Umfrage zum Kreditgeschäft im Euro-Währungsgebiet vom Juli 2021


Laut der Umfrage zum Kreditgeschäft im Euro-Währungsgebiet vom Juli 2021 blieben die Kreditrichtlinien (d. h. die internen Richtlinien oder Kriterien einer Bank für die Kreditgewährung) für Unternehmenskredite (inklusive Kreditlinien) im zweiten Quartal 2021 weitgehend unverändert. Per saldo meldeten -1 Prozent der Banken eine Verschärfung (siehe Abbildung 1).

Auch die Richtlinien für W ohnungsbaukredite an private Haushalte (Nettoanteil von -1 Prozent der befragten Banken) und jene für Konsumentenkredite und sonstige Kredite an private Haushalte (Nettoanteil von 0 Prozent) waren unter dem Strich nahezu konstant.

Im Jahr 2020 waren die Kreditrichtlinien für Unternehmen und private Haushalte insgesamt deutlich gestrafft worden, und auch noch im ersten Quartal 2021 meldeten die Banken unter dem Strich eine moderate Verschärfung der Richtlinien für die Vergabe von Unternehmenskrediten. Die jüngsten Entwicklungen spiegeln hingegen die allgemeine Verbesserung der Wirtschaftslage im Euroraum wider. Diese ergibt sich wiederum aus der Aufhebung der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie (Covid-19) sowie aus der anhaltenden Unterstützung durch die Geld- und Fiskalpolitik und die Aufsichtsbehörden. Vor dieser Zeit hatten sich die Kreditrichtlinien vor allem aufgrund der Einschätzung eines höheren Kreditrisikos verschärft. Diese Wahrnehmung ließ im weiteren Verlauf in allen Kreditkategorien nach: Bei den Unternehmenskrediten änderte sich die Risikoeinschätzung der Banken nicht weiter. Im Fall der Wohnungsbaukredite verbesserte sie sich indes unter dem Strich leicht, nachdem sie sich zuvor insgesamt verschlechtert hatte. Die Auswirkungen des Wettbewerbs durch andere Banken trugen ebenfalls zu der per saldo gemeldeten leichten Lockerung der Kreditrichtlinien bei, wenn auch in begrenztem Umfang. Die Refinanzierungskosten der Banken und ihre Bilanzsituation hatten einen weitgehend neutralen Effekt auf die Kreditrichtlinien. Hierin spiegeln sich die soliden Kapitalquoten und die günstigen Finanzierungkosten wider. Für das dritte Quartal 2021 erwarten die Banken, dass sich die Kreditvergaberichtlinien für Unternehmen leicht verschärfen und für private Haushalte nahezu unverändert bleiben.

Die Bedingungen für die Neukreditvergabe der Banken insgesamt (d. h. die in den Kreditverträgen vereinbarten tatsächlichen Kreditbedingungen) wurden im zweiten Quartal 2021 sowohl bei Unternehmenskrediten als auch bei Wohnungsbaukrediten im Ergebnis gelockert. Ausschlaggebend hierfür war eine Verengung der Margen für durchschnittliche Kredite. Demgegenüber gaben die Banken für risikoreichere Darlehen per saldo entweder nahezu unveränderte oder gar weitere Margen an.

Die befragten Banken meldeten für das zweite Quartal 2021 per saldo einen moderaten Anstieg der Nachfrage nach Unternehmenskrediten und Inanspruchnahme von Kreditlinien (siehe Abbildung 2). Erstmals seit dem dritten Jahresviertel 2019 leistete der Finanzierungsbedarf der Unternehmen für Anlageinvestitionen einen positiven Beitrag zur Kreditnachfrage. Dies deutet darauf hin, dass die Zurückhaltung der Unternehmen bei Investitionen möglicherweise nachlässt. Dagegen blieb der Finanzierungsbedarf für Betriebsmittel unverändert. Ursache hierfür ist, dass die Unternehmen über Liquiditätsreserven verfügen und dass angesichts der sich verbessernden Wirtschaftslage eine Erholung des Umsatzes zu erwarten ist. Bei der Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten meldeten die Banken für das zweite Quartal 2021 per saldo einen deutlichen Anstieg. Zu diesem trugen das höhere Verbrauchervertrauen, die günstigen Aussichten am Wohnimmobilienmarkt und das niedrige allgemeine Zinsniveau bei. Auch bei den Konsumentenkrediten und sonstigen Krediten an private Haushalte berichteten die Banken per saldo von einer Zunahme der Nachfrage. Dies war vor allem darauf zurückzuführen, dass das Vertrauen unter den Verbrauchern wuchs und sie höhere Ausgaben für Gebrauchsgüter tätigten. Für das dritte Quartal 2021 rechnen die Banken per saldo mit einer weiter steigenden Nachfrage nach Unternehmenskrediten und Krediten an private Haushalte.

Der Zugang der Banken im Euroraum zur Finanzierung über Kundeneinlagen und über die Finanzmärkte verbesserte sich im zweiten Quartal 2021 erneut. Zu den Auswirkungen notleidender Kredite (NPL) in der ersten Jahreshälfte 2021 gaben die Banken des Eurogebiets an, dass die NPL-Quoten zu einer moderaten Straffung ihrer Kreditrichtlinien für Unternehmen führten, während der Effekt der NPL-Quoten bei den Krediten an private Haushalte weitgehend neutral war. Zudem meldeten die befragten Banken für das erste Halbjahr 2020 per saldo eine moderate Verschärfung der Richtlinien für Unternehmenskredite in allen wichtigen Wirtschaftssektoren. Hinter dieser Entwicklung stehen die – ebenfalls moderate   allgemeine Straffung der Kreditstandards für Unternehmenskredite im ersten Quartal sowie deren weitgehende Beibehaltung im zweiten Jahresviertel. Ferner berichteten die Banken, dass die Nachfrage nach Krediten oder Kreditlinien in den meisten Wirtschaftssektoren unter dem Strich zunahm. Laut Umfrage unterstützten die im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gewährten staatlichen Garantien die Banken dabei, Kredite zu günstigeren Bedingungen an Unternehmen zu vergeben. Gleichzeitig meldeten die Banken per saldo einen Rückgang der Nachfrage nach Krediten mit staatlichen Garantien in der ersten Jahreshälfte 2021.

Die viermal im Jahr durchgeführte Umfrage zum Kreditgeschäft wurde vom Eurosystem entwickelt, um einen besseren Einblick in das Kreditvergabeverhalten der Banken im Euroraum zu gewinnen. Soweit nicht anders angegeben, beziehen sich die Ergebnisse der Umfrage vom Juli 2021 auf Veränderungen im zweiten Quartal 2021 sowie auf Veränderungen, die für das dritte Quartal 2021 erwartet werden. Die Befragung wurde vom 14. bis zum 29. Juni 2021 durchgeführt. An der Umfrage nahmen 142 Banken teil. Die Rücklaufquote lag bei 100 Prozent.

Anmerkung

  • Ein Bericht zur Umfrage kann hier  abgerufen werden. Auf dieser Website finden sich auch der Fragebogen, ein Glossar und ein Handbuch zur Umfrage mit Informationen zu den Datenreihenschlüsseln.
  • Die Datenreihen für das Euro-Währungsgebiet und die einzelnen Länder sind über das  Statistical Data Warehouse der EZB abrufbar. Der Zugang zu den von den jeweiligen nationalen Zentralbanken veröffentlichten nationalen Ergebnissen findet sich hier.
  • Nähere Informationen zur Umfrage zum Kreditgeschäft finden sich in:  P. Köhler-Ulbrich, H. Hempell und S. Scopel,  The euro area bank lending survey,  Occasional  Paper Series der EZB,  Nr. 179, 2016.

Abbildung 1

Veränderung der Kreditrichtlinien für Unternehmenskredite (inklusive Kreditlinien) und Einflussfaktoren(prozentualer Saldo der Banken, die eine Verschärfung der Kreditrichtlinien meldeten, und Einflussfaktoren)

Quelle: EZB (Umfrage zum Kreditgeschäft)

Anmerkung: Der prozentuale Saldo ist definiert als die Differenz zwischen der Summe der jeweiligen Anteile (in Prozent) der Banken, die mit „deutlich verschärft“ und „leicht verschärft“ antworteten, und der Summe der Anteile (in Prozent) der Banken, die „etwas gelockert“ und „deutlich gelockert“ angaben.

Abbildung 2

Veränderung der Nachfrage nach Unternehmenskrediten (inklusive Kreditlinien) und Einflussfaktoren (prozentualer Saldo der Banken, die einen Anstieg der Nachfrage meldeten, und Einflussfaktoren)

Quelle: EZB (Umfrage zum Kreditgeschäft)

Anmerkung: Bei den Fragen zur Kreditnachfrage ist der prozentuale Saldo definiert als die Differenz zwischen der Summe der jeweiligen Anteile (in Prozent) der Banken, die mit „deutlich gestiegen“ und „leicht gestiegen“ antworteten, und der Summe der Anteile (in Prozent) der Banken, die „leicht gesunken“ und „deutlich gesunken“ angaben.

Foto (c) Kulturexpress, Europäische Zentralbank, Frankfurt am Main

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