EINE NACHT IN HELSINKI Regie: Mika Kaurismäki (Finnland) Langer Abend in der Bar artet aus zu einem Nachtgelage


Kinostart am 20. Januar 2022: Der Film erzählt von drei Männern, die sich bei gutem Rotwein und tiefsinnigen Diskussionen in einer langen Nacht näher kommen. Die Nacht könnte die letzte für diese Bar sein, die aufgrund der Pandemie unter großem finanziellen Druck steht. 

Obwohl die Kneipe eigentlich geschlossen sein müsste, bietet Barmann Heikki seinem Freund Risto, einem Krankenpfleger, den Trost, den er nach einer tragischen verlaufenden Schicht braucht. Er öffnet ihm die Tür und lädt ihn zu einem Glas Rotwein ein. Misstrauisch wird hingegen der Fremde beäugt, der ankommt und auf die Geburt seines Enkelkindes wartet – erst recht, nachdem im Radio von einem Mord in der Gegend berichtet wird. Aber Heikki und Risto haben ihre eigenen Geheimnisse und so könnte die Nacht in der Bar ihnen genau die Therapie bringen, die sie benötigen.

Trotz Rotweinstimmung und Nachtgelage wird auch mit diesem Film das starke finnische Realitätsbewusstsein präsent und das starke soziale Gefüge, welches sich hinter dem Gesicht der arbeitenden Bevölkerung offenbart. Um deren Probleme geht es in diesem Film. Jeder bekommt die Möglichkeit über sein Leid zu klagen, das ist Therapie. Der opulente Barbesitzer spendiert eine Runde oder vielleicht auch zwei.  In einer Ecke steht eine Musiktruhe, die den Sound zum Film mit konzipiert. Mehrere Besucher tauchen des Nachts im Lokal auf. Allesamt Vertraute, Bekannte und Liierte, die sich mit an den Tisch setzen, um sich auf einen gemeinsamen Plausch zu begeben. Dabei werden nicht nur Zärtlichkeiten untereinander ausgetauscht, nein, sondern es geht zur Sache und darum den gesamten Beziehungsmüll, der sich im Laufe der Jahre angesammelt hat, einmal von einer anderen Seite aus zu beleuchten. Das geht von Frau zu Mann und umgekehrt genauso. Was bleibt, ist die Hoffnung auf ein einvernehmliches Ende der Gespräche, woraus jedweder seine Konsequenzen selbst ziehen muss. Das bleibt keinem erspart. Der Film übernimmt diese Rolle jedenfalls nicht. EINE NACHT IN HELSINKI will dem Dialog eine Bühne geben und Zwiesprache zwischen den Verzweifelten halten. Das ist eben existentieller Kaurismäki, dem es nicht an Ironie fehlt wie bei seinem Bruder Aki. Doch das Leben geht auch nach dem Barbesuch weiter wie bisher, soviel ist sicher.  In die Tat umgesetzt werden die Dinge andernorts jedenfalls nicht im Lokal und nicht vor der Tür. 

Die Methodik bei diesem Film war so ganz anders als die konventionelle Art, Filme zu machen, es gab kein geschriebenes Drehbuch – die Geschichte wurde auf den Figuren aufgebaut. Die Schauspieler entwickelten gemeinsam mit dem Regisseur die Hintergrundgeschichten ihrer Charaktere und sie offenbarten weder die Entwicklung der Geschichte noch ihre Hintergründe ihren  Mitschauspielern. Gedreht wurde chronologisch und die Schauspieler mussten die Dialoge entwickeln, während die Kamera lief, was bedeutete, dass sie ziemlich improvisieren mussten, aber die Improvisation war nicht frei wie in einem Jazzsolo, die Schauspieler mussten immer auf ihr Gegenüber reagieren und auf das aufbauen, was die Mitakteure gerade äußerten. Nur der Regisseur wusste, wie die Geschichte enden würde, aber auch er musste sich an das anpassen, was die Schauspieler lieferten. Der Zweck dieser Methode war, die Atmosphäre realer zu gestalten, als ob die Geschichte wirklich passierte. Es war fast so, als würde man einen Dokumentarfilm drehen, auch wenn alles reine Fiktion war. Es ist ein kollektiver Film, der auf ungewöhnliche Weise in diesen außergewöhnlichen Zeiten gedreht wurde.

BESETZUNG

TIMO TORIKKA                                            Juhani
PERTTI SVEHOLM                                       Heikki
KARI HEISKANEN                                       Risto
ANU SINISALO                                             Eeva
PIHLA PENTTINEN                                     Jugendliche
TINNI TORIKKA                                           Jugendliche
ASTA SVEHOLM                                          Jugendliche
SANTTU KARVONEN                                  Jugendliche
AKSELI SVEHOLM                                       Jugendliche

Deutscher Verleih: ARSENAL Filmverleih 
Spieldauer: 90 Minuten
Produktionsland/ Jahr: Finnland 2020

STAB

Originaltitel: Yö Armahtaa
(Gracious Night)
Regie: Mika Kaurismäki
Buch: Mika Kaurismäki
Drehbuch: Mika Kaurismäki, Sami Keski-Vähälä
Produzent: Mika Kaurismäki
Produktion: Marianna Films Oy
Kamera: Jari Mutikainen f.s.c.
Schnitt: Mika Kaurismäki, Eero Tammi
Tongestaltung: Joonas Jyrälä
B-Kamera: Niklas Kanervo
Gaffer: Timo Haapasaari
Originalton: Jussi KraI
Boom Operator: Kasperi Riihimäki
Produktionsmanagerin: Maria Kaurismäki
Picture Post-Production: Post Control – Jukka Kujala (Producer), Marko Terävä (Colour Grading)
Produktionsassistenten: Anna-Maija Kaurismäki, Jonna Salonen

Zur Filmwebsite:  Eine Nacht in Helsinki