Wohnatlas 2016 – Leben in der Stadt


In Sachen Neubau liegen Münster, Potsdam und München vor allen anderen deutschen Großstädten. Hier sind im Vergleich zum Bestand seit 2000 die meisten Neubauwohnungen fertiggestellt worden. In Münster wurden 14 Prozent neue Wohnungen geschaffen, Potsdam und München bringen es auf rund 13 Prozent. Dahinter folgt Frankfurt am Main mit elf Prozent. Das sind Ergebnisse der Postbank Studie „Wohnatlas 2016 – Leben in der Stadt“, die die Wohnungsmärkte in den 36 bundes- und landesweit größten Städten unter die Lupe nimmt.

Auch unter Berücksichtigung des Abrisses von altem Wohnbestand ist der Zuwachs an Wohnungen insgesamt – der sogenannte Netto-Neubau – in Münster, Potsdam und München mit zehn bis 13 Prozent am größten. In den ostdeutschen Städten Erfurt, Halle (Saale) und Chemnitz wurden dagegen deutlich mehr Wohnungen abgerissen als neu gebaut. Das heißt im Ergebnis, dass trotz eines Neubauanteils von 3,5 bis sieben Prozent im Vergleich zum Bestand im Jahr 2000 insgesamt weniger Wohnungen zur Verfügung stehen als noch vor 15 Jahren. Die Erklärung: In ostdeutschen Regionen wird durch Neubauprojekte eine qualitative Diskrepanz beseitigt. Eigentlich sind ausreichend Wohnungen vorhanden, diese genügen jedoch den heutigen Ansprüchen an den Wohnkomfort oftmals nicht. Abriss und Neubau sind in vielen Fällen günstiger als aufwändige Sanierungen.

Neubau ist nicht gleich teuer – im Gegenteil

„In Städten mit hohem Preisniveau sind in den letzten Jahren besonders viele Neubauwohnungen entstanden“, sagt Dieter Pfeiffenberger, Bereichsvorstand Immobilienfinanzierung bei der Postbank. „Gerade in diesen Boom-Städten lohnt es sich aber für Kaufinteressierte, gezielt Neubauwohnungen ins Visier zu nehmen, da diese im Vergleich zu Bestandswohnungen vergleichsweise günstig sind“. So zeigt der Städtevergleich, dass ein um zehn Prozent höheres Preisniveau bei Bestandswohnungen nur durchschnittlich sieben Prozent höhere Preise bei Neubauwohnungen bedeuten.

„Unter den Bestandswohnungen treiben Objekte mit exklusiver Lage die Preise hoch“, so Pfeiffenberger. Durch Abriss und Nachverdichtung entstehen aber vielerorts auch Neubauprojekte in attraktiver Umgebung. Wie viel eine Neubauwohnung in einer Stadt am Ende kostet, wird ganz wesentlich durch den jeweiligen Baulandpreis bestimmt. Aus den Berechnungen der Postbank Studie geht hervor, dass eine Zunahme des Baulandpreises um zehn Prozent zu einem Plus von 3,4 Prozent beim Quadratmeterpreis für Neubauwohnungen führt.

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Wo künftig Neubauwohnungen zu haben sind

Ein Blick in die Zukunft zeigt, dass in Hamburg, Stuttgart, Wiesbaden, Berlin und München der prozentual größte Bedarf an neuen Wohnungen besteht. Da in diesen Städten in der Vergangenheit relativ wenig neu gebaut wurde, herrscht dort heute schon Wohnungsmangel. Am niedrigsten ist die Wohnungsversorgungsquote in Hamburg, wo für 100 Haushalte nur 92 Wohnungen zur Verfügung stehen. In Stuttgart und Berlin sind dies 93 bzw. 94 Wohnungen. Unter Berücksichtigung des prognostizierten Zuzugs von Flüchtlingen benötigen diese Städte bis 2030 zwischen 15 und 20 Prozent mehr Wohnungen als dort jetzt zur Verfügung stehen.

Vor allem Stuttgart, Wiesbaden und Berlin müssen ihre Bautätigkeit deutlich steigern, da sie ihren Bestand in den vergangenen 15 Jahren um weniger als fünf Prozent ausgebaut haben. Hamburg liegt mit sechs Prozent nur geringfügig darüber. Auch Karlsruhe, Potsdam, Bremen, Bonn, Aachen und Köln müssen ihr Wohnungsangebot um mehr als zehn Prozent steigern. „Städte mit wachsendem Wohnungsbedarf sollte man im Hinblick auf Neubauprojekte im Auge behalten. Sie bieten große Chancen auf Wertsteigerung“, so Dieter Pfeiffenberger.

Bautätigkeit und Wohnungsbedarf in 36 untersuchten Städten:

Stadt / Wohnungsneubau- zwischen 2000 und 2014 in Relation zum Wohnungsbestand im Jahr 2000, in Prozent / Netto-Neubau* zwischen 2000 und 2014 in Relation zum Wohnungsbestand im Jahr 2000, in Prozent / Wohnungsversorgungsquote je 100 Haushalte 2014 / Bis 2030 benötigtes Wachstum an Wohnungen für Abdeckung des Bedarfs.

Prognose: Preissteigerungen bei Eigentumswohnungen auf Basis der Bevölkerungsentwicklung bis 2030

Ranking Stadt Bevölkerungsentwicklung inkl. Flüchtlingsprognose* Bevölkerungsbedingte Preisentwicklung bei Eigentumswohnungen**
1 Berlin 4,74 % 14,49 %
2 Potsdam 4,46 % 14,03 %
3 Hamburg 4,38 % 13,86 %
4 Wiesbaden 4,21 % 13,77 %
5 Bonn 3,69 % 12,04 %
6 Stuttgart 3,19 % 10,01 %
7 Mannheim 2,80 % 8,66 %
8 Nürnberg 2,41 % 7,30 %
9 Düsseldorf 2,18 % 6,74 %
10 Aachen 2,06 % 6,33 %
11 München 1,58 % 4,39 %
12 Dresden 1,57 % 4,06 %
13 Leipzig 1,38 % 3,40 %
14 Köln 1,22 % 3,38 %
15 Bremen 0,48 % 0,21 %
16 Hannover -0,11 % -1,35 %
17 Karlsruhe -0,87 % -4,21 %
18 Mainz -0,95 % -4,31 %
19 Augsburg -1,51 % -6,41 %
20 Braunschweig -1,91 % -7,67 %
21 Frankfurt a.M. -2,05 % -8,12 %
22 Bielefeld -2,49 % -9,59 %
23 Dortmund -2,56 % -9,84 %
24 Kiel -3,14 % -12,16 %
25 Essen -3,62 % -13,54 %
26 Münster -3,66 % -13,69 %
27 Mönchengladbach -3,98 % -14,81 %
28 Saarbrücken -4,47 % -17,75 %
29 Bochum -4,65 % -17,17 %
30 Wuppertal -4,85 % -17,86 %
31 Erfurt -5,07 % -19,13 %
32 Rostock -5,84 % -22,91 %
33 Duisburg -6,00 % -21,90 %
34 Gelsenkirchen -8,93 % -32,14 %
35 Halle (Saale) -10,41 % -38,00 %
36 Chemnitz -13,47 % -48,58 %
Immobilienpreise werden durch höheren Wohnflächenbedarf stabilisiert

Die Preisstürze in den schrumpfenden Städten werden der Studie zufolge wahrscheinlich durch einen weiteren Trend abgemildert – nämlich durch die steigende Wohnflächennachfrage. In allen 36 untersuchten Städten sind die Immobiliengrößen pro Haushalt in den vergangenen zehn Jahren gestiegen. Wurde im Jahr 2005 noch auf 71,8 Quadratmetern gewohnt, sind es jetzt im Schnitt 73,3 Quadratmeter. Bis 2030 wird die Wohnflächennachfrage in drei Viertel der untersuchten Städte weiter steigen, prognostiziert die Studie der Postbank.

Grund für die erhöhte Wohnflächennachfrage in Städten sind die steigende Anzahl von Haushalten, insbesondere Single-Haushalten, sowie der Wunsch nach mehr Wohnraum. „Der steigende Wohnflächenbedarf wird vor allem die Nachfrage nach Eigentumswohnungen ankurbeln“, erklärt Postbank Experte Dieter Pfeiffenberger.

Wo sich Investments lohnen

„Wer glaubt, dass die Preissteigerungen in den Wachstumsstädten bald ein Ende haben, der irrt“, sagt Pfeiffenberger. „Die Studie zeigt: Ganz so steil wie in den vergangenen Jahren wird die Kurve zwar nicht mehr nach oben gehen, doch der Aufwärtstrend hält an. Wohneigentum in Wachstumsstädten und ihrem Umland ist daher nach wie vor ein lohnendes Investment. Wer in den eigenen vier Wänden leben möchte, sollte aber nicht zu lange zögern.“ Auch in Städten, deren Bevölkerung zurückgeht, muss dem Experten zufolge nicht auf Wohneigentum verzichtet werden: Gut geschnittenen und ausgestatteten Immobilien in attraktiven Lagen drohe auch hier kein Wertverlust. In diesen Städten könnte es demnächst sogar attraktive „Schnäppchen“ geben.

Hintergrundinformationen zur Postbank Studie „Wohnatlas 2016 – Leben in der Stadt“

Die Postbank Studie „Wohnatlas 2016 – Leben in der Stadt“ wurde unter der Leitung von Michael Bräuninger durchgeführt, Professor an der Helmut-Schmidt-Universität und Experte für Economic Trends Research. Analysiert wurden die 30 größten deutschen Städte sowie sechs Städte, die jeweils die größten eines Bundeslandes sind und nicht zu den Top 30 gehören. Im Fokus der beschriebenen Analyse standen die Bevölkerungsentwicklung unter Berücksichtigung des Zuzugs von Flüchtlingen, die Preisentwicklung von Wohneigentum und Mieten sowie die Entwicklung der Wohnflächennachfrage.

Detailinformationen zur Bevölkerungsprognose unter Einbeziehung der Flüchtlingszahlen:

Vor dem Hintergrund der Zuwanderung von mehr als einer Million Menschen in 2015 und der Tatsache, dass bei 50 Prozent der entschiedenen Asylanträge in 2015 die Anerkennung als Flüchtling erfolgte, wurden folgende Annahmen für die Prognose getroffen:
•Etwa die Hälfte der Flüchtlinge aus 2015 erhält ein längerfristiges Bleiberecht.
•Die Zahl der Flüchtlinge geht aufgrund politischer Maßnahmen in 2016 und den Folgejahren gegenüber 2015 deutlich zurück.
•Es erfolgt weitere Zuwanderung über Familiennachzug.
•Insgesamt entspricht die Zuwanderung bis 2030 etwa der Zuwanderung im Jahr 2015, also einer Million.
•Die Verteilung der Flüchtlinge auf die Bundesländer erfolgt wie im Jahr 2015 nach dem Königsteiner Schlüssel, der die Einwohnzahl und das Steueraufkommen berücksichtigt.
•Die Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der Bundesländer auf die Kreise erfolgt nach Bevölkerungsanteilen.