Fünf Finalisten des diesjährigen Internationalen Hochhaus Preises


Die Finalisten des diesjährigen Internationalen Hochhaus Preises (IHP) stehen fest. Fünf Gebäude, drei aus Europa und zwei aus Asien, hat die Jury aus insgesamt 31 nominierten Hochhäusern aus 14 Ländern ausgewählt. Der IHP gilt als der weltweit wichtigste Architekturpreis für Hochhäuser. Der Sieger wird am 29. Oktober in der Frankfurter Paulskirche ausgezeichnet. Aufgrund der Covid-19-Pandemie wird die Veranstaltung live im Internet übertragen.

Der Internationale Hochhaus Preis (IHP) wird von der Stadt Frankfurt am Main gemeinsam mit dem Deutschen Architekturmuseum (DAM) und der DekaBank verliehen und ist mit einer Statuette des international bekannten Künstlers Thomas Demand und einem Preisgeld in Höhe von 50.000 Euro dotiert.

Die Finalisten 2020 auf einen Blick:

 Omniturm (Frankfurt am Main / Deutschland) von BIG – Bjarke Ingels Group, Kopenhagen / Dänemark, New York / USA
 Eden (Singapur) von Heatherwick Studio, London / Großbritannien
 Norra Tornen (Stockholm / Schweden) von OMA Office for Metropolitan Architecture, Rotterdam / Niederlande
 The Stratford (London / Großbritannien) von Skidmore, Owings & Merrill, London / Großbritannien
 Leeza SOHO (Peking / China) von Zaha Hadid Architects, London / Großbritannien

Der Internationale Hochhaus Preis richtet sich an Architekten und Bauherren, deren Gebäude mindestens 100 Meter hoch sind und in den vergangenen zwei Jahren fertiggestellt wurden. Die Jury besteht aus Architekten, Tragwerksplanern, Immobilienspezialisten und Architekturkritikern. Sie beurteilt die nominierten Projekte nach folgenden Kriterien: zukunftsweisende Gestaltung, Funktionalität, innovative Bautechnik, städtebauliche Einbindung, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit.

Jurybegründung:
Aufgrund der Covid-19-Pandemie und damit einhergehenden Reise- und Kontaktbeschränkungen fand in diesem Jahr eine digitale Jurysitzung statt. Der Sieger des IHP 2018 Benjamin Romano beteiligte sich zugeschaltet aus Mexiko an der Jurysitzung. Unter dem Vorsitz von Anett-Maud Joppien wurde angeregt und kontrovers diskutiert. Dabei standen die ökologischen und sozialen Qualitäten der Gebäude im Vordergrund. Auch der Aspekt der Widerstandsfähigkeit in Bezug auf die Struktur und den Lebenszyklus eines Bauwerks wurde an vielen Wettbewerbsbeiträgen geprüft. Das Ergebnis ist die Shortlist mit fünf Finalisten, die stellvertretend für die enorme Bandbreite aller nominierten Gebäude stehen: Einer der ersten gemischt genutzten Türme Deutschlands (Omniturm), ein üppig be-pflanzter Luxus-Wohnturm (EDEN), ein brutalistisch anmutendes Wohn-Hochhauspaar (Norra Tornen), ein Hochhaus als Motor für die städtebauliche Entwicklung eines Viertels (The Stratford) und ein Paradebeispiel parametrischen Entwerfens (Leeza SOHO).

Mit dem Frankfurter Omniturm von BIG – Bjarke Ingels Group aus New York / Kopenhagen hat es das erste Hybridhochhaus in einem deutschen Stadtzentrum unter die Finalisten geschafft. Für Jury-Mitglied Ina Hartwig macht der Turm seinem Namen alle Ehre. Er vereint Gastronomie, Büros, Wohnungen und Geschäfte unter einem Dach. Damit ist der Omniturm im internationalen städtebaulichen Vergleich auf der Höhe der Zeit.

Erneut zählt ein Projekt aus Singapur zu den Finalisten. Muschelförmige Pflanzkübel machen EDEN von Heatherwick Studio aus London zum einprägsamen Beispiel für ein Wohnhochhaus. Mit seiner üppigen Bepflanzung zeigt es eindrucksvoll das Motto der Stadtentwicklung „City in a Garden“. Als „Garten Eden“ empfindet Jury-Mitglied Klaus Fäth das Begrünungskonzept, bei dem die Pflanzen durch zurückspringende Balkone und vorspringende Wandscheiben geschützt werden. Für die Juryvorsitzende Annett-Maud Joppien geht von den bauchigen Muschelmotiven und grünen Dschungeln eine große Anziehungskraft aus, der man sich nicht entziehen kann.

Norra Tornen von Office for Metropolitan Architecture (OMA) aus Rotterdam steht in Schwedens Hauptstadt Stockholm. Dort bildet das Projekt eine Torsituation zum Stadtteil Hagastaden. Die höchsten Wohngebäude Stockholms kultivieren das Wohnen in der Höhe mit ausgeprägtem Außenbezug im Norden Europas. Jury-Mitglied Andreas Moser lobt die Eleganz, mit der die Türme aus der sie umgebenden niedrigeren Bebauung hervorwachsen und bewertet das Spannungsfeld zwischen der brutalistischen Erscheinung der Türme und ihrem Kontext positiv. Auch Jury-Mitglied Victor Stoltenburg sieht in der Ausgestaltung der Baukörper mit modularen kastenartigen Erkern und der Oberflächengestaltung mit rauen Betonelementen einen bemerkenswerten Akzent im Stadtbild.

Mit einem weiteren Wohnprojekt ist das sonst für seine Höhenrekorde weltweit bekannte Büro Skidmore, Owings & Merill aus New York unter den Finalisten vertreten. The Stratford in London vereint Design-Hotel und Design-Wohnen unter einem Dach und setzt neue städtebauliche Akzente im Stadtteil gleichen Namens.

Die markante Großform mit tiefen Einschnitten macht das Gebäude zum weithin sichtbaren Wahrzeichen. Die Räumlichkeit, die durch doppelte und einfache Raumhöhen im gesamten Gebäude geschaffen wird, seine begrünten und freitragenden öffentlichen Räume und die sorgfältige massive und transluzide Gestaltung der Hülle ergeben ein modernstes Hochhaus, das L. Benjamín Romano inspiriert.
 

Eine herausragende Tragwerksleistung ist das Leeza SOHO von Zaha Hadid Architects in Peking, dessen Glashülle eigentlich eine Doppelturmanlage verbirgt. Das über 190 Meter hohe Atrium zwischen den Türmen ist das höchste der Welt, und seine faszinierenden geschwungenen Formen sind nur mit Hilfe des parametrischen Entwerfens möglich. Für Peter Cachola Schmal ist das Leeza SOHO die skulpturale Lösung eines Doppelhochhauses, das auf räumliche Überwältigung und Erlebnisse setzt für Hunderte von Small Offices und Homeoffices, die auf dem Weg zum neuen Flughafen ihr digitales Quartier aufschlagen.

Jury des IHP 2020:
Vorsitzender der internationalen Preisjury für den Internationalen Hochhaus Preis 2020 ist Anett-Maud Joppien (Architektin / Dietz Joppien Architekten AG in Frankfurt/Potsdam).
Die weiteren Mitglieder der Jury sind:
– Klaus Fäth (Bauingenieur / osd – office for structural design, Frankfurt am Main/Hamburg)
– Dr. Ina Hartwig (Kulturdezernentin der Stadt Frankfurt am Main)
– Andreas Moser (Architekt / ma cyrus | moser | architekten, Frankfurt am Main)
– L. Benjamín Romano (Architekt / LBR&A Arquitectos, Mexiko Stadt, Mexiko)
– Peter Cachola Schmal (Direktor Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt am Main)
– Victor Stoltenburg (Geschäftsführer Deka Immobilien Investment GmbH, Frankfurt am Main)
Berater ohne Stimmrecht:
– Horst Muth (Diplom-Ingenieur / Deka Immobilien Investment GmbH, Frankfurt am Main)
– Rudi Scheuermann (Architekt und Bauingenieur / Arup Deutschland GmbH, Berlin)

www.international-highrise-award.com

Die Finalisten

Omniturm, Frankfurt am Main
Foto: Nils Koenning
Architekten: BIG– Bjarke Ingels Group, Kopenhagen / Dänemark
Bauherr: Commerzbank
Funktion: Mischnutzung aus Büros und Wohnen
Höhe: 190 m
Fertigstellung: Dezember 2019
Standort: Frankfurt am Main / Deutschland

Der Omniturm mit seinen Büro-, Wohn- und öffentlichen Räumen ist Deutschlands erstes Hochhaus mit gemischter Nutzung. Der Turm ist als schlanke, rationale Stapelung von Geschossen gestaltet, mit zwei den Funktionswechseln folgenden skulpturalen Bewegungen.

Die unteren Stockwerke springen vor und zurück, um Terrassen und Arkaden für die öffentlich genutzten Ebenen zu ermöglichen, und verankern das Gebäude in seiner Umgebung. Im mittleren Teil des Turms, wo sich die Wohnetagen befinden, schieben sich die Geschosse in einer dem Lauf der Sonne folgenden Spiralbewegung nach außen. Der „Hüftschwung” verleiht dem Turm Leichtigkeit und Dynamik und markiert eine Wende in der von monotonen Bürotürmen geprägten Frankfurter Innenstadt. Durch diese Veränderung in der Silhouette entstehen nicht öffentliche Außenräume mit beeindruckenden Aussichten für die Bewohner. Der obere Teil des Omniturm kehrt zurück zur einfachen, effizienten Addition der Etagen, und die Metall-Glas-Fassade steigt gleichmäßig in die Höhe. So entstehen flexible Grundrisse für die Büronutzung.

Das Hochhaus soll durch eine Mischung von traditionellen Bürohochhausmietern und kleineren Start-ups mit aktivem (Geschäfts-)Leben erfüllt werden.

EDEN, Singapur
Foto: Hufton + Crow
Architekten: Heatherwick Studio, London / Großbritannien
Bauherr: Swire Properties, Celestial Fortune
Funktion: Wohnen
Höhe: 105 m
Fertigstellung: Dezember 2019
Standort: Singapur

Basierend auf Singapurs Stadtentwicklungskonzept „City in a Garden” vereint EDEN im zentralen und gefragten District 10 hochklassiges Wohnen mit Naturnähe. Inmitten einer exklusiven Nachbarschaft verlagert das Gebäude die artenreiche Landschaft Singapurs buchstäblich in die Höhe.

Die insgesamt 20 Wohnungen, jede mit einer Wohnfläche von 282 Quadratmetern und einer Raumhöhe von drei Metern, erstrecken sich über jeweils eine ganze Etage. Um ein großes, stützenfreies Wohnzimmer mit anschließendem Hauptbalkon gruppieren sich die übrigen Räume in drei Betonelemente. Diese außenliegenden Kerne erstrecken sich über die gesamte Gebäudehöhe und bilden zugleich die Tragstruktur des Wohnturms.

Zwischen den Betonelementen befinden sich Balkone mit üppig bepflanzten, integrierten muschelförmigen Pflanzkübeln, die von lokalen Herstellern teilweise in Handarbeit produziert wurden. Diese Anordnung der Baumasse ermöglicht extensive Querlüftung, weshalb auf elektronische Klimatisierung verzichtet werden kann.

Die üppige Begrünung mit mehr als zwanzig tropischen Pflanzenarten, die aufwendig für dieses Projekt recherchiert wurden, komplettiert das Gefühl des Wohnens im tropischen Dschungel.

Norra Tornen, Stockholm
Foto: Anders Bobert
Architekten: OMA Office for Metropolitan Architecture, Rotterdam / Niederlande
Bauherr: Oscar Properties
Funktion: Wohnen
Höhe: 125 m
Fertigstellung: Dezember 2018
Standort: Stockholm / Schweden

Die Doppeltürme Norra Tornen, die „nördlichen Türme”, stehen am Übergang von Vasastaden, einem Stadtteil mit Wohnbebauung überwiegend aus den 1930er Jahren, zum gerade neu entstehenden Stadtteil Hagastaden und bilden links und rechts der Ausfallstraße Torsgatan eine Torsituation. In direkter Nachbarschaft zum Karolinska Institut, das jährlich den Träger des Nobelpreises für Physiologie oder Medizin bestimmt, ist Hagastaden mit 96 ha Stockholms derzeit größtes Stadtentwicklungsgebiet und damit etwa dreimal so groß wie die berühmte Altstadt.

Norra Tornen kennzeichnet den Übergang in den neuen Stadtteil und repräsentiert eine zeitgemäße und zukunftsfähige Vision für die Stadt. Gleichzeitig vermögen die Türme die ältere bauliche Struktur Stockholms in ihrer Farbigkeit und anwachsenden Figur aufzunehmen.

Die geschützten Balkone und die würfelartigen Module wechseln sich in regelmäßigem Muster ab und formen ein brutalistisches Vexierspiel.

Die vorgefertigten Fassadenelemente erlaubten es, die Baustelle auch bei unter 5 °C fortzuführen, wenn das Gießen von Beton vor Ort schon nicht mehr möglich wäre. Außerdem sparte die Vorfertigung erheblich Zeit – ein Stockwerk wurde in einer Woche fertiggestellt – und Kosten, was die differenzierte Fassadenbehandlung und bewegte Oberfläche mit den zahlreichen Rück- und Vorsprüngen wirtschaftlich gesehen überhaupt erst möglich machte.

The Stratford, London
Foto: Hufton + Crow
Architekten: Skidmore Owings & Merrill, London / Großbritannien Bauherr: Manhattan Loft Corporation
Funktion: Mischnutzung aus Hotel, Gastronomie und Wohnen
Höhe: 143 m
Fertigstellung Oktober 2019
Standort: London / Großbritannien

The Stratford liegt im derzeit für Nicht-Londoner noch unbekannten Stadtteil gleichen Namens, der jedoch zu den am schnellsten wachsenden und vielfältigsten gehört. In unmittelbarer Nähe befindet sich der Queen Elizabeth Olympic Park, wo die Olympischen Spiele 2012 stattfanden.

Der Projektentwickler Manhattan Loft Corporation setzt mit seinem bisher größten Neubauprojekt einmal mehr auf die zukünftige Entwicklung eines bislang unbekannten Stadtteils Londons.

Auf den ersten Blick mag man den Turm mit dem riesigen Billboard nicht in London, sondern in Las Vegas verorten. Bei genauerer Betrachtung erkennt man jedoch, dass es sich hier nicht um ein aufgesetztes Werbeschild handelt. Vielmehr ist der quadratische Turm an seiner Spitze diagonal geteilt und springt zurück. So entsteht Raum für eine dreieckige, gemeinschaftlich genutzte Terrasse. Gleiches gilt für die tiefen Einschnitte am Übergang vom Sockelbau zum Turm und auf etwa halber Höhe des Turms.

Insgesamt haben die Mieter die Wahl zwischen 60 verschiedenen Wohnungstypen, vom Einzimmerapartment mit 40 Quadratmetern über zweigeschossige Maisonette-Wohnungen bis hin zum großzügigen Vier-Zimmer-Penthouse mit 120 Quadratmetern.

Ummantelt wird die eigenwillige Form von einer in Plisseefalten gelegten Fassade, die den Bau je nach Blickwinkel changieren lässt. Beim Blick von oben wird klar, dass es sich dabei nicht um vorgehängte Verschattungselemente handelt, sondern die Fassade tatsächlich in unzählige Falten gelegt ist.

Leeza Soho, Peking
Foto: Hufton + Crow
Architekten: Zaha Hadid Architects, London / Großbritannien
Bauherr: SOHO China Ltd
Funktion: Büros
Höhe: 200 m
Fertigstellung: November 2019
Standort: Peking / China

Der 45 Stockwerke hohe Turm Leeza SOHO bietet flexible Büroflächen für kleine und mittlere Unternehmen und ist Zentrum des neuen Fengtai-Geschäftsviertels, eines wachsenden Finanz- und Mobilitätszentrums unweit des kürzlich eröffneten Beijing Daxing International Airport im Südwesten Beijings. Aufgrund der Nähe zum lokalen Bahnhof ist der Turm zum einen optimal an das Nahverkehrsnetz der Stadt angeschlossen, zum anderen verläuft direkt unter dem Turm eine U-Bahn-Strecke, welche ihn im vierten Untergeschoss diagonal teilt. Dies beeinflusste das Design des Leeza Soho Turms nachhaltig und ist der Grund dafür, dass das Volumen des Hochhauses in zwei Hälften geteilt ist. Jede der beiden Hälften hat einen eigenen strukturellen Kern mit außenliegenden Stützen und stählernem Zugring, der der gekurvten Außenstruktur des Turms folgt.

Das 194,15 Meter hohe Atrium des Leeza SOHO ist das höchste der Welt und dient als öffentlicher Raum für das Viertel. Dynamisch um 45 Grad rotierend teilt es das Gebäude auf ganzer Höhe in zwei Bereiche, die über Brücken miteinander verbunden sind.

Die skulpturale Teilung lässt natürliches Licht bis tief in das Gebäude hinein und bietet neben Ausblicken über die Stadt und ins Atrium auch den Vorteil eines thermischen Schornsteins, der das Raumklima zusätzlich reguliert. Die beiden Turmhälften verschatten durch ihre Drehung das Atrium und sorgen in Kombination mit der Doppelisolierverglasung mit niedrigem Emissionsgrad für ein angenehmes Innenklima.

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