MANCHE MÖGEN’S FALSCH Regie: Stanislaw Mucha (BRD) Dokumentarfilm über den chinesischen Kunst- und Fälschermarkt im Ort Dafen mit welcher Emsigkeit die Kunstschaffenden produzieren


Kinostart ab 06. November 2025: Im südchinesischen Dafen gibt es nichts, was es nicht gibt: Kopien die vorgeben ein Gerhard Richter zu sein, sind ab 30 Euro zu haben, ein kleiner van Gogh kostet 45 Euro, seine ‘Sonnenblumen‘ in mittelgroß 100. Monets ‘Seerosen‘ 120, Rembrandts Selbstporträts 150 und für das Lächeln der Mona Lisa muss man um die 200 blechen, weil es angeblich für Chinesen nicht so einfach ist, sie abzumalen. Die Filmemacher machen auch noch Witze über ihren Film, dabei ist ihnen eindrucksvoll ein Filmdokument gelungen, das Einblicke auf einen Markt gibt und Fragen einer ganzen Industrie aufwirft, wovon sich die Europäer etwas abschauen können. Zu schön um wahr zu sein. Es fehlt nur noch mediterranes Flair und weiter nördlich in der Toskana, wo seit der Renaissance Emsigkeit ein natürliches Bedürfnis ist, um sich handwerklich und künstlerisch in Disposition zu stellen.

Zur Filmwebsite: Manche mögen’s falsch – W-film

Poster

Verwinkelte Gassen, Galerien und Ateliers und die Menschen die dazugehören. Männer wie Frauen haben eine Geschichte zu erzählen und wissen über ihr persönliches Schicksal zu berichten. Eine Frau hat mit viel Glück überlebt und versucht das Beste aus sich zu machen. Das macht aus menschlicher Sicht unglaublich betroffen und hilft zugleich, darüber hinwegzusehen, um sich eines Besseren zu besinnen, weil sie sich als Kunstschaffende behauptet und etwas zauberhaftes Zustande bringt, durch die Kunst scheinbar aufgefangen ist wie in einem Fangnetz. An Kunstware wird angeboten, was das Herz begehrt. Der Film nimmt sich die Familienverhältnisse vor und blickt in Abgründe, aus denen sich die chinesischen Künstler:innen befreit haben, um sich ihr eigenes, kleines Domizil aus künstlerischer Arbeit aufzubauen. In  früheren Jahrhunderten sind die Europäer nach Italien gegangen, um durch die Kunst der Italiener befreit zu werden. Was sie mitbrachten, waren verschiedenste Kunstströmungen, die Einfluss bis weit in den Norden genommen haben.

Der Ohrenputzer LIU zeigt seiner Frau das Bild, das er von ihr malte.

LIUS Frau freut sich über das erste Bild, was er je von ihr gemalt hatte.

Wenn diese Ansicht nicht zu naiv wäre, denn zugleich ist das chinesische  Künstlernest Dafen, einem Stadtteil der Megacity Shenzhen, als Fälscherwerkstatt mit internationalen Vernetzungen bekannt geworden. Der Output der Fälscher aus Dafen ist gigantisch: Über 10 Millionen Bilder werden hier pro Jahr hergestellt. Tausende von Malern pinseln Tag und Nacht auf kleinstem Raum die Werke großer Meister, die vor allem in Großbestellungen nach Europa und Amerika verkauft werden. Dafens fleißige Bewohner*innen leben von, mit und trotz der großen Kunst. Kinder wachsen zwischen Klimts Kuss und Munchs Schrei auf, Familien schlafen unter van Goghs Sternennacht, beobachtet von Vermeers Mädchen mit den Perlenohrringen. Dieser Faible für die feinen Dinge ist schon bemerkenswert, wenn nicht dahinter eine Industrie stecken würde, die zugleich einen Kulturkampf führt, gegen das was unerschütterlich ist am Abendland, um dessen Werte zu konterkarieren. Doch was erlaubt ist, bleibt vorerst erlaubt und niemand wird daran etwas ändern können. 

ZHOU – Der Spezialist für Sonnenblumen
ZHAO – Der Van Gogh Chinas und seine Tochter und Schülerin CAINI bemalen ein Öl-Fass für einen russischen Ölkonzern

Was den Chinesen fehlt, sind die Künstlerstars wie sie in Europa und Amerika verehrt werden, die geradezu herangezüchtet sind und dann oftmals zu weit überhöhten Preisen ihre Werke auf dem internationalen Kunstmarkt feil bieten. Insofern ist der chinesische Kunstmarkt eine Reaktion darauf, was andernorts bei uns passiert in einer Mischung aus Verehrung und Kommerzialisierung. Irgendwo spielt auch die Ideologie eine Rolle, im Film zum Glück nur eine untergeordnete. Denn nur die Übung macht den Meister und woran haben sich diese chinesischen Künstler geübt, an ihren Vorbildern, Parteisekretäre und Präsidenten, in Massenware hundertfach wiederholt.

Die Buchseiten aus Walter Benjamins „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ im Großformat auf Leinwand gebannt, waren eine Auftragsarbeit aus Deutschland, die Chinesen dazu veranlasste auch einmal im philosophisch intendierten Text nachzulesen.

Regisseur: Stanislaw Mucha
Mitwirkende: Liu Yun, Fang Shuixiu, Haifan Huang, Huang Jiang, Zhou Yongjiu, Zhao Xiaoyong, Caini Zhao, Fu Xiaolan
Produktionsjahr: 2025
Spieldauer: 90 Minuten
Produktionsformat: Digital
Bildformat: 2,35:1
Genre: Dokumentarfilm
Produktion: Gerd Haag, Tagtraum Filmproduktion
Sprachfassung: OmU (Originalfassung mit deutschen Untertiteln)
Sprache: ZH Chinesisch (Hans), Kantonesisch, Deutsch
Produktionsland: Deutschland
Vorführformat: Blu-ray, DCP 2K

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