Ab 03. Dezember im Kino: Regisseurin Iciar Bollain und ihre Koautorin Alicia Luna haben eine lebendig, inspirierende und strahlende Frauenfigur geschaffen, die seinesgleichen sucht. Sie entwirft ein lebensnahes Portrait, wie es das Leben schreibt. Zumal der Film voll und ganz in einer spanisch mediterranen Tradition steht und eine positive Stimmung überwiegt. Eine Frau erzählt ihre Geschichte mitten aus dem Leben.
Kurz vor ihrem 45. Geburtstag beschließt Rosa, dass es Zeit für einen radikalen Wandel in ihrem Leben ist. Immer hat sie für die anderen gelebt, in ihrem Job als Kostümbildnerin bis zum Umfallen gearbeitet, den Vater zum Arzt begleitet, sich um die Kinder ihres Bruders gekümmert. Knall auf Fall verlässt sie Valencia, um sich im alten Schneiderladen ihrer Mutter im kleinen Küstenort Benicassim den Traum vom eigenen Atelier zu erfüllen.
Aber es ist nicht so leicht, das Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Ihr Vater, die Geschwister, ihr Freund und ihre Tochter, alle mit eigenen Plänen und Problemen: Das Handy hört gar nicht mehr auf zu klingeln. Rosa beschließt, ein Zeichen zu setzen: Sie will heiraten. Und diese Hochzeit wird eine ganz besondere sein.
Am Anfang von ROSAS HOCHZEIT stand ein Artikel im Guardian über eine japanische Agentur, die auf die Organisation ungewöhnlicher Hochzeiten spezialisiert war: Trauungszeremonie, Eheversprechen, Gäste, Fotos … allerdings ohne Partner oder Partnerin. Es ging um Hochzeiten mit sich selbst. Gemeinsam mit der Autorin Alicia Luna, mit der Iciar Bollain schon die Drehbücher zu TE DOY MIS OJOS und AMORES QUE MATAN geschrieben hatte, fing die Regisseurin an, sich mit dem Phänomen der Selbstheirat zu beschäftigen.
„Als wir anfingen zu recherchieren, haben wir bald festgestellt, dass diese Hochzeiten mit sich selbst seit Jahren weltweit verbreitet sind“, erzählt Iciar Bollain. „In Spanien trafen wir uns mit einer wunderbaren Frau, May Serrano, die sich vor Jahren selbst geheiratet hatte und seitdem diese Art von Hochzeiten organisiert. Sie erzählte von ihren Erfahrungen und brachte uns in Kontakt mit anderen Frauen. Es hat uns sehr geholfen, von diesen Frauen zu erfahren, wie sich das für sie anfühlte und was ihre Motivationen waren.“
Die Reaktionen auf das Thema fielen in ihrem Umfeld zunächst eher skeptisch aus, erinnert sich Iciar Bollain. „Sie fanden das eher exzentrisch, manche hielten die Idee einer Selbsthochzeit für Unsinn, andere wollten gar nicht glauben, dass es so etwas gibt. Begreiflich zu machen, warum Rosa diesen Weg einschlägt, war deshalb eine der großen Herausforderungen beim Schreiben.“ Das Drehbuch von ROSAS HOCHZEIT entstand, parallel zu Iciar Bollains letztem Film ‚YULI‘, über mehrere Jahre.
Schon der Film ‚YULI‘ ist ein bedeutender Tanzfilm, der die Lebensgeschichte eines talentierten Bühnentänzers lebensecht und voller Euphorie erzählt und die Zuschauer miterleben lässt. Auch der chilenische Film ‚EMA – SPIEL MIT DEM FEUER‘ (2020) von Regisseur Pablo Larraín zeichnet eine ungewöhnliche Lebensgeschichte nach, die voller Freude ist und dennoch den Kampf mit der Lebenswirklichkeit nicht aufgibt. Wobei die spanische Perspektive eine ganz besondere Rolle spielt im Umgang mit den alltäglichen Dingen und familiären Zusammenhängen. In ‚ROSAS HOCHZEIT‘ geht es noch viel mehr um die Fixierung auf ein Gelingen des Vorhabens und um eine glückliche Familie. Es geht nicht um Zerrissenheit und Verzweiflung sonst ein Kennzeichen der menschlichen Existenz, sondern darum ein glaubwürdiges Konzept im Leben zu haben, wozu eine Vermählung als Akt der Freude dazuzählt, um sich in einer Gemeinschaft und in dessen Kreis der Zugehörigkeit einmal zu beweisen.
Zur Idee der Selbsthochzeit kam als Inspiration die Geschichte einer Frau hinzu, die in ihrem Heimatdorf in Andalusien die alte Schneiderei der Familie wieder eröffnet hatte und ihre Mode vor allem über das Internet verkaufte. „Wir haben dann eine Geschichte geschrieben, die nahe an unserer eigenen Wirklchkeit war: Eine Frau in den Vierzigern, die sich fragt, ob ihr Leben so ist, wie sie es will, oder so, wie es den anderen gefällt. Um diese Frau herum haben wir dann die anderen Figuren und die Familie entwickelt.“
Tatsächlich spielen die Familie und die Beziehungen der einzelnen Familienmitglieder zueinander im Laufe des Films eine immer größere Rolle. „Das sind alles großartige, sympathische Menschen, es gibt viel Liebe in dieser Familie, aber jeder hat sein eigenes Leben“, sagt Iciar Bollain.