Im Kino: Die siebzehnjährige Anna (Lea Freund) aus Holzminden in Westdeutschland fährt mit einer kirchlichen Jugendgruppe zum Begegnungstreffen nach Ostberlin. Dort lernt sie Philipp (Tim Bülow) kennen. Es ist Liebe, die wie auf den ersten Blick funktioniert, im Film immer leicht zu bewältigen und einfach darstellbar. Doch die schwer verliebten Teenager aus Ost und West werden bald wieder getrennt und zwar durch Angehörige der NVA und durch die scharf bewachte deutsch-deutsche Grenze. Nicht nur die Mauer steht im Weg, Annas skeptische Eltern (Franziska Weisz u. Fritz Karl) reagieren unwillkürlich mit Verboten. Die heimlichen Besuche ihrer selbstbewussten Tochter bleiben auch der Stasi nicht verborgen. Die Ereignisse nehmen eine höchst dramatische Wendung. Dabei wird auch nicht mit drastischen Ereignissen gespart, um den Kontrast zwischen emotionaler Innen- und gefährlicher Außenwelt zu erhöhen.
1989 fällt die Mauer und die Liebe ist keine mehr wie sie war, sondern sie hat sich neue Wege gesucht in einem anderen Land und mit anderen Fragen. Mit Lea Freund und Tim Bülow stehen zwei erstklassige Nachwuchsdarsteller vor der Kamera von Bella Halben. Es ist schon eine herausragende Leistung für so junge Menschen, die Zeit, wie sie damals herrschte, nachzuempfinden. Trotz aller Aufruhr bei Philipp und Kollegen fehlt mir im Film aber die tatsächliche Form der Unterdrückung, die tagtäglich vom DDR Staat und seiner Existenz ausging. Das war kein befriedigendes Leben in der Ostzone, zumindest konnte sich jemand, der nach Ostberlin fuhr und auf Besuch war, wie in einem großen Zoo fühlen. Die Grenze zwischen beiden deutschen Staaten war nicht wirklich ernst zu nehmen, um so gefährlicher war sie für den, der sie überschreiten wollte. Gleichwohl waren die Grenzkontrollen streng, waren gleichermaßen demütigend für West und Ost.
Schließlich stand sich der Klassenfeind gegenüber, Kriegsdruck war gegeben, das galt besonders in Bezug auf den ungesicherten Status von Berlin. Die DDR hätte jederzeit den Versuch unternehmen können, West-Berlin einzunehmen, um die Kontrolle zu haben und die Hoheit über das Territorium zu übernehmen. Sowas geht nicht spurlos vorüber, wenn sich der rebellische Pfarrerssohn Philipp auch heroisch zeigt. Die Demütigung durch DDR-Grenzkontrollen werden im Film nicht wirklich getroffen, es ist nur ein Abklatsch davon. Philipp hat mit seiner rebellischen Klicke zu tun und scheint in seiner Haltung gegen den DDR-Staat nahezu autonom zu sein, so als wäre er schon hinter der Grenze und stünde nicht davor. Nein, die DDR wollte vollwertig sein und lies dies seine Bürger spüren, physisch wie psychisch. Zum Glück hat die Geschichte einen anderen Verlauf genommen durch die deutsch-deutsche Einigung nach 1989 hin zu einem viel Besseren.
Zur Filmwebsite: Zwischen uns die Mauer Spieldauer: 110 Minuten FSK: ab 6 Jahren Verleih: Alpenrepublik Filmverleih Kinostart: ab 03. Oktober 2019
Der Film ist nach dem autobiografisch verfassten gleichnamigen Roman von Katja Hildebrand entstanden und bei Thienemann und Ernst Klett erschienen. Der mehrfach preisgekrönte Regisseur Norbert Lechner erzählt mit „Zwischen uns die Mauer“ die Geschichte einer jungen Liebe im geteilten Deutschland.
Ein vergleichbarer Film, der die deutsch-deutsche Grenze zum Aufhänger hat, ist ADAM & EVELYN (2018) in der Regie von Andreas Goldstein. Hier wird die Konfrontation nicht unmittelbar an der Berliner Mauer ausgetragen, sondern der Umweg über Ungarn gegangen als Urlaubsfahrt getarnt mit der Einreise nach Österreich. Es geht auch nicht so sehr um den Dialog zwischen Ost und West, sondern um die Verwirklichung nicht erfüllter Träume der Ostbürger, die im Westen einfacher umzusetzen waren. Ein Film, der vielmehr seinen untergründigen Humor ausspielt.
Vor der Kamera:Anna Lea Freund |
Hinter der Kamera:Produzent & Regie Norbert Lechner |