Zwischenspiele zu Franz Ehrlich und T. Lux Feininger Bauhaus Museum, Dessau-Roßlau - bis 26. Februar 2023


Zwei neue Zwischenspiele sind ab Donnerstag, 20. Oktober 2022, im Bauhaus Museum Dessau zu sehen: Architektur als mentale Heilung stellt das ehemalige Institut für Kortiko-Viszerale Pathologie und Therapie in Berlin-Buch von Franz Ehrlich vor. Und “Der Mann, der Donnerstag war” zeigt T. Lux Feininger, der vor allem als Bauhaus-Fotograf bekannt ist, als Maler. Zur Eröffnung der Zwischenspiele am Donnerstag, 20. Oktober 2022, um 18 Uhr gibt es neben Kuratorenführungen durch die beiden Ausstellungen auch ein Gespräch mit Conrad Feininger, der über seinen Vater als Maler berichtet. Zudem wird der DEFA-Dokumentarfilm Heilung durch Schlaf über das Forschungskrankenhaus gezeigt. 

D i e  Z w i s c h e n s p i e l e

Architektur als mentale Heilung. Franz Ehrlich

1956/57 plante und gestaltete der Bauhäusler Franz Ehrlich in Zusammenarbeit mit dem Arzt und Schlafforscher Rudolf Baumann das Institut für Kortiko-Viszerale Pathologie und Therapie in Berlin-Buch. Es war bis hin zu seiner technischen Ausstattung zugeschnitten auf die sogenannte kortiko-viszerale Pathologie und Therapie, auch Schlaftherapie genannt. Mit dieser auf den Experimenten von Iwan Pawlow basierenden Therapie wurden Patienten mit psychischen Erkrankungen wie z.B. Erschöpfungssyndromen behandelt.

Die beeindruckende Architektur des Forschungskrankenhauses sollte den Heilungsprozess der Patient*innen unterstützen. Sie weist Züge einer Klosteranlage auf: Mit trapezförmigem Grundriss umschließt sie zwei Innenhöfe. Mit der teilweisen Auflösung der Wände in Glas mit eingestellten Säulen zeigt der Bau auch die Aneignung chinesischer Vorbilder. Das Gebäude ist bei aller Raffinesse jedoch auch geprägt von den Ambivalenzen, die Ehrlichs Werk und Persönlichkeit auszeichnen.

Franz Ehrlich (1907-1984), Sohn eines Leipziger Sozialdemokraten, war schon während seiner Ausbildung zum Maschinenschlosser aktives Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend. Von 1927 bis 1930 studierte er am Bauhaus Dessau, vor allem in der Plastischen und in der Tischlerei-Werkstatt. Da er kein Diplom erhielt, stand er in seinem Leben immer wieder vor Legitimationsproblemen.

1934 arbeitete er erfolgreich als Gebrauchsgrafiker. Obwohl selbst kein Kommunist, unterstützte er seinen Bruder bei der Gestaltung einer illegalen Zeitung des Kommunistischen Jugendverbandes. Als das aufflog, kam Ehrlich in Haft. Nach drei Jahren im Zuchthaus folgte 1937 die sogenannte „Schutzhaft“ im KZ Buchenwald. Mit Unterstützung eines „Funktionshäftlings“ kam Ehrlich in das „Werkstättenaufbaukommando“. Sehr bald arbeitete er an Entwürfen für Wohnhäuser und andere Bauten der SS-Wachmannschaften und schuf auch die Schrift des KZ-Eingangstores „Jedem das Seine“.

Der Grat zwischen Kollaboration und Widerstand war bei Franz Ehrlich sehr schmal: Um kreativ arbeiten zu können und zu überleben, ließ er auch Täuschung, Anpassung und Hochstapeln nicht aus. Am 14. Oktober 1939 wurde Ehrlich entlassen, blieb aber in Buchenwald. Nun nicht mehr als Häftling. ­Er wirkte als Architekt für die SS selbst am Aufbau von KZs mit. Nach 1945 bezeichnete er sich als diplomierter Architekt und ehemaliges aktives KPD-Mitglied.

Vom Sammeln: Architektur als mentale Heilung. Franz Ehrlich…

“Der Mann der Donnerstag war”. T. Lux Feininger

Theodore Lux Feininger (1910–2011) ist bislang vor allem als Bauhaus-Fotograf bekannt. Das Zwischenspiel zeigt, dass er sich auch schon früh als Maler verstand. Im Zentrum stehen vier Bühnenbilder zu Gilbert Keith Chestertons Kurzroman „Der Mann der Donnerstag war“, die T. Lux Feininger 1929 als Abschlussarbeit seines Studiums in der Bauhaus-Bühnenwerkstatt entworfen hat. Visualisiert werden die Szenerien des fiktiven Londons, vor allem den imaginären Vorort Saffron Park, die Chesterton ausführlich beschreibt.

T. Lux Feininger wirkte in der Bühnenwerkstatt – deren Arbeit er als Fotograf umfassend dokumentierte – vor allem als Maskenbauer und Entwerfer von Bühnenbildern. Mit Bühnen- und Szenenbildern, in denen er seit den späten 1920er Jahren literarische Texte interpretierte, entdeckte er schließlich die Malerei als das für ihn wichtigste künstlerische Medium, in dem er ab 1930 als freier Künstler dann zeitlebens vorrangig gearbeitet hat.

„Der Mann, der Donnerstag war“ (1908) ist eine politische Satire von Gilbert Keith Chesterton, die 1910 zuerst auf Deutsch erschienen ist. Die Hauptfigur ist der avantgardistische Dichter Gregory Syme, der von der Polizei angeworben wird, um als „Donnerstag“ einen „Zentralrat der Anarchisten“ zu beobachten. Doch es stellt sich heraus, dass diese Anarchistengruppe komplett aus Polizeispitzeln besteht – bis auf deren Präsidenten, der sich „Sonntag“ nennt und auch ein philosophischer Künstler ist. Auf skurrile Weise handelt die Geschichte von Schmerz, Tragik, Freude und Komik des künstlerischen Denkens. Sie fragt danach, ob – und wenn ja wie – Künstler die bürgerliche Gesellschaft umwälzen sollten oder können.

Zu Gast: „Der Mann, der Donnerstag war.“ T. Lux Feininger…

Ermöglicht wird das Zwischenspiel dank einer Dauerleihgabe des T. Lux Feininger-Nachlasses durch seinen Sohn Conrad Feininger.

Stiftung Bauhaus Dessau
Gropiusallee 38
06846 Dessau-Roßlau

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