Sanierungskosten auf beteiligte Eigentümer übertragen bei gemeinschaftlicher Nutzung Rechtsprechung


Der unter anderem für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. März 2024 auf der Grundlage des im Jahr 2020 reformierten Wohnungseigentumsrechts in zwei Verfahren über die Voraussetzungen entschieden, unter denen die Wohnungseigentümer für Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum eine von der bisherigen Kostenverteilung abweichende Kostentragung zulasten einzelner Wohnungseigentümer beschließen können.

Urteile vom 22. März 2024 – V ZR 81/23 und V ZR 87/23     

Sachverhalt

Der Kläger ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Teileigentümer von vier sogenannten Doppelparkern. Aufgrund eines Defekts der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Hebeanlage kann in den Doppelparkern nur jeweils ein Fahrzeug abgestellt werden. Im Juni 2021 beschlossen die Wohnungseigentümer eine Änderung der Kostenverteilung, nach der die Kosten für eine Sanierung und Reparatur der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Teile der Doppelparker nicht mehr wie bisher von allen Wohnungseigentümern, sondern ausschließlich von den Teileigentümern der insgesamt zwanzig Doppelparker gemeinschaftlich zu tragen sind.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger mit der Anfechtungsklage, die in den Vorinstanzen erfolglos geblieben ist. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, will der Kläger erreichen, dass der angefochtene Beschluss für ungültig erklärt wird.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision mit folgenden Erwägungen zurückgewiesen:

Der Beschluss über die Verteilung der für die Doppelparker anfallenden Kosten ist weder nichtig noch anfechtbar. Die Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG begründet die Kompetenz der Wohnungseigentümer, für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine von dem gesetzlichen Verteilungsschlüssel oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung zu beschließen.

Das gilt – entgegen einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht – auch dann, wenn dadurch der Kreis der Kostenschuldner verändert wird, indem Wohnungseigentümer von der Kostentragung gänzlich befreit oder umgekehrt erstmals mit Kosten belastet werden. Dieses im Vergleich zur vorherigen Rechtslage weite Verständnis ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut und steht mit dem gesetzgeberischen Ziel der Regelung in Einklang.

Der Beschluss entspricht auch ordnungsmäßiger Verwaltung. Den Wohnungseigentümern ist bei Änderungen des Umlageschlüssels aufgrund des Selbstorganisationsrechts der Gemeinschaft ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt. Beschließen die Wohnungseigentümer für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Änderung der bisherigen Verteilung, dürfen sie – wie schon nach der alten Rechtslage – jeden Maßstab wählen, der den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und insbesondere nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner führt.

Werden Kosten von Erhaltungsmaßnahmen, die nach dem zuvor geltenden Verteilungsschlüssel von allen Wohnungseigentümern zu tragen sind, durch Beschluss einzelnen Wohnungseigentümern auferlegt, entspricht dies – wie schon nach § 16 Abs. 4 WEG aF – jedenfalls dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die beschlossene Kostenverteilung den Gebrauch oder die Möglichkeit des Gebrauchs berücksichtigt. Daran gemessen ist der Beschluss nicht zu beanstanden. Durch die getroffene Regelung werden nur die Teileigentümer der Doppelparker mit Kosten belastet, die – im Gegensatz zu den übrigen Wohnungseigentümern – auch einen Nutzen aus der Erhaltung des Gemeinschaftseigentums an den Doppelparkern ziehen und denen die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums wirtschaftlich zugutekommt.

Auch das Rückwirkungsverbot gebietet hier keine andere Beurteilung. Denn bei typisierender Betrachtung konnten die Teileigentümer nicht darauf vertrauen, dass die gesetzlichen Öffnungsklauseln dauerhaft unverändert bleiben und die Mehrheitsmacht nicht erweitert wird. Vielmehr muss mit Änderungen gesetzlicher Rahmenbedingungen grundsätzlich gerechnet werden.

Meldung: Pressestelle des Bundesgerichtshofs, Karlsruhe

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