Ausdruck des menschlichen Antlitzes steht der Kopf in der bildenden Kunst seit Jahrtausenden im Interesse des Künstlers: die griechische und römische Porträtplastik, die byzantinischen Mosaiken und gotischen Christusbildnisse, Albrecht Dürers und Rembrandts beispiellose Selbstporträts, nicht zuletzt die allgegenwärtige Mona Lisa, die zahllosen höfischen Auftragsporträts des Barock und Rokoko und seit dem 19. Jahrhundert die Charakter- und Milieustudien.
Ausgelöst durch den Vormarsch der Fotografie findet die Bildniskunst in der Moderne neue Aufgaben und neue Formen, Abbild- und Selbstdarstellungscharakter treten in den Hintergrund. Die Abstraktion führt graduell bis zur Unkenntlichkeit; das Bildnis in der Postmoderne bedient sich aller Traditionen.
Was der Kopf in der Kunst wiederzugeben vermag, reicht von der Wiedergabe der äußeren Erscheinung und der Individualität eines Menschen über den Ausdruck psychischer Befindlichkeit bis hin zur Darstellung eines generalisierten Menschenbildes; dem Künstler diente und dient das Selbstporträt als Mittel der Selbstbefragung und der Selbstkritik, aber auch der Selbststilisierung und -inszenierung.
Unter diesen Prämissen ist die Bandbreite der Erscheinungen immens; ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, will die Ausstellung 100 Köpfe, die DIE GALERIE konzipiert hat, wichtige Aspekte akzentuieren; sie versammelt vor allem moderne und zeitgenössische Künstler, denen das Bildnis über Schaffensjahre hinweg stetiges Bedürfnis künstlerischen Ausdruck war und ist, und die eine ihnen eigene Bildsprache dafür gefunden haben.
In rund 100 Varianten an Enface-Ansichten, Halb-, Dreiviertel- und Vollprofilen, Bildnisköpfen, Bildnisbüsten oder Bruststücken von 36 verschiedenen Künstlern, in Holz, Bronze oder Metall, auf Leinwand, Holz oder Papier, von minimalistisch reduziert bis zu veristisch überzeichnet geht die Ausstellung 100 Köpfe der Faszination dieses Themas nach und stellt die unzähligen eigenwilligen Ausdrucksmöglicheiten dar.
Von abstrakt bis darstellend, von veristisch bis expressiv, von selbstkritisch bis selbstbewusst, von privatissimo bis politisch, von regional verwurzelt bis international renommiert, von etwa 1912 bis 2016 – gegensätzliche Positionen ergeben ein Spannungsfeld, in dem die Exponate einen Dialog darüber entfachen, was die bildende Kunst in ihren traditionellen Mittel der medialen Bilderflut der Porträts und Selbstporträts entgegensetzen kann.
Präsentierte Künstler: Horst Antes, Eduardo Arroyo, Francis Bacon, Enrico Baj, Georg Baselitz, Sandra Brandeis Crawford, Michael Croissant, Beate Debus, Max Ernst, Guy Ferrer, Dario Fo, Katsura Funakoshi, Alfred Haberpointner, Johannes Heisig, Martin C. Herbst, Torsten Holtz, Karl Hubbuch, Bernhard Jäger, Horst Janssen, Dietrich Klinge, Eckhard Kremers, Lucebert, Markus Lüpertz, Saša Makarova, André Masson, Igor Mitoraj, Pablo Picasso, Bernd Schwarzer, Volker Stelzmann, Max Uhlig, Andrea Ventura, Reinhard Voss, Andy Warhol, Constanza Weiss, Paul Wunderlich, Klaus Zylla