Schaufensterschau: Fluide Formen Jan Hooss Raumgalerie, Stuttgart: 14. April bis 22. Mai 2021


Was der Architektur heute fast gänzlich fehlt, ist das Dekor. Jegliche Zierde kommt spätestens seit der Neuen Sachlichkeit der frühen 1920er-Jahre im Formenkanon vieler Architektinnen und Architekten nicht mehr vor, ist oftmals geradezu verpönt. Der Stuckbildhauer Jan Hooss setzt mit seiner (Bau-)Kunst eine bewusste Antithese zu diesem unbedingten Streben nach Reduktion. Er schafft dreidimensionale Bilderwelten und Plastiken aus Gips, die faszinieren und inspirieren.

Mit Stuck wird heutzutage meist allenfalls die schöne Altbauwohnung in der Innenstadt verbunden, deren hohe Decken mehr oder weniger kunstvoll verziert sind. Stuck aber ist vor allem die Kunst der plastischen Ausformung, die – abseits des häuslichen Profanstucks – erstaunliche Werke in der Ausgestaltung von Innenräumen und auch Fassaden hervorgebracht hat. Vor allem in der Zeit des Rokoko und des Barock erfuhr das Handwerk des Stuckierens eine besondere Blüte. Es entstanden variantenreiche Meisterwerke, deren Entwurf und Herstellung heute kaum denkbar wären. Das Dekorieren mit Stuck wurde noch bis in die Zeit des Historismus und der Gründerzeit betrieben, seit der Wende zum 20. Jahrhundert allerdings vornehmlich mittels vorgefertigter Fertigteile aus dem Katalog. Sein vorläufig endgültiges Ende fand der Stuck schließlich mit dem Aufkommen der Moderne und der Neuen Sachlichkeit in Kunst und Architektur, eine Zeit, in der alles Dekorative abgelehnt und als störend empfunden wurde. Dieser unbedingte Hang zur formalen Reduktion wirkt bis in die Gegenwart nach und ist tief verwurzelt auch in der Gestaltung aktueller Bauwerke.

Entsprechend wenige Handwerker beherrschen dieses Handwerk noch, auch weil das Wissen um diese Kunst an sich zum Teil verloren scheint. Einer von denen, die ihr Wirken dem Stuck verschrieben haben, ist der Stuttgarter Stuckbildhauer Jan Hooss. Mit seiner Arbeit ist er weltweit tätig, in öffentlichen Schlössern, Museen und Galerien, für internationale Filme sowie in Privatwesen, wie etwa im Chateau Miraval in Frankreich von Brad Pitt und Angelina Jolie. Restaurierungen und Rekonstruktionen historischen Stuckdekors von Jan Hooss finden sich unter anderem in: Zwiefalten, Maria Steinbach, Kloster Ottobeuren, Kloster Neresheim, Dresdener Schloss, Würzburger Hofkirche, Berliner Nationalgalerie, Schweriner Schloss, Veitshöchheimer Schloss. Eines seiner jüngsten Werke ist in Manhattan in einem Gebäude von DDG Architects entstanden, ein Relief über einem Kamin im Foyer.

In der Raumgalerie zeigt er – pandemiebedingt als Schaufensterausstellung – freie Arbeiten seines Kunsthandwerks. Es sind figurative Skizzen, ornamentale Stuckobjekte und Skulpturen, die den Raum formal bespielen und gleichzeitig dynamische Schattenformen erzeugen. Die Ausstellung wird während der Ausstellungszeit immer wieder von Jan Hooss persönlich verändert, umgeordnet und neu bestückt werden. Dabei werden Stimmungen absorbiert und gleichzeitig wieder extrahiert. So bildet sie einen Prozess ab, der im Grunde weder Anfang noch Ende kennt. Sie ist ein Ausschnitt aus dem Werk eines renommierten Stuckbildhauers der Gegenwart.

Alle Stuckarbeiten können erworben werden. Die Preise werden nach Ausstellungsbeginn kommuniziert und können auch in der Raumgalerie erfragt werden.

Schaufensterschau:
FLUIDE FORMEN
JAN HOOSS

Öffnung des Schaufensters: ab Mittwoch, 14. April 2021

Dauer der Schaufensterschau: bis 22. Mai 2021

Ort: Die Raumgalerie, Ludwigstraße 73, 70176 Stuttgart

www.derraumjournalist.net

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