O.M. Ungers: Die Konstruktion des städtischen Ortes Ausstellungsbeginn wurde vorerst verschoben - Architekturmuseum TU-Berlin


Anfang der achtziger Jahre erhält Oswald Mathias Ungers (1926-2007) eine Reihe großer Bauaufträge und realisiert in schneller Folge verschiedene öffentliche Bauten von zentraler städtebaulicher Bedeutung: neue Monumente für die Stadt.

Nach einer im Wesentlichen experimentell geprägten Werkphase, die gekennzeichnet ist von Projekten, die sich mit dem Thema der Form an sich befassen, und von Studien zur Morphologie der Stadt – Studien zu städtebaulichen Elementen wie The Urban Villa oder The Urban Block oder zur Südlichen Friedrichstadt Berlin – beginnt hier ein neuer Abschnitt der morphologischen Forschung des Kölner Architekten. Das umfassende Kompendium an Konzepten zwischen »Metapher und Metamorphose«, das in den sechziger und siebziger Jahren entwickelt wurde, wird nun mit der Realität der zeitgenössischen Stadt und ihren zwingenden Notwendigkeiten konfrontiert. Es handelt sich dabei jedoch nicht nur um einen Moment der Überprüfung eines konzeptuellen Entwurfsansatzes, sondern auch um einen Moment der konkreten und vertieften Auseinandersetzung mit der architektonischen Form bis hin zu ihrer physischen Materialisierung.

Messegelände Frankfurt mit Torhaus West, Juni 2019, Foto (c) Kulturexpress

Die Ausstellung zeigt Zeichnungen und Modelle aus dem Ungers Archiv für Architekturwissenschaft Köln (UAA), die drei Schlüsselwerke aus dieser für das Werk von O.M. Ungers ausgesprochen wichtigen Periode dokumentieren: das Architekturmuseum Frankfurt, die Messe Frankfurt und die Badische Landesbibliothek Karlsruhe. Diese Werke lassen eine große Bandbreite entwurflicher Strategien erkennen, von der zurückhaltenden Assimilation – wie im Fall der Landesbibliothek mit ihrem präzisen Bezug auf den genius loci von Karlsruhe – bis zur kompletten Neuordnung eines großen zentral gelegenen Areals wie im Fall der Messe Frankfurt. Allen Ansätzen jedoch ist die Fähigkeit gemein, einen städtischen Ort zu konstruieren, der in einem umfassenden Sinn nicht nur als realer Ort, sondern auch als „geistiger, geschichtlicher und gesellschaftlicher Raum“ verstanden wird. Es handelt sich um Bauten, die ausgehend von einem thematischen Ansatz auf die Kontinuität der städtebauliche Form abzielen, verstanden als komplexes Ganzes von städtischen Räumen und architektonischen Körpern, und die dem konkreten Programm und dem morphologischen Kontext eine präzise Interpretation geben. Innerhalb dieser allgemeinen Entwurfshaltung weist jedes Projekt eine eigenständige Lösung auf, sowohl im Hinblick auf die baukörperliche Fügung, als auch im Hinblick auf die Raumkomposition: selbst ein relativ kleines Projekt wie das Architekturmuseum zeigt eine ausgesprochen differenzierte Lösung, die in diesem Fall von dem Konzept der Inkorporation ausgeht. Eine besondere Rolle spielt das Fragment, das objet trouvè, das in vielen dieser Projekte erscheint. Das Fragmentarische der städtebaulichen Form wird als Ressource aufgefasst: ein städtischer Ort lebt – so Ungers – »… aus dem Reichtum der Diskontinuität, der Widersprüchlichkeit«. In dieser Logik induziert das Fragment die Dimension der Geschichte, der Erinnerung und des Zufälligen und erlaubt so eine komplexe Interpretation des Ortes ohne sich im Pittoresken oder Zufälligen zu verlieren. Die Mannigfaltigkeit, die bereits als ein zentrales Motiv der Ersten Häuser erscheint, wird als wesentliche Qualität des städtischen Ortes erkannt und gezielt in der architektonischen Form herausgearbeitet und überhöht.

Die Ausstellung Die Konstruktion des städtischen Ortes bildet – nach den Ausstellungen Erste Häuser (2016) und Programmatische Projekte (2018) – den Schlusspunkt einer Reihe von drei Ausstellungen, die das Architekturmuseum Berlin in Zusammenarbeit mit den Archivi Storici des Politecnico di Milano und dem UAA in den letzten Jahren dem architektonischen Werk von O.M. Ungers gewidmet hat.

Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin
in der Universitätsbibliothek
Sekr. A 7
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