrem feinfühligen Umgang mit dem Material, der spielerischen Permutation und Rekombination der Elemente, ihrem klugen Vexierspiel mit Verweisen und Anspielungen entspricht auch ihr Umgang mit Sprache und ihrem Ausloten von Bedeutungen und Zuschreibungen. Die Künstlerin versteht ihre Arbeiten als temporäre Konstellationen, als Kompositionen, die sich in ihrer Anordnung und ihrem fragmentarischen Charakter eine große Offenheit bewahren. Es ist ein behutsames Austesten von Relationen, ein beharrliches Ausloten der Grenze, wo Form zum Zeichen und schließlich zum Bedeutungsträger wird.
Sarah Friend bei der Galerie Nagel Draxler, Köln/ Berlin zählt zu den besonders innovativen, engagierten und kritischen Stimmen im Bereich der neuen digitalen Kunst und ihrer Diskurse. Als Künstlerin, Technologin und Softwareentwicklerin bewegt sie sich an den vielschichtigen Schnittstellen von Kunst, Finanzwesen und Blockchain- Technologie. Ihr Werk ist der Avantgarde einer Künstlergeneration zuzurechnen, die sich mit Kulturen und Technologien auseinandersetzt, welche die digitale Gegenwart – insbesondere in Bezug auf Blockchain, Metaverse und Web3 – prägen. 2022 hatte Friend ihre Einzelausstellung „Terraforming“ im Berliner Projektraum Crypto Kiosk der Galerie Nagel Draxler. Davor war sie 2021 Teil der Gruppenausstellung „Breadcrumbs“ in der Galerie in Köln.
Nicholas Grafia wird von der Christine König Galerie, Wien präsentiert. In Grafias Arbeiten fungieren Maskeraden, fragmentierte Körperbilder, subkulturelle Codes und nicht-lineare Erzählstrukturen als Mittel der Dekonstruktion hegemonialer Ordnungssysteme. Mit einem Gespür für das Absurde und Theatralische, das Monströse und das Unheimliche, entwickelt er eine Bildsprache, die gezielt destabilisiert und alternative Narrative sichtbar macht. Seine Arbeiten verweigern sich eindeutigen Lesarten und schaffen fluide Räume. Angeregt von dem japanischen Manga und der darauf basierenden Anime-Serie Lady Oscar – The Rose of Versailles, entfalten sich komplexe Themen wie kulturelle Hybridität, queere Identität und Geschlechterfluidität. Grafias Verständnis von Geschlecht, Macht und sozialer Ordnung wurden von diesem romantischen Historiendrama aus dem Jahr 1979 geprägt – es vermittelte europäische Ideale und schlug eine imaginative Brücke zwischen Südostasien und dem Westen. Durch seine Migration nach Deutschland bot sich Grafia die Möglichkeit, diese prägenden Einflüsse in einem anderen kulturellen Kontext vor neuen Vorzeichen aufzugreifen.
Die Galerie Christian Lethert, Köln zeigt den amerikanischen Maler Tony Huynh. „I know we spend most of our lives behind a screen, the entrance into a digital world, and have access to what seems like the library of Alexandria in our pocket, but the images online will never do justice to a physical work like a painting.“ Tony Huynh hat sich nach seinem Studium der Illustration der Malerei verschrieben. Er schafft einprägsame Bilder von alltäglichen Erfahrungen in einer scheinbar vertrauten Welt. Es lassen sich Anklänge an den amerikanischen Modernisten Milton Avery finden, an die Interieurs des französischen Nabis-Künstlers Édouard Vuillard, an landschaftliche Szenerien japanischer Holzschnitte sowie an die naive Freiheit der Volkskunst. Huynh geht es nicht um eine realistische Wiedergabe, sondern um das Gefühl, das sich beim alltäglichen Blick aus dem Fenster, beim Anblick eines durch die Lüfte gleitenden Vogels einstellt. In seiner Malerei sucht er bewusst einen unverstellten Blick voller Neugierde. Seine Arbeiten haben eine starke Präsenz, die die ›reale‹ Welt entschleunigt, in sich ruhend zeigt.
Die KORNFELD Galerie, Berlin stellt die persische Künstlerin Simin Jalilian vor, die in Hamburg lebt. Im Iran entstanden ausschließlich Bilder von Frauen, die die Unterdrückung durch das Regime thematisieren. Seit Simin Jalilian in Deutschland arbeitet, änderte sich ihr künstlerischer Themenschwerpunkt sowie ihr Blick auf den Iran. In ihren aktuellen Bildern skizziert sie vorwiegend Männer in ihren verschiedenen, typisierend erfassten Ausdrucksweisen und in ihren als üblich wahrgenommenen Machtpositionen. Subversive Operationen der Regierung oder willkürliche Straßengewalt sind hierbei der Handlungshintergrund der szenischen Darstellungen. Simin Jalilian äußert, die Veränderung des Sujets in ihren Gemälden sei das Ergebnis einer unterdrückten inneren Anspannung angesichts der Normalität patriarchaler, frauenverachtender Strukturen. Das künstlerische Arbeiten in Deutschland ohne Zensur und Verbot macht es ihr möglich, relevante Themen und Motive aus dem aktuellen Zeitgeschehen frei auszuwählen und zu verarbeiten.
Die südkoreanische Künstlerin Jeewi Lee, die in Berlin lebt und dort von SEXAUER präsentiert wird, arbeitet in ihren Rauminstallationen, Aktionen und Bildserien mit performativen oder alltäglichen Ereignissen, die im Werk allein als Spur sichtbar werden. Ihre Arbeiten wollen soziale und historische Ereignisse sichtbar machen, die sich in unterschiedlichste Materialien eingeschrieben haben. Im Rahmen der NEW POSITIONS wird Jeewi Lee Skulpturen und Bilder aus Sand zeigen. Sand ist eine wichtige Ressource, deren weltweiter, immenser Abbau immer wieder zu Umweltschäden und zur Zerstörung ganzer Ökosysteme führt. Mit Sand wird Beton, Zement oder Glas hergestellt, ohne Sand gäbe es keine Straßen, Städte oder Microchips. Sand ist aber auch ein Speicher für Trinkwasser und ein Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Sand besteht aus Teilen abgelagerten Gesteins, das durch tektonische Verschiebungen an die Oberfläche gepresst und von Flüssen zum Meer geschwemmt wird. Jedes einzelne, noch so winzige Teil wird dabei geschliffen und geformt. In jedem Sandkorn sind unvorstellbar lange Zeitspannen und Wegestrecken eingelagert; jedes erzählt von Erdzeitaltern ebenso wie von Alltagskonsum, Kapitalismus und Migration. Jedes ist eine Verkörperung von Erinnerungen – „embodiment of memories“.
DITTRICH & SCHLECHTRIEM, Berlin stellt den israelischen Künstler Navot Miller vor, der in Berlin und New York lebt. Navot Miller porträtiert Szenen aus seinem Leben. Intimität und intensive Emotionen, verwoben mit Menschen und Orten, stehen im Mittelpunkt seiner Arbeit. Er hält in seiner Malerei Fragmente von Reisen, Erlebnissen und Momenten fest, die ihm wichtig waren. Die Farben seiner Bilder sind intensiv und leuchtend, aber seine Motive tragen ein Gefühl der melancholischen Sehnsucht in sich. Miller strebt in seinen Werken nach Authentizität und Individualität emotionaler Momente und schafft so relevante und allgemeingültige Szenen menschlicher Existenz.
Philipp Naujoks wird von der Galerie Rupert Pfab aus Düsseldorf gezeigt. Die Arbeiten von Philipp Naujoks zeichnet eine besondere Vielschichtigkeit künstlerischer Mittel aus. Malerei, Zeichnung und Gravur durch die Einwirkung eines speziell angefertigten Lasers verdichten sich zu einer eigenständigen Bildsprache. Die heterogene Materialität erzeugt eine poetische Spannung zwischen Präzision und Flüchtigkeit. Feine Linien durchziehen die Fläche, überlagern sich, vibrieren, lösen sich auf. Es entstehen Strukturen, die nur angedeutet wirken – Spuren einer Bewegung, als sedimentierte Handlung. Das Auge des Betrachters wandert zwischen Liniengeflechten, Leerstellen und Verdichtungen. Formen bleiben unausgesprochen, Motive scheinen sich nur kurz zu zeigen, bevor sie wieder verschwinden. Die zurückhaltende Farbigkeit spielt dabei eine wesentliche Rolle. Zarte Tonwerte lassen den Untergrund sichtbar werden. Die Werke wirken fragil und durchdrungen von einem subtilen Rhythmus, als verhandelten sie ein tastendes Gespräch zwischen Material, Prozess, Blick und Erkenntnis.
Kraupa-Tuskany Zeidler, Berlin stellt die südkoreanische Künstlerin Rim Park vor, die in Seoul lebt. Die Arbeiten von Rim Park halten ihre Begegnungen mit unberührten, oft abgelegenen Landschaften fest. Sie interpretiert die Formen der Natur in vielschichtigen Kompositionen neu. Indem sie vorgefundene organische Elemente wie Moos, Baumwurzeln und natürliche Pigmente einbezieht, erforscht die Künstlerin die Existenz von Wesen, die scheinbar von menschlichen Eingriffen losgelöst sind und in einem zeitlosen Reich zu schweben scheinen. Sie kombiniert traditionelle koreanische Materialien und Pigmente aus der Natur, um einen Dialog zwischen organischer Zersetzung und synthetischer Konservierung zu schaffen. Ihre Arbeiten beschäftigen sich mit der scheinbar unverwüstlichen Natur dieser Wesen, die autark und passiv zu existieren scheinen und die im Fluss der Zeit elementaren Kräften ausgesetzt sind. Rim Park dekonstruiert, zerlegt, seziert und baut wieder zusammen – wobei sie Unvollkommenheit als Prinzip zulässt.
Bei der Galerie VAN HORN, Düsseldorf ist Anys Reimann zu entdecken, die sich mit Mitte 40 zum Kunststudium an der Düsseldorfer Akademie bei Thomas Grünfeld und Ellen Gallagher entschied – voller Erfahrungen, mit einem scharfen Blick auf die Welt und dem Wunsch, drängende eigene Fragen sichtbar zu machen. Ihre Arbeiten erzählen von Identität, Geschichte und Verletzlichkeit – und zugleich von Widerstand, Selbstermächtigung und Schönheit. Ihr breites Wissen um Kunstgeschichte und Popkultur ist nie nur Zitat oder Referenz, sie setzt es ein, um eine eigene Bildsprache zu finden. Ihre Arbeiten entstehen aus unterschiedlichen Materialien und Medien – Malerei, Collage, Fotografie, Skulptur, Textilien. Sie verbindet diese Schichten intuitiv und individuell, weder rein figurativ noch abstrakt, sondern offen, fragmentiert und vieldeutig. Ihre Kompositionen setzen sich mit dem menschlichen Körper auseinander und sind neben der europäischen Bildtradition auch von Theater, Mode und Musik inspiriert. Die Künstlerin versteht sich als Archivarin des Körpers und seiner Geschichte(n); ihr künstlerisches Werk ist jung und reif zugleich, absolut zeitgenössisch und politisch relevant.
Der belgische Textilkünstler Thomas Renwart wird von der Rehbein Galerie, Köln präsentiert. Renwarts Wandarbeiten sind gewebt, teilweise gestickt und zeigen ambivalente Sujets. Das Genre der Wandtapisserien hat in Belgien eine lange Tradition, sie gehören zum kulturellen Erbe. Renwarts Großeltern besaßen eine Weberei und seine Großmutter brachte ihm dort das Sticken bei. Seine Bilder webt er selbst auf einem Webstuhl in seinem Atelier in einem alten Kloster in Ghent. Er thematisiert individuelle Gedanken und Gefühle im Kontext von Inhalten gegenwärtiger Literatur, Wissenschaft, Geschichte oder Pop-Kultur. In seinen Textilbildern verknüpft er die scheinbar gegensätzlichen Stilmittel der Poesie und des Realismus, wobei eine Vorliebe für das Mythologische, das Mystische und Verwunschene in den Erscheinungsformen von Flora und Fauna zum Ausdruck kommt. Seine textilen Bilder, die Schönheit und Dramatik verbinden, sind zutiefst eigensinnig und ungewöhnlich.
Su Yu Hsin bei alexander levy, Berlin, ist eine in Berlin lebende Künstlerin und Filmemacherin, deren Arbeiten sich mit dem Spannungsfeld von Ökologie und Technologie auseinandersetzen. Ihre künstlerische Praxis basiert auf intensiver Recherche und Feldforschung, mit einem besonderen Fokus auf die politischen Ökologien des Wassers. Durch die Analyse ortsspezifischer Daten und ökologischer Infrastrukturen zeigt sie, wie menschliche und nicht-menschliche Systeme ineinandergreifen und unser Verständnis von Geografie, Territorium und Handlungsmacht beeinflussen. Mit einem analytischen und zugleich „hydropoetischen“ Ansatz schafft sie mehrkanalige Videoinstallationen, die operative und technische Bilder integrieren, um die verborgenen Mechanismen der Entstehung geografischen Wissens offenzulegen. Dieses Themenfeld verfolgt Su in neueren Arbeiten weiter, die die Halbleiterproduktion in ihrem Heimatland Taiwan fokussieren. Dabei beleuchtet sie die Auswirkungen des Ressourcenabbaus – insbesondere den Einsatz von ultrareinem Wasser, das für das Kühlen und Reinigen von Siliziumtafeln unerlässlich ist – und hinterfragt die Verflechtungen von Technologie, Arbeit, Geopolitik und globaler Ökonomie.
Ruttkowski68, Köln/ Düsseldorf/ Bochum/ New York/ Paris zeigt den in Darmstadt und Köln lebenden Bildhauer Mathias Weinfurter. Weinfurter untersucht in seinen Installationen räumliche Ordnungen, soziale Strukturen und Erinnerungskulturen. Er arbeitet mit industriellen Materialien wie Waschbeton, Doppelstabmatten oder Betonrecycling, deren formale Strenge er durch modulare Setzungen und subtile Eingriffe aufbricht. Wiederholung und Standardisierung werden zum Mittel, um Machtverhältnisse, Grenzziehungen und deren symbolische Aufladung sichtbar zu machen. Eine besondere Qualität seiner Arbeiten liegt in der präzisen Beobachtung räumlicher Ordnung – etwa in Stören (2023), wo er mit minimalen Verschiebungen von Zaunstäben die Trennung von öffentlichem und privatem Raum infrage stellt. In anderen Arbeiten rücken kollektive Erinnerungsformen in den Blick. Die Verbindung skulpturaler Klarheit mit poetischer Aufladung und sein bemerkenswerter Umgang mit Material und Raum lassen bildstarke, konzeptuell fundierte Installationen mit Tiefe und Relevanz entstehen.
Die Galerie Polansky aus Prag stellt den tschechischen Künstler Stanislav Zábrodský vor. Seine künstlerische Praxis zeichnet sich durch eine innovative Herangehensweise an Keramik und Beton aus. Zábrodský beschäftigt sich mit der Wechselwirkung zwischen geologischen Prozessen und der menschlichen Wahrnehmung von Zeit. Seine Arbeiten spiegeln seine tiefe Faszination für die Transformation von Materialien unter extremen Bedingungen, wobei sich Parallelen zwischen Naturphänomenen und künstlerischen Interventionen zeigen. Präsentiert in einer spezifischen Ästhetik des Sammelns wird der Betrachter eingeladen, über den Lebenszyklus von Objekten, die selektive Wertschätzung und die den Objekten jeweils innewohnende Geschichte nachzudenken. Diese neu entstehenden „Fossilien“ – technologische Produkte wie kulturelle Artefakte – werden zu Relikten der industriellen Revolution und versuchen, in einem Zeitsprung das Bewusstsein zu wecken, dass wir in zukünftigen geologischen Schichten und Formationen leben.
Der Online-Katalog der ART COLOGNE mit allen teilnehmenden Galerien und den Präsentationen der New Positions ist ab sofort online verfügbar.
Die 58. Ausgabe der ART COLOGNE startet am 06.11.2025 in den Kölner Messehallen.

