Barbara Klemm – Frankfurt Bilder Sonderausstellung vom 09. November 2023 bis 01. April 2024 im Historischen Museum Frankfurt, Saalhof 1, 60311 Frankfurt am Main


Barbara Klemm kam 1959 – in ihrem 20. Lebensjahr – nach Frankfurt am Main und lebt seither in der Stadt. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, für die sie von 1970 bis 2005 als Redaktionsfotografin arbeitete, war sie für Politik und Feuilleton zuständig, besonders bekannt sind ihre großformatigen Schwarz-weiß-Fotografien in der Tiefdruckbeilage ”Bilder und Zeiten”. Ihre Einsätze führten sie nach Deutschland und in die ganze Welt. In Frankfurt fotografierte sie für die FAZ nur, wenn die Stadt Schauplatz überregionaler Kulturereignisse war oder sie den Fotografen der Lokalredaktion vertrat. Ihr früher Erfolg als freie Fotografin (vor 1970) ist jedoch eng mit Frankfurter Ereignissen verbunden – wie der Frankfurter Studentenbewegung und NPD-Aufmärschen. Ihre Stadt fotografiert Barbara Klemm seit den 60er Jahren vor allem als aufmerksame Zeitgenossin und Beobachterin der Menschen. Für ihre Bilder von Menschen in Politik und Kultur sowie ihre weltweiten Fotoreportagen ist sie über Deutschland hinaus bekannt und wurde vielfach ausgezeichnet. Diese Bilder sind bereits seit 1969 in zahlreichen Ausstellungen gezeigt worden. Erstmals präsentiert das Historische Museum eine große Ausstellung ihrer Blicke auf Frankfurt. „Barbara Klemm – Frankfurt Bilder“ zeigt ca. 250 ihrer Bilder – als von der Fotografin selbst vergrößerte Barytabzüge.

Römerberg, 1978 © Barbara Klemm, HMF

Barbara Klemm ist die ”teilnehmende Beobachterin”, eine Bildjournalistin mit dem untrüglichen Sensorium für den richtigen Moment (den ”Augenblick”) und das gute Bild – auch wenn es um bloße Zeitgenossenschaft oder ihr persönliches Umfeld geht. Die vielen Straßen-, Stadt- und Menschenbilder aus der ganzen Welt, ihre Reisebilder sind so entstanden: Wenn der Auftrag der Redaktion, der Anlass der Reise, bearbeitet war, behielt sie die Kamera in der Hand. Das gilt auch für ihre Frankfurt Bilder. Ihre Anfänge als Fotografin liegen in Karlsruhe, wo sie aufwuchs: In der Künstlerfamilie von Fritz und Antonia Klemm – er Maler, sie Bildhauerin, und Eltern von sechs Kindern. Schon der Vater, Professor an der Karlsruher Akademie, machte sie mit Fotografie vertraut. Nach früh beendeter Schulzeit lernte sie das fotografische Handwerk (Technik, Licht, Entwicklung etc.) mit einer dreijährigen Lehre im Karlsruher Fotoatelier von Jule Bauer, schloss mit der Gesellenprüfung ab. 1959 zog sie nach Frankfurt und begann ihre Tätigkeit im Dienst der FAZ – allerdings in der Klischeeherstellung und im Fotolabor, noch nicht als Fotografin. Hier im Frankfurt der 1960er Jahre – in der zweifachen Hauptstadt des westdeutschen ”Wirtschaftswunders” und der westdeutschen 4 Studentenbewegung – entwickelte sie früh ihr fotografisches Können, angeregt und gefördert durch den Redaktionsfotografen Wolfgang Haut. Mit ihren Aufnahmen vom NPD-Bundestagswahlkampf im Juli 1969 wurde sie europaweit bekannt: das Bild der feisten, behelmten NPD-Ordner vor dem Cantate-Saal der Frankfurter Volksbühne druckte der Lokalteil der FAZ am 28. Juli 1969, in ”Bilder und Zeiten” wurde es am 9. August 1969 europaweit bekannt: Spiegel, Paris Match und Observer druckten es nach. Und die Bilder wirkten: Sie trugen dazu bei, dass die Partei an der Fünfprozenthürde scheiterte.

Theodor W. Adorno mit Polizisten im Institut für Sozialforschung, 31. Januar 1969 © Barbara Klemm/ HMF

Ihre Bilder von Adorno und Horkheimer im Mai 1969 sowie andere Motive der Studentenbewegung in Frankfurt erlangten ebenfalls schnell nationale und internationale Verbreitung. Anders als die Redaktionsfotografen, die unter ständigem Zeitdruck standen und einen Anlass nach dem anderen abarbeiten mussten, interessierte sich Barbara Klemm für die Anliegen und Aktionen der Studierenden in Frankfurt, sie blieb oft länger bei den Veranstaltungen und Debatten. Dadurch bekam sie andere Bilder als ihre Kollegen.

Alfred Hitchcock im Hauptbahnhof, 1972 © Barbara Klemm, HMF

Die FAZ bot ihr daraufhin 1970 eine Stelle als Redaktionsfotografin an (für Politik und Feuilleton). Ihre ebenso brillanten wie ungewöhnlichen Aufnahmen prägten rasch das Erscheinungsbild der Tiefdruckbeilage ”Bilder und Zeiten”, die der FAZ-Samstagsausgabe bis 2001 beilag. Dadurch gewann sie schon in den 1970er Jahren eine wachsende ”Gemeinde” an Lesern, die mit ihren Bildern zu Fotokennern erzogen wurden. Das breite Interesse für Menschen, die empathische Haltung und das Gespür für den Augenblick und die Komposition: diese besondere Kombination war bereits bei den frühen Frankfurter Aufnahmen der 1960er Jahre da. Sie verließ sie seither nicht mehr und kennzeichnet ihr gesamtes journalistisches und freies Werk als Fotografin.

Janis Joplin, Jahrhunderthalle Höchst, 1969 © Barbara Klemm, HMF

Eine formale Qualität ihrer Bilder ist die Schwarz-Weiß-Fotografie: Die Perfektion der gelernten Fotografin und Laborantin verband sich von Anfang an mit ihrer Virtuosität in der Nutzung sämtlicher Grautöne zwischen dem reinen Weiß und dem tiefen Schwarz. Von den Künstlereltern erlernte sie früh den Aufbau von guten Bildern zu erkennen: Als Reportage-Fotografin musste sie diese Bilder quasi schon sehen, bevor sie diese ”Augenblicke” aufnehmen konnte. Dass sie dabei nie einen Blitz verwendete, anders als so gut wie alle anderen Bildjournalisten, machte ihre Aufnahmen von Anfang an unterscheidbar: Nicht nur wegen der so viel höheren Qualität des natürlichen Lichts, sondern auch wegen der ”Selbstverständlichkeit” der Szenen und Motive, die das Auge des Betrachters sofort erkennt. Barbara Klemm vergrößert ihre Abzüge immer selbst, auf Barytpapier, bis heute. Das Fotopapier wird nicht mehr hergestellt – die letzte mit Mühen ergatterte Charge wird mit dieser Ausstellung verbraucht sein.

Themen der Ausstellung ”Barbara Klemm – Frankfurt Bilder”

Studentenbewegung
Demonstrationen
Ankommen
Arbeit
Auftritte
Geselligkeit
Alter und Jugend
Schaufenster und Kaufhäuser
Buchmesse
Leben auf der Straße
Bühne und Baustelle
Unwirtlichkeit
Gemütlichkeit
Jüdisches Leben
Musikmetropole
Darsteller und Schriftstellerinnen
Menschen in Museen
Parks und Landschaften
Wohnung

Print Friendly, PDF & Email