LA BUENA VIDA – DAS GUTE LEBEN (BRD/ CH/ Kolumbien /NL 2014)


Camino Verleih    Spieldauer: 94 Min.    Kinostart: 14. Mai 2015

Zum Trailer:  La Buena Vida   Ein dokumentarischer Film von Jens Schanze

Was den Dokumentarfilm aus dem kolumbianischen Urwald kennzeichnet, ist die Enttäuschung darüber, das am Schluss keine Lösung für die Beteiligten möglich ist. Die Umsiedlung aus dem Urwald steht ihnen quasi ins Gesicht geschrieben. Das soziale Engagement ist getarnt durch Kohleminen-Betreiber. Nicht mehr kämpferisch ist der Widerstand der Indianer, aufgestaute Aggression im Vorstadium kündigt sich an. Das ist pubertär. Das soziale Projekt, an dessen langer Kette an Maßnahmen die Menschen beginnen ihr eigenes inneres Feuer zu verlieren, ist Entfremdung und Entwurzelung gar kein Begriff. Dekadenz des Alltags und Lethargie schleichen sich ein. Inwieweit das Kamerateam selbst Bestandteil dieser Machenschaften ist, bleibt fraglich. Mitunter werden die alten Klischees vom armen Indianer in der westlichen Welt der reichen Industrieländer geschürt, alternativlos ausgeliefert. Das ist beklagenswert und bedauerlich.

Camino Verleih    Spieldauer: 94 Min.    Kinostart: 14. Mai 2015

Zum Trailer:  La Buena Vida   Ein dokumentarischer Film von Jens Schanze 

Was den Dokumentarfilm aus dem kolumbianischen Urwald kennzeichnet, ist die Enttäuschung darüber, das am Schluss keine Lösung für die Beteiligten möglich ist. Die Umsiedlung aus dem Urwald steht ihnen quasi ins Gesicht geschrieben. Das soziale Engagement ist getarnt durch Kohleminen-Betreiber. Nicht mehr kämpferisch ist der Widerstand der Indianer, aufgestaute Aggression im Vorstadium kündigt sich an. Das ist pubertär. Das soziale Projekt, an dessen langer Kette an Maßnahmen die Menschen beginnen ihr eigenes inneres Feuer zu verlieren, ist Entfremdung und Entwurzelung gar kein Begriff. Dekadenz des Alltags und Lethargie schleichen sich ein. Inwieweit das Kamerateam selbst Bestandteil dieser Machenschaften ist, bleibt fraglich. Mitunter werden die alten Klischees vom armen Indianer in der westlichen Welt der reichen Industrieländer geschürt, alternativlos ausgeliefert. Das ist beklagenswert und bedauerlich auch am Film, weil kaum Hoffnung auf Erlösung aus dem Dilemma besteht. Die Dokumentation sieht nicht die Veränderung, um Mißstände auszuräumen und den Gegner mit seinen eigenen Mitteln zu schlagen. 

Jairo Fuentes, der junge Anführer der Dorfgemeinschaft Tamaquito, lebt in den Wäldern im Norden Kolumbiens. Die Natur gibt den Menschen hier alles, was sie zum Leben brauchen. Doch ihre Lebensgrundlage wird durch den Kohleabbau in der Mine «El Cerrejón» zerstört: Das gewaltige Loch, mit 700 Quadratkilometer der größte Kohletagebau der Welt, frisst sich in die einst unberührte Landschaft. Mit der Kohle aus Kolumbien produzieren Kohlekraftwerke in Deutschland und weltweit den Strom, der das Leben schnell, hell und warm macht. Jairo Fuentes will die gewaltsame Vertreibung seiner Gemeinschaft verhindern und stimmt Verhandlungen mit den Betreibern der Mine zu. Die Konzerne versprechen den Wayuu-Indígenas die Segnungen des Fortschritts, doch diese legen keinen Wert auf moderne Häuser und ein so genanntes «besseres Leben».

Wasser ist Leben, doch der Zugang zur lebensnotwendigen Ressource bleibt den Bewohnern nach der Umsiedlung in das neu gebaute Dorf verwehrt. Das wirkt wie ein vorprogrammierter Konstruktionsfehler. Jede juristische Teilnahme scheint der Film missen zu lassen, stattdessen fährt Jairo Fuentes nach Europa, um auch dort Ablehnung für seine Beschwerde einzufahren.  

 

Interview mit Jens Schanze (Auszüge)

Wie kamen Sie auf die Idee, einen Film über eine Zwangsumsiedelung in Kolumbien zu machen?

Der Film erzählt eine besonders absurde und bittere Geschichte des Neokolonialismus: Menschen, die ohne Stromversorgung glücklich leben, müssen ihr traditionelles Leben aufgeben, damit in den Industrieländern das Licht nicht ausgeht. Die Frau eines Schulfreunds, die in der Schweizer Anti‐Kohle‐Szene aktiv ist, hat mich mit der NGO (kurz für Nichtregierungsorganisation) „Arbeitsgruppe Schweiz‐Kolumbien“ zusammengebracht. Deren Mitglieder waren gerade dabei, eine Recherchereise nach Kolumbien vorzubereiten. Nach Europa und insbesondere nach Deutschland wird Kohle aus Kolumbien importiert? Völlig verrückt, dachte ich, bin kurz entschlossen mitgereist und habe mir in dem dortigen Kohleabbaugebiet verschiedene Dörfer angesehen.

Über welchen Zeitraum hat sich das Projekt LA BUENA VIDA – DAS GUTE LEBEN hingezogen?

Die Recherche hat im Sommer 2011 mit meinem ersten Besuch vor Ort begonnen. Es folgte ein Jahr Projektentwicklung und Finanzierung. Im Januar 2013 hielten wir uns das erste Mal zum Drehen in Tamaquito auf – da waren die Verhandlungen zwischen Dorf und Konzern in der entscheidenden Phase. Zu diesem Zeitpunkt war der Film zwar noch nicht voll finanziert, aber wir mussten einfach anfangen. Die zweite Drehphase folgte im Mai 2013 und der Umzug fand dann im August desselben Jahres statt. Im Januar/Februar 2014 sind wir das letzte Mal zum Drehen in Kolumbien gewesen. Und die Szenen mit Jairo auf der Aktionärs‐Versammlung in der Schweiz entstanden im Mai 2014. Schnitt und Postproduktion waren im Januar 2015 abgeschlossen, im Mai 2015 erfolgt der Kinostart. Knapp vier Jahre beträgt die Projektlaufzeit, die Dreharbeiten umfassten knapp 70 Drehtage in einem Zeitraum von 16 Monaten.

Haben Sie jemals versucht, sich bei den Konzernchefs Gehör zu verschaffen?

Nachdem wir uns dafür entschieden hatten, dass Interviews kein Stilmittel in dem Film sein werden, war das eigentlich nie eine Option. Wir haben einmal ein Interview mit Edgar Sarmiento, dem Leiter der Umsiedlungsabteilung von Cerrejón, gedreht. Aber im Schnitt ist es aussortiert worden. Außerdem hatten wir einmal erwogen, mit Ivan Glasenberg, dem Vorstandvorsitzenden (CEO) von Glencore, zu sprechen. Es schien uns aber letztlich nicht wichtig genug, um da viel Zeit und Energie zu investieren. Denn Glasenberg meidet die Öffentlichkeit, es gibt kaum Fotos oder Interviews von ihm. Auf der Aktionärsversammlung in Zug hat er geredet. Es gab also über den firmeneigenen Webcast Material von ihm. Er hat aber nichts gesagt, was es dramaturgisch gerechtfertigt hätte, ihn als Charakter in den Film einzubauen. Und so ist es bei den wenigen Worten von Glencore–‐Präsident Tony Hayward, dem ehemaligen BP–‐Chef, geblieben.

LA BUENA VIDA – DAS GUTE LEBEN endet damit, dass die Wasserversorgung an dem neuen Ort nach wie vor nicht geregelt ist. Hat sich danach etwas getan?

Drei Monate nach Jairos Rede in der Schweiz, also etwa im August 2014, hat Cerrejón plötzlich innerhalb weniger Tage mehrere Pressemitteilungen über Maßnahmen zur Wasserversorgung in dieser Region Kolumbiens, die sie großzügiger Weise in die Wege geleitet haben, herausgegeben. So haben sie Tankwagen mit Wasser und an ihrer Zugstrecke Wasserwaggons abgestellt, wo sich die Menschen etwas abzapfen konnten. Und explizit, was Tamaquito betrifft, hat man eine Meldung veröffentlicht, in der stand ‐ ich zitiere jetzt sinngemäß: „Die Wasserversorgung in dem neuen Dorf ist nicht Teil des Umsiedelungsvertrages gewesen. Wir erklären uns dennoch bereit, Abhilfe zu schaffen.“ Das ist auf eine Art zynisch, die mich nicht kalt lässt. Inzwischen hat Tony Hayward von Glencore plc Tamaquito überraschend einen Besuch abgestattet. Der Chef von BHP Billiton aus Australien war ebenfalls dort. Kürzlich hat der CEO von Glencore Ivan Glasenberg angekündigt, er werde Tamaquito demnächst besuchen. Es war natürlich richtig, was der alte López Epiayu am Ende des Films sagt: „Wir dürfen jetzt nicht still sein, sonst behaupten sie, uns gehe es gut!“ Zum Glück sind sie nicht still geblieben und zwingen damit die Konzerne, genau hinzuschauen und hoffentlich auch endlich zum Handeln.

 

Print Friendly, PDF & Email