Geschäftsführer Dr. Christian Striefler: „Dieser bedrückenden Erinnerung kann sich niemand entziehen.“ Am 13. Juni 2017 eröffnete die Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gGmbH (SBG) im Schloss Colditz einen Gedenkort für die Opfer der frühen „Euthanasie“-Morde in der Heil- und Pflegeanstalt Colditz.
Der Leipziger Künstler Thomas Moecker hat dazu in den Kellergewölben des Saalhauses eine beeindruckende Installation geschaffen. SBG gedenkt damit der 84 Psychiatrie-Patienten, die hier zu Tode kamen, noch bevor ab 1940 die Krankenmordaktionen in den Tötungsanstalten Pirna-Sonnenstein und Brandenburg begannen.
Der Geschäftsführer von SBG, Dr. Christian Striefler, zeigte sich angesichts der beeindruckenden Installation tief bewegt: „Wir hoffen, dass dieser Gedenkort hier auf Schloss Colditz dazu beiträgt, dass die Opfer der menschenverachtenden Methoden und Praktiken des Nationalsozialismus nicht in Vergessenheit geraten. Niemand, der hier am Ort des Geschehens steht und sich auf die Installation einlässt, bleibt von der bedrückenden Erinnerung unberührt.“
Ein Ort des Sterbens
Zu Beginn des Jahres 1938 wurden aus mehreren überfüllten sächsischen psychiatrischen Anstalten die sogenannten „störenden Idioten“ ausgesondert und in die neu eröffnete Heil- und Pflegeanstalt Colditz verbracht. Dieses Haus war jedoch von Anfang an als reine Pflegeanstalt geplant. Nur ein Arzt war vor Ort. Auch ungeeignetes und rücksichtsloses Pflegepersonal, dem sich andere Anstalten zu entledigen suchten, wurde nach Colditz versetzt. Die 360 Betten in allen Gebäuden des Schlosses waren fast immer belegt. Die Anstalt fiel von Beginn an durch fehlende Heilbehandlungen, völlig unzulängliche und kalte Räume und extrem niedrige Beköstigungssätze auf. Auch wurde der Ausbreitung der Tuberkulose nicht entgegengewirkt. Patienten, die nicht arbeitsfähig waren wurden eingebettet und sich selbst überlassen. Sie nahmen durch die fettarme und fleischlose Sonderkost kontinuierlich ab und wurden zusätzlich mit Schlafmitteln sediert. Für 84 von ihnen war das Bett der Platz ihres Sterbens im Schloss Colditz, der letzte Ort ihrer Angst und Qual.
84 Matratzen aus Beton gegen das Vergessen
Hierauf bezieht sich die Installation Thomas Moeckers. Er installierte 84 Matratzen aus Beton im Keller des Saalhauses. Sie stehen stellvertretend für das erfahrene Leid eines jeden Patienten in einer Anstalt, in der durch gesellschaftliche Rahmenbedingungen der planmäßige und systematische Tod für geistig behinderte Menschen betrieben wird. Die Matratzen wurden in Beton abgegossen und damit in einen artifiziellen Zustand transformiert. Die Objekte wirken durch den Beton wie Fossilien und haben alle Erfahrungen gespeichert. Sie sind Gedenksteine für jeden getöteten Patienten.
Der Künstler Thomas Moecker, geboren 1967 in Magdeburg, hat 1998-2003 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig studiert und war von 2004-2006 Meisterschüler bei Prof. Eberhard Bosslet an der Hochschule für Bildende Künste Dresden.
Zur Eröffnung sprach neben dem Geschäftsführer auch Ulrich Rottleb, Kulturwissenschaftler und Historiker. Er forscht zur Kindereuthanasie in Sachsen sowie für das Gedenkbuch-Projekt „Opfer der NS-Euthanasie – Sachsen“ der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein. Musikalisch angemessen begleitete die Eröffnung Dr. Ermis Theodorakis (Leipzig). Er spielte die Klaviersonate Nr. 4 von Norbert von Hannenheim (1898-1945), einem Schüler Arnold Schönbergs und Patienten der Anstalt Meseritz-Obrawalde, der dort im September 1945 starb.
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Meldung: Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gemeinnützige GmbH, Dresden