Gastland Österreich auf der Leipziger Buchmesse 2023 Kritisch wie komisch, poetisch wie politisch


Rund 200 Autor:innen aus Österreich kommen nach Leipzig, darunter Ana Marwan, Robert Seethaler, Arno Geiger und Teresa Präauer Messestand des Gastlandes spiegelt vielfältige Verlags- und Literaturszene Österreichs wider

Kritisch wie komisch, poetisch wie politisch – so stellt sich das Gastland Österreich in diesem Jahr unter dem Motto „meaoiswiamia“ (mehr als wir) auf der Leipziger Buchmesse vor. Wenn am 27. April die Messetore öffnen, dann können sich die Besucher:innen auf ein opulentes Programm mit rund 110 Veranstaltungen zur Literatur und Kultur am Gastland-Stand, auf dem Messegelände sowie im Stadtgebiet freuen. In Leipziger Museen und Kultureinrichtungen sowie darüber hinaus an vielen Orten in Deutschland und in der Schweiz ist das Gastland bereits seit Wochen mit Ausstellungen, Konzerten und Lesungen zu erleben. Apropos Leipziger Buchmesse: zusätzlich zum Auftritt auf der Messe wird die Schaubühne Lindenfels zur Stadtzentrale des Gastlandes während der Messetage.

In Österreich hat der Gastland-Auftritt einen hohen kulturpolitischen Stellenwert; zur Eröffnung der Leipziger Buchmesse wird Alexander Van der Bellen, Bundespräsident der Republik Österreich erwartet. „Als Leistungsschau der Buchbranche ist die Leipziger Buchmesse weltweit angesehen. Mit dem Gastland-Auftritt Österreichs 2023 bietet sich die Chance, das reiche literarische Schaffen noch sichtbarer zu machen und zusätzliche Möglichkeiten zu schaffen, in die Welt der österreichischen Literatur kopfüber einzutauchen“, erklärt das Staatsoberhaupt.

Eine Bühne für Bücher und besondere Begegnungen

Das Herz des Gastlandes auf dem Messegelände schlägt in Halle 4 Stand D201/E200. Der 400 Quadratmeter große Messestand bildet eine bunte Bühne für starke und neue Stimmen aus dem Gastland und macht mal nachdenklich mal augenzwinkernd Lust auf die Besonderheiten der österreichischen Literatur. Rund 200 Autor:innen aus Österreich werden in Leipzig erwartet und stellen ihre aktuellen Bücher vor, darunter etablierte Schriftsteller:innen wie Raphaela Edelbauer, Franzobel, Arno Geiger, Dževad Karahasan, Michael Köhlmeier, Ana Marwan, Teresa Präauer und Robert Seethaler. Aber auch einer Reihe von in Deutschland noch zu entdeckenden Autor:innen wird hier ein Podium geboten, so etwa Hamed Abboud, Isabella Feimer, Lukas Meschik, Karin Peschka, Rosa Pock oder Simone Schönett. Ebenso präsentiert sich hier die einzigartige österreichische Verlagslandschaft. Von 420 österreichischen Verlagen werden 200 in Leipzig präsent sein, über 60 renommierte Verlage aus dem Belletristik- und Sachbuchsektor sind am Stand des Gastlandes vertreten.

Mehr als das vordergründig Sichtbare: Der Messestand

Das Motto des Gastland-Auftritts „meaoiswiamia“ spiegelt sich auch in der Gestaltung des Messestandes wider und bildet eine Klammer um das Gezeigte. Hier erwartet die Messebesucher:innen mehr als das Altbekannte, mehr als das vordergründig Sichtbare. Schon weithin zu sehen sind die großformatigen Fotografien von Marko Lipuš, die den Stand visuell prägen. Auf seine ganz besondere Art interpretiert der Künstler die österreichische Nationalhymne und setzt sich kritisch mit jenen Bildern auseinander, die Österreich gern von sich selbst in Umlauf bringt. Im Inneren des Standes können die Besucher:innen verborgen und doch sichtbar den Text „Schnee“ von Ilse Aichinger an den Wänden entdecken. Aichinger, eine der wichtigsten deutschsprachigen Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts, steht für eine von Moden jedweder Art gänzlich unabhängige Literatur, in der Ethik und Ästhetik untrennbar miteinander verwoben sind. Ethik und Ästhetik: sie sind auch im Claim des Gastlandes „meaoiswiamia“ nicht voneinander zu trennen.

Der mit österreichischen Landschaftsbildern, dem alpinen Klischee, spielende Stand wurde vom Büro schimek-architektur+kuhlmann auch als ein Ort der Einkehr konzipiert, an dem die Besucher:innen gleichzeitig in die Literatur des Gastlandes eintauchen. „Schauen Sie sich das an!“ heißt die Ausstellung, die Katja Gasser, künstlerische Leiterin des Gastlandes, kuratiert hat. Rund 150 Bücher liegen zum Schmökern bereit – Neuerscheinungen von österreichischen Autor:innen inklusive Besonderheiten aus der österreichischen Verlagsproduktion. In Kooperation mit dem ORF ist die Medienstation entstanden, an der die Ö1-Serie „Die Literatur ist der Sprache Asyl. Erzählszenen der österreichischen Literatur“, alle bisher erstellten Folgen der gemeinsam mit dem ORF-Fernsehen entstandenen Reihe „Archive des Schreibens“ sowie der gesamte „meaoiswiamia“-Literaturpodcast abrufbar sind. Dazu zeigt die Ausstellung „Schräge Striche“ mit 60 Arbeiten von acht zeitgenössischen österreichischen Künstler:innen mit Witz und Tiefgang, wie vielfältig und hochwertig die heimische Bilderbuchillustration ist. Die Ausstellung, die vom Institut für Jugendliteratur erstellt wurde, ist zeitgleich in der Schaubühne Lindenfels und online zu sehen.

Das Gastland Österreich bietet auch greifbare Zeugnisse der österreichischen Literaturlandschaft zum Mitnehmen: An einem Gedichtautomat können sich die Besucher:innen nach Münzeinwurf mit „Liebe aus Österreich“ eindecken: Der ehemalige Kondomautomat ist in seinem neuen Leben mit Poesie gefüllt und enthält Liebesgedichte von österreichischen Autor:innen wie Elfriede Jelinek, Barbara Frischmuth oder Christoph W. Bauer. Ausgewählte Literaturzeitschriften Österreichs, die anlässlich des Gastland-Auftritts teilweise Sondernummern publiziert haben, liegen für die Besucher:innen zum Mitnehmen bereit. Und schließlich bringt das seit Jahren etablierte und beliebte Österreich-Café einen Hauch von Wiener Kaffeehauskultur in die Leipziger Messehalle.

Programm in der Stadt

Im ganzen Stadtgebiet geben zahlreiche Ausstellungen und Veranstaltungen weitere Einblicke in österreichische Kunst, Literatur und Kulinarik. Die Schaubühne Lindenfels bietet ein umfangreiches Programm zum Ausklang des Messetages. Das Programm reicht von der Gala „Werdet Österreicher!“ über die Filmwoche „FURIOSO“ bis zum musikalisch-kabarettistischen Event mit der „Thomas Bernhard Maschine“. 25 unterschiedlichste österreichische Autor:innen werden auf großformatigen Plakaten* in schwarz-weiß Portraits von Fotograf Ingo Pertramer im gesamten Stadtgebiet auf 300 Flächen gezeigt (25. April bis 1. Mai). Versehen mit dem Motto des Gastlandes wird hier die Aussage getroffen: „wir“ stehen stellvertretend für die vielen, die nicht auf den Plakaten zu sehen sind – das, was hier zu sehen ist, ist nur ein Bruchteil davon, was ist. Am Leipziger Hauptbahnhof kommen alle auf ihre Kosten, die wissen möchten, wie das Gastland-Motto richtig ausgesprochen wird. Und kein geringerer als „Der Nino aus Wien“, einer der populärsten und eigenwilligsten jungen Musiker Österreichs wird in den Straßenbahnlinien 14 und 16 auf den Fahrten zum Messegelände und zur Schaubühne Lindenfels zu hören sein. Weitere Informationen samt einem Veranstaltungskalender für die Messetage am Gastland-Stand, in der „Stadtzentrale“ Schaubühne Lindenfels sowie in der ganzen Stadt stehen online bereit unter: www.gastland-leipzig23.at

Statements zum Gastland-Auftritt

„Als Leistungsschau der Buchbranche ist die Leipziger Buchmesse weltweit angesehen. Mit dem Gastland-Auftritt Österreichs 2023 bietet sich die Chance, das reiche literarische Schaffen noch sichtbarer zu machen und zusätzliche Möglichkeiten zu schaffen, in die Welt der österreichischen Literatur kopfüber einzutauchen.“

Alexander Van der Bellen, Bundespräsident der Republik Österreich

„Es ist eine Ehre, als Gastland auf einer der wichtigsten Buchmessen Europas vertreten zu sein. Die Leipziger Buchmesse bietet eine großartige Möglichkeit, zeitgenössische österreichische Literatur und Kunst einem breiten internationalen Publikum zu präsentieren.

Mit unserem vielfältigen Programm bieten wir neue Zugänge: zu einem modernen, offenen Österreich mit einer lebendigen und vielfältigen Buchszene, zu jungen literarischen Stimmen, spannenden künstlerischen Positionen und innovativen Verlagen. Wir freuen uns auf die Begegnung mit Ihnen auf der Leipziger Buchmesse 2023.“

Andrea Mayer, Staatssekretärin für Kunst und Kultur im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS)

„Unser Auftritt bei der Leipziger Buchmesse ist international gesehen Österreichs größte Leistungsschau des Literaturbetriebs seit 1995. Ermöglicht wurde sie durch die aktive Förderung aller Kulturministerinnen und Kulturminister, die seit der Einladung an Österreich Gastland zu sein, im Amt waren. Mein ganz besonderer Dank gebührt der aktuellen Kunststaatssekretärin Andrea Mayer, die unser Gastland-Projekt von Anbeginn begleitet und unterstützt hat. Ich möchte mich aber auch bei Frau Bundesministerin Schmied, den Bundesministern Ostermayer, Blümel, Schallenberg und Drozda sowie Frau Staatssekretärin Lunacek bedanken – einige von ihnen haben als Zeichen der Wertschätzung heuer den Weg nach Leipzig gefunden. Hervorheben möchte ich Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der die Leipziger Buchmesse eröffnen wird. Letztendlich verdanken wir diese Woche unseren Autorinnnen und Autoren, den Verlegerinnen und Verlegern, die ich abschließend in den verdienten Mittelpunkt stellen möchte.“

Benedikt Föger, Präsident des Hauptverbands des Österreichischen Buchhandels (HVB)

„Lange haben wir auf den Gastland-Auftritt Österreich hingearbeitet. Nun kann unser Nachbarland endlich in Leipzig sein kulturelles Feuerwerk zünden. Die österreichische Verlags- und Literaturlandschaft gehörte schon immer fest zu unserer Buchmesse. In den kommenden Tagen aber werden wir hier ein ganz besonders vielfältiges und inspirierendes Fest erleben, mit alten Bekannten und reichlich Neuem und Überraschendem. Unserem Publikum wünsche ich dabei vor allem Spaß, anregende Unterhaltung und viele neue Entdeckungen zwischen Literatur, bildender Kunst, Theater, Film, Kulinarik und Musik.”

Oliver Zille, Direktor der Leipziger Buchmesse

„Es ist, um mit Peter Handkes bekanntem Satz zu sprechen, ‘die Literatur, die das Bild eines Landes bestimmt, gerade indem sie allen fertigen Bildern mit Hartnäckigkeit und sanfter Gewalt widerspricht.’ Das wahrhaft Anti-Totalitäre ist das Nicht-Fixierte: daran glaube ich, davon möge unser Gastland-Auftritt zeugen!” Katja Gasser, Künstlerische Leiterin des Gastland-Projektes „Mit ‘meaoiswiamia’ präsentiert die österreichische Literatur- und Buchbranche eine unglaubliche Vielfalt, die begeistert: fulminant, bunt und erlebnisreich stellt sich Österreich und seine Literatur in Leipzig vor. Wir werden ein Kaleidoskop von Schätzen erleben und entdecken, das in den Bann zieht und hoffentlich breit diskutiert wird. Bei aller Fülle und Freude geht es auch um die Fragen, wie wir in Zukunft leben werden und welche Rolle die Literatur und Kultur dabei spielen kann. Der Österreich-Stand auf der Messe und die vielfältigen Veranstaltungen bieten eine ideale Plattform für einen intensiven Diskurs!“

Verena Brunner-Loss, Mitglied des Beirats, Inhaberin Buchhandlung Brunner/Dornbirn, Vbg.

„Die Literatur wie auch die Straßen sind gastlich, wenn wir in ihnen noch etwas zu suchen haben.” Franziska Füchsl, Schriftstellerin „’meaoiswiamia’ will dem einschlägigen Schlachtruf ‘miasanmia’ entgegenschallen, jener feisten Selbstgerechtigkeit, die außer sich selbst nichts kennen will. Dort, wo alles Ungleiche niedergestampft und schuhgeplattelt, über jegliche Ungereimtheit hinweggeschunkelt und wienergewalzt wird, lehrt uns Dichtkunst, auf jeden Ton und jeden Missklang zu achten. In den vielseitigen Büchern österreichischer Literatur kann nachgelesen werden, wie verkürzt es seit jeher war, das Land und seine Leute auf eine einzige völkische Formel bringen zu wollen.”

Doron Rabinovici, Schriftsteller

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