Kanzlei TILP zum Regierungsentwurf KapMuG


Am 31. August 2024 tritt das KapMuG in seiner derzeit geltenden Fassung außer Kraft. In der Vergangenheit wurde das Gesetz bereits mehrfach verlängert. Bekanntlich hatte das Bundesministerium der Justiz vor dem Jahreswechsel 2023/2024 einen Referentenentwurf für eine Novellierung des KapMuG veröffentlicht. Zu diesem Entwurf nahm TILP am 30. Januar 2024 ausführlich Stellung.

Der Anspruch an eine Reform des KapMuG sollte versuchen ein Rechtsschutzinstrument zu entwickeln, das Rechtssuchende in die Lage versetzt, auch (inhaltlich) komplexe Großverfahren wie in Sachen Volkswagen und Wirecard effizient und möglichst zügig zu führen.

Der vorgelegte Regierungsentwurf wird diesem Ziel nicht gerecht. Er stellt vielmehr eine Verschlechterung bereits bestehender Möglichkeiten dar, wirft den kollektiven Rechtsschutz im kapitalmarktrechtlichen Bereich um Jahre zurück und ist geeignet, den Wirtschafts- und Finanzplatz Deutschland empfindlich und nachhaltig zu schwächen.

Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass der Gesetzgeber das KapMuG als besondere Verfahrensordnung zu einem sowohl für die Justiz als auch den Individualrechtsschutz effektiven Instrument bei der Bewältigung von Massenverfahren mit kapitalmarktrechtlichem Bezug fortentwickeln und als solches dauerhaft etablieren will.

Trotz des Umstandes, dass die Bundesregierung die am Referentenentwurf geübte Kritik teilweise angenommen hat, bleibt zu bemerken, dass auch der Regierungsentwurf die bislang bestehenden Möglichkeiten deutlich verschlechtert und aus Sicht von TILP im Ergebnis zu einer Schwächung des kollektiven Rechtsschutzes in kapitalmarktrechtlichen Angelegenheiten führen dürfte.

Insbesondere das ausdrücklich verfolgte Ziel einer erheblichen Reduzierung der Zahl der Verfahrensbeteiligten dürfte in der Praxis zu empfindlichen Konsequenzen für geschädigte Kapitalanleger führen. Der Regierungsentwurf geht insoweit unzutreffend davon aus, dass die Anzahl der Beteiligten wesentlichen Einfluss auf die Dauer und Effizienz des Musterverfahrens hat. Die Erfahrung zeigt, dass sich der Großteil der Beigeladenen nicht am Musterverfahren beteiligt, sondern schlicht dessen Ergebnis abwartet. Eine Straffung des Verfahrens lässt sich stattdessen durch eine erhebliche Herabsenkung der Aussetzungsvoraussetzungen erreichen. Die hierdurch zu erreichende Bündelung gleichgerichteter Ansprüche würde eine echte Entlastung für Gerichte und Parteien bedeuten und dazu beitragen, dass sich alle Beteiligten auf das Wesentliche, nämliche die inhaltliche Führung des Musterverfahrens konzentrieren können.

Der Regierungsentwurf läuft in seiner jetzigen Fassung zahlreichen Zielen zuwider, die einst zum Erlass des KapMuG geführt haben. Durch die Abschaffung der Zwangswirkung des KapMuG steht insbesondere zu befürchten, dass die ohnehin schon überlastete Justiz an den Rand der Leistungsfähigkeit gebracht wird. Die nach dem Regierungsentwurf zu erwartende große Anzahl parallel geführter Einzelverfahren dürfte den durch die reduzierte Anzahl Beigeladener erstrebten Effizienzgewinn im Musterverfahren konterkarieren, eine einheitliche Klärung von Tatsachen- und Rechtsfragen verhindern und die Gefahr divergierender Entscheidungen exorbitant erhöhen.

Foto (c) Kulturexpress
Meldung: TILP Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, 72138 Kirchentellinsfurt

Siehe auch: www.tilp.de/stellungnahmen

Die Bundesregierung hatte am 13. März 2024 einen Entwurf eines „Zweiten Gesetzes zur Reform des KapMuG“ vorgelegt. Den Regierungsentwurf finden Sie unter: www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2024/0101/pdf