MILLA MEETS MOSES Regie: Shannon Murphy (Australien) Einfühlsam beobachtet Shannon Murphy in ihrem Filmdebüt, wie eine seltsam neurotische Familie langsam zusammenkommt und gemeinsam Trost findet


Ab 08. Oktober 2020 im Kino: Voller Energie und ansteckender Lebenslust ist Shannon Murphy mit MILLA MEETS MOSES nicht nur ein hervorragendes Debüt gelungen, sondern auch ein sehr heller und sehr komischer Film. Vater, Mutter, Milla und Moses suchen nach ihren eigenen Wegen, mit Millas Krankheit umzugehen. Dass sie dabei auch immer wieder nachvollziehbar scheitern dürfen, zeichnet Shannon Murphy als große Humanistin aus. Moses ist der Freund Millas, anfänglich nur ein ungebetener Gast in einer gutsituierten Familie. Millas Vater ist von Beruf Arzt. Das Wohnhaus in dem die Familie lebt, zeugt von einem guten Geschmack. Kritik und Anziehungspunkt für Auseinandersetzungen bietet allein die unpassende Beziehung zwischen Milla und Moses. Doch Millas Familie ist zu allem bereit und gewährt dem jungen Mann Tür und Hof, um damit das leicht erschütterbare Herz von Milla zu gewinnen. 

Filmposter

Der Umgang mit Millas Krankheit durchzieht den gesamten Film wie eine Perlenschnur, wird dem Zuschauer aber auf äußerst schonendem Wege beigebracht, ohne dass eine bedrohliche Vorahnung über deren Verlauf entsteht. Das ist die außerordentliche Leistung des Films, der spielerisch ein Grundproblem im menschlichen Auskommen aufzeigt und dazu auf wunderbare Weise betitelt. MILLA MEETS MOSES beeinflusst das Gemüt auf das Positivste und erschreckt zugleich die Gemüter, so als wäre dies eine Reifeprüfung, welche die Akteure gemeinsam in einem Reifeprozess selbst durchstehen. Die Handlungen sind offen und zu jedem Experiment bereit. Das Gegenteil der kleinbürgerlichen Seele offenbart sich im australischen Familiendrama, als sei aus freien Stücken gesprochen worden, direkt an den Zuschauer gerichtet. Doch gibt es auch Kritikpunkte, mit welchen Mitteln Millas Vater die Harmonie erreicht: Millas Vater ist Arzt, der verschreibungspflichtige Medikamente per Rezept an jeden Bedürftigen ausstellen kann. Er nutzt diesen Vorteil als Mittel der Protektion, um sich Einwilligung und Verständnis aus Moses widerspenstiger Natur zuzusichern.        

Das Drehbuch zum Film basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück “Babyteeth” von Rita Kalnejais, das seine Weltpremiere im Wettbewerb bei den Filmfestspielen in Venedig im Rennen um den Goldenen Löwen feierte. Toby Wallace wurde dort für seine Darstellung des Moses mit dem Preis für den Besten Nachwuchsdarsteller ausgezeichnet. „Als ich das Stück zum ersten Mal sah, war ich völlig hingerissen von seinem frechen, furchtlosen Tonfall“, sagt die Produzentin Alex White. „Es ist ein hartes Thema, aber es wird auf sehr einfühlsame und humorvolle Weise behandelt. Das Publikum lacht über die tragikomischen Situationen und lernt dabei, die Liebe in all ihren Formen zu achten.“

Millas Vater Henry (Ben Mendelsohn) von Beruf praktischer Arzt, der je nach häuslichem Bedarf Medikamente verschreibt, Foto (c) Lisa Tomasetti

T E C H N I S C H E D A T E N
Australien 2020
Länge: 118 Minuten
Bildformat: 1,66:1 (2K)
Tonformat: 5.1
Originaltitel: Babyteeth
Verleih: X-Verleih

Regisseurin Shannon Murphy: „ging es bei MILLA MEETS MOSES darum, eine Filmsprache zu finden, die genau den emotionalen und ehrfurchtslosen Ton von Rita Kalnejais’ messerscharfem Skript trifft. Mich hat die Herausforderung gereizt, den Humor und den Schmerz in jeder Einstellung neu auszutarieren.

Dabei konnte es keine halben Sachen geben – unsere Protagonistin, die 15jährige Milla, musste authentisch sein, um glaubhaft darzustellen, wie es ist, sich so lebendig zu fühlen wie nie zuvor, aber dann ganz abrupt auf ihre eigene Sterblichkeit gestoßen zu werden.

Zur Sprache des Films gehört es, die Illusion der Filmerzählung an vielen Stellen zu durchbrechen, sei es durch Text, Musik oder das Wegnehmen der „vierten Wand“, die den Zuschauer vom Geschehen trennt.

Auf diese Weise erleben wir mit, wie Millas Geschichte immer mehr Tempo aufnimmt. Milla verliebt sich in Moses – für sie bietet er die beste Möglichkeit, ihre Grenzen auszutesten und diese auch zu verschieben. Dabei dringen wir auch tiefer in das Leben von Millas Eltern ein und erleben die Spannungen und die Dysfunktionaltät einer Familie, die sich der Realität stellen muss.

Ich hoffe, dass die Zuschauer mit MILLA MEETS MOSES eine intensive, tiefgehende Erfahrung machen, nach der sie besser verstehen, wie sie ihre eigenen Beziehungen gestalten wollen und was sie von diesen erwarten.“

Der Film wurde komplett on location in Sydney gedreht, aber anstatt die „typischen“, weltweit bekannten Ansichten zu zeigen, wollten die Filmemacher vielmehr die Essenz der Stadt einfangen.
Da ein großer Teil der Geschichte im Haus der Finlays spielt, war es extrem wichtig, dafür die exakt richtige Location zu finden. Das Haus im Vorort St. Ives zu finden, stellte sich als überraschend einfach heraus, wie White erzählt: „Wir haben uns exakt ein Haus angeschaut, waren sofort begeistert und haben darin den Großteil der Szenen gedreht. Es musste sich wie ein Ort anfühlen, an dem die Familie schon lange lebt. Die Frau, der das Haus gehörte, hatte es selbst gebaut und dort ihre Kinder aufgezogen. Es steckten also sehr viele Emotionen in dem Gebäude.“

Dieser Ort war perfekt für die Figur Milla und ihre Gefühle. Wie Regisseurin Shannon Murphy erklärt: „Ich habe am Haus ganz besonders den verglasten Innenhof geliebt. Man sieht ihn an sehr prominenter Stelle in vielen Einstellungen. Man kann dem Glas nicht entkommen. Wir sprachen sehr lange darüber, dass Milla sich wie ein Vogel fühlt, der in diesem Glaskäfig gefangen ist. Auch wenn es sich im Inneren warm und einladend anfühlt – wie ein Ort, an dem man gerne sein möchte, gibt es für sie nichts Wichtigeres, als diesem Käfig zu entkommen. Das alles konnte uns das Haus bieten.“

Wie das Haus der Finlays sagt auch die Wohnung von Gidon, Millas Geigenlehrer, viel über seine Bewohner aus. In Gidons Wohnung, die sich in einem Wohnblock im Vorort La Perouse befand, bekommt sie Musikunterricht, aber noch viel mehr als das. „Es ist sozusagen „Gidons’ Schule des Lebens“.

B E S E T Z U N G
MILLA FINLEY  –  ELIZA SCANLEN
MOSES  –  TOBY WALLACE
ANNA FINLAY  –  ESSIE DAVIS
HENRY FINLAY  –  BEN MENDELSOHN
TOBY  –  EMILY BARCLAY
GIDON  –  EUGENE GILFEDER
u.v.a.
S T A B
REGIE: SHANNON MURPHY
DREHBUCH: RITA KALNEJAIS
PRODUZENTEN: ALEX WHITE
EXECUTIVE PRODUCER: JAN CHAPMAN
BILDGESTALTUNG: ANDREW COMMIS, ACS
MONTAGE: STEVE EVANS
PRODUKTIONSDESIGN: SHERREE PHILIPS
KOSTÜMBILD: AMELIA GEBLER
MASKENBILD: ANGELA CONTE
SUPERVISING SOUND EDITOR: ANGUS ROBERTSON
MUSIK: AMANDA BROWN
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