DER BUCHLADEN DER FLORENCE GREEN Regie: Isabel Coixet (GB) Kinostart: 10. Mai 2018


eine feinsinnig verfilmte Adaption des Romans “Die Buchhandlung” der britischen Schriftstellerin Penelope Fitzgerald, zelebriert die Liebe zur Literatur: Florence Green (Emily Mortimer) hat früh ihren Mann verloren, doch ihre gemeinsame Liebe zu Büchern aller Art lässt sie nicht los. Sie investiert ihr gesamtes Vermögen in die Verwirklichung ihres Traums von einem eigenen Buchladen – ausgerechnet im verträumten englischen Hardborough, Ende der 50er Jahre, wo die Arbeiter dem Bücherlesen skeptisch gegenüberstehen und die Aristokratie energisch vorgibt, was Hochkultur ist und was nicht. Doch trotz aller Widerstände hat sie Erfolg und rasch finden auch progressive, polarisierende Werke wie Nabokovs Lolita oder Bradburys Fahrenheit 451 bei den Dorfbewohnern Anklang. Vor allem der seit langem zurückgezogen lebende Mr. Brundish (Bill Nighy) findet Gefallen am neuen Buchladen und dessen Besitzerin. Doch Florence Greens sanfte Kulturrevolution bleibt nicht unbemerkt: Die alteingesessene graue Eminenz Violet Gamart (Patricia Clarkson) befürchtet einen Kontrollverlust in ihrem Heimatdorf und steht den radikalen Veränderungen mit Argwohn gegenüber. Mit aller Macht versucht sie, Florence Steine in den Weg zu legen und die beiden Frauen beginnen eine Auseinandersetzung über Moderne und Konvention.

Wenn daraus auch ein entzückender Kostümfilm geworden ist, der die 1950er Jahre hervorragend adaptiert, was Sparsamkeit und die Verwendung von Behelfsmitteln angeht, obwohl der zunehmende Wohlstand in diesen Jahren bereits aufkeimt und allmählich Früchte trägt. Ein Indiz ist die kleine Buchhandlung und deren Geschäftstüchtigkeit.  Ein wenig ist auch Staffage dabei, wenn die puritanische Strenge und die feine englische Art dominieren und die Dorfbewohner zu mehr Etikette auffordert, was in Wirklichkeit vielleicht nicht so streng gewesen sein mag. Zum Glück wohnt dem Eigenwitz inne. 

Poster

Es gehört viel Mut dazu, in einem so einsamen Fleckchen wie Hardborough inmitten der windgepeitschten Seenlandschaft Ostenglands einen Buchladen eröffnen zu wollen. Florence Green jedoch, die literaturverliebte und zielsichere Protagonistin, wagt genau dieses Abenteuer. Für sie ist ein Buch wie ein großes, unbekanntes Haus, das man im Lauf der Lektüre durchwandert und in dem man sich ein neues Zuhause schafft. Doch die Fischer in Hardborough scheren sich eher um den nächsten Fang und weniger um den wohlgeformten Klang der Worte. Hier gibt es weder Theater noch Kino und die meisten Dorfbewohner haben nun wirklich genug Probleme, mit denen sie sich herumschlagen müssen. Einen Roman zu lesen, wäre das Letzte, das ihnen in den Sinn käme. Bücher neigen schließlich dazu, nach getaner, harter Arbeit eine einschläfernde Wirkung zu entfalten. Und wie jeder weiß, gibt es nur einen Menschen in Hardborough, der Erfüllung darin findet, sich mit Unmengen an Büchern in seinem abgelegenen Anwesen zu verschanzen und sich voll und ganz der Lektüre hinzugeben: der einsilbige und misstrauische Mr. Brundish, den man nur ab und zu am Ufer seine einsamen Runden gehen sieht und um den sich die wildesten Gerüchte ranken.

 

So recht können es die Alteingesessenen noch nicht glauben, dass ihr von allen guten Geistern verlassenes Fleckchen Erde demnächst wieder mit Kultur gesegnet werden soll. Und so richtig wollen sich weder der kartoffelköpfige Bankberater noch der gerissene Anwalt vorstellen, dass diese zarte Florence Green die Kraft und den Willen mitbringt, um es mit den renitenten und der Literatur entwöhnten Dörflern aufzunehmen. Denn begeistert sind wahrlich nicht alle in Hardborough. Allen voran die aristokratische Lady Gamart, die so ziemlich alle öffentlichen Fäden, die Hardborough durchziehen, in ihren ringgeschmückten Händen hält. Doch Florence wird der Kredit für den Kauf des verwunschen wirkenden Hauses bewilligt. Nach Abschluss der Versicherung zieht die junge Frau mit ihrem ganzen Hab und Gut und beladen mit zahllosen Bücherkisten in ihr neues Domizil. Das Old House, wie es im Dorf respekt- und liebevoll genannt wird, ist wie gemacht für Florence’ großen Traum: ein Haus voller Vergangenheit und Charakter. Es bedarf einiger Renovierungsarbeiten und zahlreicher helfender Hände, um das Haus bewohnbar zu machen und den Buchladen in die richtige Form zu bringen. Je näher die Eröffnung rückt, desto größer wird die Neugier der Nachbarn. Florence wird sogar von Lady Gamart zur alljährlichen Frühlingsparty eingeladen – dem gesellschaftlichen Ereignis überhaupt. Doch die Einladung dient nur als Vorwand, um mehr über diese Florence Green und ihr „Unterfangen Buchladen“ zu erfahren. Denn unter den Gebildeten und Mächtigen gibt es für das Old House bereits ganz andere Pläne. Lady Gamart hat ihre eigene Vision für das historische Gebäude, das Florence erstanden hat und in dem sie zum großen Schrecken der Aristokratin sogar schon wohnt. Ein Kulturzentrum soll daraus entstehen – geplant, gestaltet und kuratiert von Lady Gamarts Protegé Milo North. Ein Buchladen, in dem sich jeder nach eigenem Gutdünken und, schlimmer noch, auf Empfehlungen von Florence Green, kulturell selbst versorgen kann, ist ihr im höchsten Maße suspekt. Und Florence erweist sich als dickköpfig genug, um Lady Gamarts kultureller Deutungshoheit in Hardborough ernsthaft Konkurrenz machen zu können. Von Gamarts Anfeindungen gänzlich unbeeindruckt, lässt sich Florence durch nichts aus der Ruhe bringen. Sie sortiert weiter Bücher, dekoriert das Schaufenster und füllt die Regale. Je mehr Bücher ihren Platz finden, desto sorg- und furchtloser wird Florence Green. Ausgerechnet der Eigenbrötler Mr. Brundish lässt ihr per Briefboten ausrichten, dass er frische Literatur, empfohlen von Florence Green, zu bestellen wünscht. So gerät Florence nicht nur an ihren ersten Kunden, sondern lernt auch ihren wichtigsten Verbündeten kennen.

Zur Website: Der Buchladen der Florence Green

Als endlich der Tag der Eröffnung gekommen ist, finden sich selbst der Bankberater und Florence‘ Anwalt unter den neugierigen Kunden. Ob mit Fahrenheit 451, Gedichten von Philipp Larkin oder mit Mary Shelleys Werken – der Buchladen im Old House fährt die ersten, bescheidenen Erfolge ein. Als Unterstützung im Laden meldet sich das junge Arbeitermädchen Christine, das zwar keine Lust aufs Lesen hat, aber vor- 6 laut genug ist, um sich die Zuneigung von Florence Schritt für Schritt zu erobern. Zur allgemeinen Verwunderung zeigt sich sogar der menschenscheue Mr. Brundish plötzlich von seiner sozialen Seite und lädt Florence auf sein elegisches Anwesen zum Tee ein, was bei den Dorfbewohnern als waschechte Sensation gilt.

Doch je mehr Kunden der neue Laden anzieht, desto weniger erfreut ist Lady Gamart, die das Treiben mit Argusaugen beobachtet. Über den Lokalschriftsteller Mr. North spielt sie Florence die erste Ausgabe von Nabokovs Lolita zu, wohlwissend um das Skandalpotential, das in diesem Text steckt. Auch Florence ist sich bewusst, welche Reaktionen der Verkauf dieses Buches in einem kleinen Dörfchen wie Hardborough auslösen kann. Bevor sie das Werk in größerer Stückzahl bestellt, bittet sie Mr. Brundish um seine Einschätzung. Der gemeinsame Glaube, dass die Lektüre eines solch frivolen Buches den Dorfbewohnern ganz gut tun würde, stiftet eine komplizenhafte Nähe zwischen den beiden. Das Kalkül von Lady Gamart scheint zunächst aufzugehen. Die Dörfler empören sich nur lustvoll über das skandalöse neue Buch im Schaufenster, anstatt es zu kaufen. In Kollaboration mit Florence Greens verräterischem Anwalt nimmt ein unheilvolles Manöver seinen Lauf: Lady Gamart beklagt die öffentliche Ruhestörung, die das Buch in Hardborough auslöst, doch Florence weiß sich abermals zu wehren.

So ist die Wut groß bei Lady Gamart und die Giftpfeile werden ein weiteres Mal angespitzt. Sie will ihren Einfluss beim Gesetzgeber für ihre Zwecke nutzen und Florence den Buchladen mit Gewalt entziehen. Gerechnet hat sie nicht mit der tiefen Freundschaft, die zwischen Mr. Brundish und Florence Green entstanden ist. Und noch viel weniger mit den tiefen Spuren, die Florence Green und ihr Buchladen schon jetzt in Hardborough hinterlassen haben.

Cast

Florence Green……Emily Mortimer
Edmund Brundish ….Bill Nighy
Violet Gamart…….Patricia Clarkson
Milo North……….James Lance
General Gamart……Reg Wilson
Christine ……….Honor Kneafsey
Mr. Raven………..Michael Fitzgerald
Mr. Keble………..Hunter Tremayne

Crew

Buch und Regie……Isabel Coixet
Nach dem Roman von..Penelope Fitzgerald
Kamera…………. Jean-Claude Larrieu
Schnitt………….Bernat Aragonés
Szenenbild……….Llorenç Miquel
Kostüm…………..Mercè Paloma
Maske……………Montse Sanfeliu
Musik……………Alfonso de Vilallonga
Produzenten…….. Jaume Banacolocha, Joan Bas, Adolfo Blanco, Chris Curling
Koproduzenten…….Jamila Wenske, Sol Bondy
Ausführende Produzenten……….. Albert Sagalés, Paz Recolons, Fernando Riera,
Manuel Monzón
Ko-Ausführende Produzenten….. Thierry Wase-Bailey, Henriette Wollmann
Eine Produktion von………….A Contracorriente Films, Diagonal TV, Zephyr Films
In Koproduktion mit………….One Two Films, Saarländischer Rundfunk in
Zusammenarbeit mit Arte
Mit Unterstützung von ……… ICAA, ICEC, UK Tax Credit, Northern Ireland Screen,
Coficine, Saarländischer Rundfunk, Arte, TVE, Moviestar+

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