Die Vision des Regisseurs Gunnar Vikene WAR SAILOR (2021)


Gunnar Vikene: Ich war bereits drei Jahre als U-Boot-Offizier tätig, als einem meiner Unteroffiziere beim Schließen der oberen Luke ein Fehler unterlief. Infolgedessen drang enorm viel Wasser in unser Boot ein. Wir sanken wie Blei und überschritten dabei die maximale Sicherheitstiefe um über hundert Meter. Das Boot füllte sich mit Wasser und der Rumpf knarrte, bis sich ein kräftiger Offizier durch den eindringenden Wasserschwall nach oben kämpfte und die untere Luke wieder verriegelte. Nach einer Ewigkeit ist es uns gelungen, genug Wasser auszustoßen, um wieder an die Oberfläche zu gelangen. In meinem ganzen Leben hatte ich nie so viel Angst – oder war mir so sicher, dass ich sterben werde.  

Obwohl der rationale Teil in mir wusste – schon damals wie heute – dass all das wahrscheinlich ein einmaliges Ereignis gewesen ist, werde ich diese Angst niemals vergessen. Die Geräusche, die so extrem ausgeprägt waren; die Farben, die so lebendig wurden; und das intensive Gefühl, im Hier und Jetzt vollkommen präsent zu sein, umgeben von einer Angst, die in jeder einzelnen Zelle meines Körpers zu spüren war. Danach zählte ich die Tage, bis ich endgültig an Land gehen konnte. Wie muss es also für die Zivilisten gewesen sein, die während des Krieges auf norwegischen Handelsschiffen unterwegs waren und jahrelang mit dieser Art von Angst zu leben hatten, ohne ein bestimmtes Enddatum zu kennen? Und die keine Gewissheit hatten, dass eine potenziell lebensgefährliche Situation – wie ich sie erlebte – nur ein einmaliges Erlebnis sein würde und die ständig damit rechnen mussten, torpediert zu werden und auf See zu sterben? 4.000 von diesen Zivilisten waren Kinder, und mehrere Hundert waren Frauen. Die Hälfte der Schiffe wurde torpediert; die Hälfte der Seeleute erlitt Schiffbruch.  

Hinzu kamen all die Dramen und Tragödien, die sie mit ansehen mussten, die tägliche Ungewissheit und der fehlende Kontakt zu ihren Familien zu Hause. Ich habe mich oft gefragt, ob ich in der Lage gewesen wäre, all das zu überstehen – ich habe große Zweifel daran.  

Im Krieg verlor meine Familie den 10-jährigen Anton bei der Bombardierung des U-Boot- Bunkers in Laksevåg durch die Alliierten. Aud, Antons Schwester, war damals acht Jahre alt und überlebte den Krieg. Und sie lebt noch heute. Bei diesem Ereignis hatte Norwegen die meisten zivilen Opfern während des Krieges zu beklagen, und es hatte großen Einfluss auf ihr Leben, wie auch andere schreckliche Momente das Leben aller Unschuldigen im Krieg geprägt haben. Noch vor einigen Jahrzehnten schätzte man den Anteil der zivilen Opfer während des Krieges auf etwa zehn Prozent. In den heutigen Konfliktzonen ist diese Zahl auf 90 Prozent gestiegen.

Ich wünsche mir sehnlichst, dass dieser Film den Zuschauern ein besseres Verständnis dessen vermittelt, was die Seeleute und ihre Familien zu Kriegszeiten erleben mussten. Dies ist notwendig, um die Ungerechtigkeiten zu würdigen, mit denen die Überlebenden nach dem Krieg konfrontiert waren. Ich wünsche mir aber auch, dass dieser Film dem Publikum einen Eindruck vermittelt, wie Menschen in den Kriegen von heute zu leiden haben.  

Vor mehr als zwei Jahrzehnten wurde mir die Geschichte von Alfred und seiner Familie erzählt – und ich konnte sie nicht mehr vergessen. Es ist die Geschichte von zivilen Matrosen, die gezwungen waren, unter extrem gefährlichen Bedingungen auf See zu dienen, von den Strapazen, die sie und ihre Familien zu Hause ertragen mussten, und davon, wie wertvoll ihre Bemühungen waren. Laut Winston Churchill und Friedensnobelpreisträger Sir Philip Noel Baker war ihre Arbeit für die Kriegsanstrengungen von allergrößter Wichtigkeit. Baker erklärte sogar, dass ohne sie die Alliierten den Krieg nie gewonnen hätten.  

Ine Marie Wilmann als Cecilia, Foto: Stian Servoss/ Mer Film – DCM

Dies ist kein Film über den typischen norwegischen Kriegshelden. Es ist eine Geschichte von gewöhnlichen Menschen – Frauen, Männern und Kindern – deren erste Priorität es war, am Leben zu bleiben, die aber dennoch einen entscheidenden Beitrag zum Sieg der Alliierten geleistet haben. Aber WAR SAILOR ist auch eine Liebesgeschichte, wenn auch nicht im klassischromantischen Sinne. Die Dringlichkeiten des Krieges zwingen einen dazu, Entscheidungen zu treffen, von denen auch die Liebsten betroffen sein werden. Zu den packendsten Dilemmas, mit denen die Figuren in dieser Geschichte konfrontiert sind, zählen die Entscheidungen, die sie zu treffen haben.  

Dies ist kein Film über den typischen norwegischen Kriegshelden. Es ist eine Geschichte von gewöhnlichen Menschen – Frauen, Männern und Kindern – deren erste Priorität es war, am Leben zu bleiben, die aber dennoch einen entscheidenden Beitrag zum Sieg der Alliierten geleistet haben. Aber WAR SAILOR ist auch eine Liebesgeschichte, wenn auch nicht im klassischromantischen Sinne. Die Dringlichkeiten des Krieges zwingen einen dazu, Entscheidungen zu treffen, von denen auch die Liebsten betroffen sein werden. Zu den packendsten Dilemmas, mit denen die Figuren in dieser Geschichte konfrontiert sind, zählen die Entscheidungen, die sie zu treffen haben.  WAR SAILOR wird ein action-geladener Film sein, aber auch ein intimes Porträt von Menschen, die sich plötzlich in lebensbedrohlichen Situationen wiederfinden, auf die sie keinerlei Einfluss haben. Die Zuschauer werden das Gefühl haben, dass sie selbst auf den sinkenden Schiffen, auf dem Rettungsboot, das wochenlang auf dem Ozean treibt und in der Stadt Bergen im Moment der Bombardierung sind. Es erwartet uns ein intensives und aufregendes Kinoerlebnis, bei dem drei Menschen im Mittelpunkt stehen, die Liebe, Verlust und die moralischen und emotionalen Auswirkungen des Krieges hautnah erleben.

Gunnar Vikene / Drehbuchautor und Regisseur

Filmszene im offenen Meer, Alfred (Kristoffer Joner)  Foto: Mark Cassar/ Mer Film – DCM
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