DER GEHEIME GARTEN Regie: Marc Munden (GB) Zauberhafte Fantasy-Verfilmung des literarischen Stoffes aus dem Jahre 1911

Kinostart ab 15. Oktober 2020: Das bezaubernde kleine Mädchen mit Namen Mary Lennox, gespielt von Dixie Egerickx, ist von Beginn an das kämpferische als auch selbstverständlich privilegierte, emotional vernachlässigte Mädchen, wie aus dem gleichnamigen Roman “Der Geheime Garten” der englischen Schriftstellerin Frances Hodgson Burnett bekannt.

Die Buchversion wurde schon mehrfach adaptiert, darunter zahlreiche Theaterstücke, ein BroadwayMusical, vier Fernsehserien und vier Filme. Die Geschichte hat eine zeitlose Kraft, die den Zuschauer immer wieder aufs Neue anzieht und fasziniert. Die Schriftstellerin Alison Laurie hat es so erklärt: „Frances Hodgson Burnett ist es gelungen, eine dieser Geschichten zu erzählen, die verborgenen Fantasien und Sehnsüchten Ausdruck verleiht; Geschichten, die kollektive Träume einer ganzen Gesellschaft sind und unabhängig vom kommerziellen Erfolg ein Teil der Populärkultur werden.“ Tatsächlich steckt etwas ganz Einfaches und doch Universales in der Idee eines geheimen Gartens – und eines einsamen Mädchens in einem winterlich anmutenden Haus, das auf diesen versteckten Garten stößt ein verlorener Ort mit der Fähigkeit, ihr Leben mit Hilfe von Natur und Freundschaft wiederherzustellen und zu heilen. Es ist eine der großen Geschichten, die Erlösung und Befreiung verspricht.

Literarisch betrachtet gibt es viele ähnliche Werke, die sich mit kleinen Mädchen befassen und den Leser in ein zauberhaftes Fantasy-Abenteuer mitnehmen. Doch bei Mary in “Der Geheime Garten” kommt zusätzlich die Fähigkeit einer heilenden und verbindenden Kraft hinzu, wie aus der  Romanerzählung “Heidi” der Schweizer Autorin Johanna Spyri, die aber nicht so sehr von einer geheimen Fantasiewelt lebt, als vielmehr auf unterschiedlichen Verortungen und dem Wechselspiel zwischen Stadt und Land beruht. In “Der Geheime Garten” spielen Elemente aus dem Jugendstil eine Rolle, der Anfang des 20. Jahrhunderts besonders in England seine Blütezeit erreichte. Der Film bietet jedoch einige Merkwürdigkeiten, so wird einmal das Jahr 1947 und die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Pakistan und Indien erwähnt, was die Unabhängigkeit Indiens von der englischen Kolonialmacht zur Folge hatte. Welche Bedeutung diese Verfremdung haben soll, ist nicht ohne weiteres plausibel zu erklären und liegt vielleicht in der ursprünglichen Herkunft von Mary Lennox aus Indien begründet. Filmische Freiheiten in Filmadaptionen halte ich immer für ein gewagtes Spiel mit der literarischen Vorlage. In diesem Beispiel scheint mir die Adaption aber gelungen zu sein. Um den geheimen Garten so phantasievoll wie möglich zu gestalten, sind viele Szenen kunstvoll animiert und bis ins Übernatürliche verfremdet worden. Beinahe paradiesisch mutet der versteckte Garten an. Viele Motive aus der Märchenwelt wurden verwendet, wie der verborgene Schlüssel in einem Baumstamm oder ein einheimischer Singvögel aus der freien Natur, der als tierischer Bote nur im Märchen die Nähe zu den Menschen suchen würde.