Das Kunstmuseum Basel zeigt in der ersten großen Ausstellung der Schwarzen amerikanischen Künstlerin Kara Walker (*1969) in der Schweiz über 600 noch nie gezeigte Papierarbeiten aus ihrem persönlichen Archiv. Diese Werke, die in den letzten 28 Jahren entstanden sind, werden neben brandneuen Zeichnungen präsentiert, die sich mit zeitgenössischen Themen wie dem Erbe Barack Obamas auseinandersetzen.
Kara Walker zählt zu den profiliertesten Kunstschaffenden der USA. Mit traditionellen künstlerischen Techniken und außergewöhnlicher Raffinesse schafft sie provokative Werke, die sich mit Geschichte, Rassenbeziehungen, Geschlechterrollen, Sexualität und Gewalt befassen. Walker bietet keine Versöhnung mit der Vergangenheit an, sondern fordert den Betrachter auf, etablierte Erzählungen und festgefahrene Mythen in Frage zu stellen. Schonungslos analysiert sie tief verwurzelte Konflikte und anhaltende soziale Missstände. Angesichts der Bewegung Black Lives Matter, die im Lichte jüngster Ereignisse auch vermehrt ins allgemeine Bewusstsein rückte, ist Walkers Werk heute aktueller denn je.
PDF-Übersicht ausgestellter Werke…
Mitte der 1990er-Jahre wurde die Künstlerin bekannt für ihre wandfüllenden Scherenschnitte. Im Winter 2019/2020 hat sie mit ihrer monumentalen Skulptur Fons Americanus in der Tate Modern in London für Schlagzeilen gesorgt. Die Basis von Kara Walkers künstlerischer Praxis ist jedoch das Zeichnen auf Papier. Für die Basler Ausstellung öffnet die Künstlerin erstmals ihr gut gehütetes Archiv und gibt einen noch nie dagewesenen Einblick in ihre Arbeitsweise. Kleine Skizzen, Studien, Collagen und sorgfältig ausgearbeitete Großformate hängen neben tagebuchartigen Notizen, maschinengeschriebenen Gedanken auf Karteikärtchen und Traumaufzeichnungen. Die zeichnerische Intimität des Einzelblattes steht dabei in spannungsgeladener Wechselwirkung zur schieren Menge des Gezeigten: Durch das Ein- und Auszoomen wird der Betrachter zum Augenzeugen der Entstehung von Walkers Kunstwerken, indem er beobachtet, wie sie ihre Gedanken auf dem Papier umsetzt, Figuren und Erzählungen erfindet, adaptiert und transformiert.
Verglichen mit den eleganten Scherenschnittpanoramen wirken ihre Zeichnungen spontaner und emotionaler. Oft mit Pinsel ausgeführt, besitzen sie eine fließende, offene Dynamik. Fragen nach der eigenen Identität – als Künstlerin, als Schwarze, als Frau und Mutter – stellt Walker sowohl auf einer persönlichen Ebene als auch immer im gesellschaftlichen Kontext aktueller Ereignisse. So sind für diese Ausstellung etwa vier sensationelle Rollenporträts zu Präsidentschaft und dem Erbe von Barack Obama entstanden. Zudem ist die 38-teilige Arbeit The Gross Clinician Presents: Pater Gravidam zu sehen, welche Fragen der Inspiration und Kreativität sowie zeichnerischer Traditionen thematisiert, für die das Kupferstichkabinett eine Fülle von Beispielen besitzt.
Zur Ausstellung ist ein reich bebilderter Katalog mit Beiträgen der Künstlerin, von Anita Haldemann, Aria Dean und Maurice Berger bei JRP Editions erschienen (ISBN 978-3-03764-558-1).
Eine Ausstellungskooperation des Kunstmuseum Basel mit der Schirn Kunsthalle Frankfurt und dem De Pont Museum, Tilburg.