Martina Rovena Czeran – Menschen Ausstellung in der Englischen Kirche Bad Homburg bis 27. April 2025


„Menschen“ lautet der schlichte Titel dieser Ausstellung. Schlichter und konzentrierter geht es kaum als mit diesem einen Wort — wenn wir uns umschauen, geht es kaum treffender. Menschen sind das wesentliche Motiv der Arbeiten von Martina Rovena Czeran, die in der Englischen Kirche in Bad Homburg ausgestellt sind. Im Selbstverständnis der Künstlerin ist die Geschichte nichts anderes als die Wissenschaft vom Menschen schlechthin. Jeder Mensch hat eine Geschichte, die ihn geprägt hat und die sein Wesen ausmacht, jeder Mensch steht in der Geschichte und gestaltet seine weitere Geschichte und die seiner Mitmenschen — ob bewusst oder unbewusst. 

Martina Czeran ist gebürtige Hamburgerin, kam für ihre Berufsausbildung nach Hessen und blieb. Einer Fotografenlehre in Gießen folgte das Architekturstudium in Darmstadt mit dem Abschluss als Diplom-Ingenieurin. Zudem hat sie an der Goethe-Universität Frankfurt Kunstgeschichte studiert. Fotografie, Architektur und Kunstgeschichte sind somit die Grundlagen für ihre eigene künstlerische Arbeit. Diese hat sie in Seminaren an den Akademien in Salzburg und Trier weiterentwickelt. 1996 hat sie sich mit ihren Arbeiten erstmals mit einer Ausstellung in die Öffentlichkeit gewagt. Es folgten seither zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen. Darunter sind einige Auszeichnungen, die sie zu verzeichnen hat, etwa 2006 der Kunstpreis der Stadt Usingen und 2015 der Kunstpreis der Stadt Weilburg. Einige ihrer Arbeiten befinden sich im öffentlichen Besitz unter anderem auch des Hochtaunuskreises.

Martina R. Czeran interessiert sich für Menschen. Sie ist eine aufmerksame und einfühlsame Beobachterin. Humorvoll, ohne spöttisch zu sein. Sie hat einen Sinn für
Zwischentöne, für Ungesagtes, für Schwebendes und Unklares — und zugleich verfügt sie über Präzision im künstlerischen Ausdruck. Diese Präzision sehen wir in der Komposition: Ihre Bilder sind auf den ersten Blick klar aufgebaut und gegliedert. Es sind kräftige Acrylfarben, die klar voneinander abgegrenzt sind.

Die Bilder, die wir hier sehen, sind Ausdruck einer großen Empathie, einer liebevollen Zuneigung zu ihren Mitmenschen. Ihre Bilder sind gezeichnet durch eine Sinnlichkeit für das Menschliche und seine Gegenstände, was wiederum von einer zarten und kühnen Sachlichkeit getragen wird, die phasenweise in ihrer Malerei und dann immer wieder zum Ausdruck gelangt. Ich denke an das hochformatige Bild ‚IQ130‘, auf dem eine Frau mit einem Staubsauger hantiert, die sich als Hausfrau betätigt, um den Haushalt zu führen. Sowohl kompositorisch als auch figürlich ist jedes Detail stimmig ausgearbeitet und drückt damit malerische Fähigkeiten in ihrem Duktus aus. Manche der Bilder verfügen über diese einfache Klarheit und die weite Sachlichkeit, so dass ein Bedürfnis nach mehr dieser Art Bilder beim Betrachter geweckt werden kann.  Doch dafür ist Martina R  Czeran zu sehr Künstlerin, als dass sie sich von diesen Einflüssen unter Druck setzen ließe. So spielt der Zeitfaktor bei der Herstellung der Bilder eine wesentliche Rolle, weshalb sie bei Kinderbildern manchmal in den Konflikt gerät, dass diese Kinder schneller entwickelt sind, sich verändern und größer werden, als dass sie mit ihrer Malerei nachkommt. Das ist natürlich nicht ergebnisführend. Also muss sie sich eines Anderen besinnen, um auf Wirksamkeit in der Malerei zu treffen.    

In einem eindrucksvollen Langzeit- Selbstversuch hat Martina Czeran sich von Mai 2000 bis April 2001 die Regel auferlegt, jede Woche ein Selbstporträt zu malen. Entstanden ist dabei eine Serie von enormer Intensität und Intimität. Was ein hoher Anspruch ist, der zu einer gesteigerten Produktivität führt und zur Selbsterhellung auf den dargestellten Portraits. Fremdbeobachtung — das lernen wir aus den Bildern von Martina R. Czeran — ist immer zugleich auch Selbstbeobachtung. Aus dieser Haltung folgt Empathie, die diese Bilder ausstrahlen, die dem Betrachter erlauben, sich in die Bilder und den Menschen hineinzufühlen. Mit dieser Empathie kommen auch die Geschichten, die wir in den Bildern vermuten können. Die Bilder, die Martina Czeran malt, sind fast immer eingebettet in eine Geschichte und somit in einen Kontext, der von ihr und aus dem Leben erzählt. Das kann leicht, humorvoll und abwechslungsreich sein, so verschieden sind Stimmungen. Die Beschäftigung mit Kunst bedeutet auch immer ein Stück weiter zu gehen, um das Leben an sich zu hinterfragen, denn Leben ist zeitlich begrenzt, das erfährt der Mensch am besten durch die Kunst, die ihm eine Geschichte erzählt. 

Manche Bilder zeugen von einer fantastischen Vision, die an Bilder des Phantastischen Realismus angelehnt sind, satte fast überlaufende Rottöne dominieren das Gesamtbild. Manche Bilder  üben sich an der anatomischen Natur des Menschen, andere wirken wie Harlekinaden, wie sie bei vielen Künstlern phasenweise auftreten. Ausdruck einer Lebenshaltung die verstärkt auf das Spielerische im Menschen setzt und zugleich ein Spiegel des Antlitzes birgt, das was von der profanen Hülle in uns, des in die Gesellschaft eingebetteten Menschen übrigbleibt und konterkariert. 

Öffnungszeiten eine Stunde vor Beginn der Veranstaltungen, sowie Sa, So und Feiertage 11 – 14 Uhr

Dauer: vom 29.03. – 27.04.2025

Eintritt frei

Kontakt
Tel.: 06172/100-4114
kultur@bad-homburg.de
https://bad-homburg.de

Ferdinandstraße 16
61348 Bad Homburg

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