Quartier Neckarspinnerei bietet Nutzungsvielfalt statt Monofunktionalität im Gewerbegebiet IBA’27


Das städtebauliche Werkstattverfahren mit hochbaulichem Ideenteil für das Neckarspinnerei-Areal in Wendlingen-Unterboihingen ist entschieden. Der Entwurf von Rustler Schriever Architekten mit gornik denkel Landschaftsarchitekten überzeugte die Jury. Er ergänzt die denkmalgeschützten Gebäude durch Neubauten und verbindet sie zu einem produktiven, dichten Stadtquartier. Ausgelobt hatte den Wettbewerb die Heinrich-Otto und Söhne (HOS) Projektentwicklung GmbH zusammen mit der Internationalen Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart (IBA’27) und der Stadt Wendlingen.

Die HOS-Gruppe will den Faden in der Neckarspinnerei nicht abreißen lassen. In Unterbohingen, wo noch bis 2020 Garn für Textilien produziert wurden, entsteht künftig ein Quartier, in dem Menschen arbeiten, leben und wohnen. Damit schreibt die HOS gemeinsam mit der IBA’27 und der Stadt Wendlingen die Geschichte fort, die 1858 mit dem Bau der Fabrik begann. Bereits damals arbeitete und wohnte man auf dem 4,7 Hektar großen Gelände der Neckarspinnerei, direkt am Neckar. Die zukunftsfähige Weiterentwicklung, die Rustler Schriever Architekten, Berlin mit gornik denkel Landschaftsarchitekten, Heidelberg für das IBA’27-Projekt vorschlagen, knüpft an diese Geschichte an.

Nutzungsvielfalt statt monofunktionalem Gewerbegebiet

Der Siegerentwurf verzahnt Wohnen, Arbeiten und Produktion eng. Die Mischung von Funktionen gelingt Rustler Schriever Architekten nicht nur auf das ganze Areal gesehen, sondern auch in den einzelnen Gebäuden. In den Erdgeschossen und im ersten Obergeschoss der Neubauten wird gearbeitet und produziert, darüber gewohnt. Die Erdgeschosse und die Erschließungskerne sind in massiver Bauweise aus Beton geplant. Dies ermöglicht große stützenfreie Spannweiten und die flexible Anpassung an verschiedene Nutzungen. Die Wohngeschosse sind leichte, ressourceneffiziente Holzkonstruktionen. Die Anordnung der Baukörper, das Erschließungssystem und ein Rücksprung der Obergeschosse stellen sicher, dass das Wohnen vom Lärm der umliegenden Verkehrsbauten und dem Gewerbe geschützt ist.

Die Neubauten ergänzen die denkmalgeschützten Bestandsgebäude und die rauen industriellen Außenräume auf selbstverständliche Art und Weise und führen so das Ensemble in die Zukunft. Verbindendes Element des Quartiers ist der Neckar, der nicht mehr nur am Quartier vorbeifließt, sondern zu einem Teil wird. Am Ufer entstehen großzügige Grünflächen, die zum Verweilen und Erholen einladen. Bewohnende und Gewerbetreibende treffen sich in Zukunft im Quartiersbiergarten oder auf einem der vielen Plätze zwischen den Gebäuden – mit Blick auf den Neckar.

Andreas Hofer, Intendant der IBA’27, betont, dass der Siegerentwurf davon lebt, dass er ein Industrieareal aus dem 19. Jahrhundert glaubwürdig ins 21. Jahrhundert übersetzt. »Das neue Quartier funktioniert sehr gut für heutige und künftige Bedürfnisse, es überwindet die Trennung von Funktionen. Neben Gewerbe ziehen hier auch Wohnen, Handel sowie kulturelle und soziale Nutzungen ein. Als IBA freuen wir uns, mit der Neckarspinnerei zu zeigen, wie die Idee der produktiven Stadt in der Region Stuttgart funktionieren kann.«

Acht Teams erarbeiten Entwürfe

Andreas Decker, Geschäftsführer der HOS-Gruppe, ist sehr zufrieden mit dem Ergebnis: »Das Verfahren war für uns eine riesige Chance. Die Visionen, die der Siegerentwurf entwickelt hat, passt nach Wendlingen und zur Neckarspinnerei. Auf dieser exzellenten Basis können wir weiterarbeiten. Wir haben jetzt ein Zielbild vor Augen, auf das wir hinarbeiten. Dadurch, dass die HOS das Areal nicht nur entwickelt, sondern später auch betreibt, können wir hier mutig Nutzungsmischung erproben.«

Das Siegerteam hat sich im zweistufigen Werkstattverfahren gegen sieben andere Arbeitsgemeinschaften aus Architektinnen, Stadtplanern und Landschaftsarchitektinnen durchgesetzt. Nach der ersten Stufe des Verfahrens erhielten die Teilnehmenden bereits Feedback von der Jury und hatten die Chance, ihre Entwürfe zu überarbeiten.

Der Juryvorsitzende Markus Schaefer (Hosoya Schaefer Architects Zürich): »Das Werkstattverfahren hat sich für die Neckarspinnerei ausgezahlt. Wir durften acht sehr verschiedene Entwürfe bewerten. Am Ende hat uns ein Entwurf überzeugt, der den Charme des Areals erkannt hat und ihn in die Zukunft trägt.«
 

Auch Wendlingens Bürgermeister Steffen Weigel, der Mitglied der Jury war, freut sich über die Entwicklungen auf dem Gelände der Neckarspinnerei. »Das neue Quartier bietet viele Chancen für Wendlingen: neue Gewerbeflächen für zukunftsfähige Unternehmen, Wohnraum, ein guter Zugang zum Neckar. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit HOS und IBA mit dem Wettbewerbsergebnis so nahtlos wie möglich in die Umsetzung zu kommen.«

Weitere Preise und Ausstellung

2. Preis: JOTT Architekten, Frankfurt a.M., mit urbanegestalt, Köln
3. Preis: Bankwitz Architekten, Kirchheim unter Teck, mit Wiederkehr Landschaftsarchitekten, Nürtingen
 

www.neckarspinnerei-quartier.de