Auf der Frankfurter Buchmesse 2016 finden wie jedes Jahr auch im Außenbereich zahlreiche Veranstaltungen statt. Das sternförmige Lesezelt ist da nur eine der Attraktionen, die sich auf dem Platz tummeln und die Besucher einladen. Meist ist das Lesezelt auf engem Raum überfüllt, besonders wenn prominente Autoren lesen. Eine andere Attraktion neben der anderen auf dem gleichen Platz vor der großen Halle 3 mit dem Muscheldach und dem benachbarten Forum, wo wie jedes Jahr das Gastland im Inneren gastiert, wo sich in diesem Jahr Flandern und die Niederlande mit einer breiten Leinwand und Panoramasicht auf die wogende Nordsee präsentierten.
Mitten auf dem Platz im Außenbereich waren StadtLesen, ein Projekt aus Österreich. Unter freiem Himmel konnte sich jeder aus dem Bücherregal bedienen, lesen und gegen Spende auch mitnehmen. Auskunft welche Literatur sich gerade in den Regalen befindet, gab mir Angelika Blasl. Sie erzählte die aufwendige Reisegeschichte, die das Projekt und die Gruppe hinter sich habe. Die vielen Stationen die mit dem LKW zurückgelegt werden. Darunter sind Orte in der Schweiz, die Buchmesse in Wien und die Stadt Endingen in Baden-Württemberg zu erwähnen. Die zugehörigen Aufbauten werden an jedem Ort von neuem zusammengebaut. Der Tummelplatz ist wie ein Wohnzimmer ganz ohne Dach unter freiem Himmel. Wenn’s regnet, werden einfach die Rollos über den Regalen heruntergezogen, um Bücher von der Nässe fern zu halten. Ein Minimum an technischer Ausstattung ist also auch hier erforderlich. Im Vordergrund sind jedoch Hängematte und Knautschkissen zu verstehen, die geradezu einladen, um sich fallen zu lassen. Vor ein paar Jahren hätte man noch an die Sesamstraße gedacht, die synonym für den befreienden Umgang stand. Daran angeschlossen war meist das große Tohuwabohu. Das geschah entweder in Form einer Kissenschlacht oder zumindest in der Zweckentfremdung des Mobiliars zu außergewöhnlichen Wohnzwecken, womit die Kommune geboren war. Hinter dieser Freizügigkeit steckte eine ganze Bewegung. Ich denke nur an die österreichische Gruppe “Die Schmetterlinge”, die in ihren Songs über die Pariser Kommune auf ihren Konzertreisen eine Welt in Bewegung setzen wollten.
Die Zeiten haben sich geändert. Heutzutage steht nicht mehr die Befreiung von den Eliten im Vordergrund des Geschehens, sondern Friedfertigkeit wird gesucht. Wer diesen Rahmen schafft, indem jeder daran teilnehmen kann der sich für Literatur und Bücher interessiert, hat einen großen Schritt vor sich genommen. Angeschlossen an das Wohnzimmer ist eine kleine Bühne, einzige Überdachung übrigens, unter die sich Beteiligte, Besucher und Gäste bei Regen zurückziehen können. Dort auf der Bühne finden während der Reisen auch die Lesungen statt.
Eine große Anzahl an Sponsoren haben sich am Projekt beteiligt. Dazu zählen Ikea, OBI, ORF, Thalia, Hantje Cantz, BELTZ, DVA, C.H.Beck, Prestel, Suhrkamp, Kerber, Diogenes und viele, viele andere Verlage und Unternehmen. Für dieses Jahr dürfte das Touring beendet sein. Die Buchmesse in Frankfurt bildete wohl den Abschluss, um sich ins Winterquartier nach Österreich zurückzuziehen.
Meldung und Foto (c) Kulturexpress