DER VERLORENE ZUG Regie: Saskia Diesing (Niederlande) Kriegsdrama aus weiblicher Perspektive, nach einer wahren Begebenheit, eines unterwegs befreiten Deportationszuges


Kinostart ab 27. April 2023: Erzählt die Geschichte eines Eisenbahnzuges mit Deportierten, der unterwegs befreit wurde. Regisseurin Saskia Diesing liefert damit eine bisher ungeahnte weibliche Perspektive auf das Ende des Zweiten Weltkriegs. Drei Frauen, darunter eine jüdische Niederländerin, eine junge Deutsche und eine russische Scharfschützin, setzen sich über unterschiedliche Gesinnungen hinweg, um in einer Extremsituation zusammenzuhalten. Der Film zeigt, zu was Frauen an Widerstandfähigkeit fähig sind und worin ihre Stärken liegen. Insofern handelt der Film nicht von den üblichen Auseinandersetzungen im verzweifelten Kampf um den Sieg. Diese Frage erübrigt sich, der Film überschreitet das Ende, geht der Frage nach, wie kann es unter solchen Bedingungen mit der Gemeinschaft weitergehen?  Denkwürdig an diesem Film ist auch seine Perspektive mit niederländischen Einflüssen, welche Auswirkungen diese auf die Umgebung mit sich bringt und mit ihr versammelter Menschen, was explizit immer eine andere Sichtweise als die der Deutschen beinhaltet, obwohl ausgeprägte Nachbarschaft seit je her zu den Tugenden zwischen Niederländern und Deutschen zählen. Nervenaufreibend ist die Rolle der russischen Scharfschützin Vera, immer die Waffe im Anschlag haltend, ohne diese fühlt sie sich unnütz.   

Vera (Eugénie Anselin)

Frühjahr 1945: Kurz vor dem Kriegsende strandet ein Deportationszug Richtung Theresienstadt mit über zweitausend jüdischen KZ-Gefangenen mitten auf einer Weide. Der Zugführer koppelt die Lok ab und flüchtet mit den anderen deutschen Soldaten vor der Roten Armee, die bereits das nahegelegene deutsche Dorf Tröbitz besetzt hat. Die ausgehungerten Menschen im Zug sind sich selbst überlassen und auf Hilfe aus dem Ort angewiesen. Als auch noch Typhus ausbricht, wird Tröbitz von der russischen Besatzung unter Quarantäne gestellt – niemand kommt rein, niemand raus. In dieser verzweifelten Situation voll von Misstrauen und Rachegelüsten erwächst eine unerwartete Freundschaft zwischen der jüdischen Niederländerin Simone (Hanna van Vliet), der jungen Deutschen Winnie (Anna Bachmann) und der russischen Scharfschützin Vera (Eugénie Anselin).

Simone (Hanna van Vliet) und Winnie (Anna Bachmann)

Technische Daten

Filmposter

Filmtitel: Der verlorene Zug, Originaltitel Lost Transport,  Gattung: Spielfilm, Genre: Drama, Kriegsfilm, Produktionsland: Niederlande, Luxemburg, Deutschland, Produktionsjahr: 2021, Länge: 101 Minuten, Produktionsformat: Digital 4k, Tonformat: Dolby Digital 5.1 / Stereo, Vorführformate: Blu-ray, DVD, DCP 2k, Sprachen: Niederländisch, Deutsch, Russisch, Sprachfassungen: Originalversion mit Untertiteln, Untertitel: Deutsch, Weltvertrieb: Global Screen GmbH, Verleih: W-FILM Distribution, Verleihförderung: Film- und Medienstiftung NRW (FMS), nordmedia – Film- und Mediengesellschaft Niedersachsen/Bremen, Produktionsförderung NL: Film Fonds, Film- und Medienstiftung NRW (FMS) nordmedia Film- und Mediengesellschaft Niedersachsen/Bremen mbH, DFFF (Deutscher Filmförderfonds) mit Unterstützung von Roba Music Publishing

Zur Filmwebsite:  Der verlorene Zug – W-film

Filmteam

Regie und Drehbuch Saskia Diesing
Kamera Aage Hollander
Schnitt Axel Skovdal Roelofs
Ton Marco Vermaas
Kostüm Genoveva Kylburg
Musik Paul Eisenach, Jonas Hofer
Szenenbild Diana van de Vossenberg
Produzenten Hanneke Niens, Hans de Wolf, Christine Kiauk, Herbert Schwering, Bady Minck, Alexander Dumreicher-Ivanceanu, Marina Blok
Produktion Key Film
Co-Produktion COIN FILM, Amour Fou

Darsteller*innen

Simone – Hanna van Vliet
Vera – Eugénie Anselin
Winnie – Anna Bachmann
Isaac – Bram Suijker
Alexei – Konstantin Frolov

Historischer Hintergrund

Während der Nazi-Besatzung wurde im jüdischen Durchgangslager Westerbork zwischen mehreren Arten von Konzentrationslagern unterschieden. Mauthausen war als Vernichtungslager gefürchtet. Auschwitz hingegen war als Zwangsarbeitslager angesehen. Die dortigen Gaskammern waren ein streng gehütetes Staatsgeheimnis. Zwei Lager galten als die Lager mit den „besten“ Bedingungen: das Ghetto für ältere jüdische Menschen in Theresienstadt und das Austauschlager Bergen-Belsen, in dem es keine Gaskammern gab. Die in Bergen-Belsen inhaftierten Jüdinnen und Juden wurden von den Nazis als „Austauschjuden“ bezeichnet, da sie gegen im Ausland gefangen gehaltene deutsche Staatsbürger*innen oder gegen harte Währungen eingetauscht werden konnten. Diese Häftlinge wurden zunächst gut ernährt, trugen Zivilkleidung, waren nicht tätowiert und mussten nur gelegentlich Zwangsarbeit leisten. Ein tatsächlicher Austausch von Gefangenen fand nur wenige Male statt. Gegen Ende des Krieges verschlechterten sich die Bedingungen in Bergen-Belsen und die Nazis begannen, Häftlingsgruppen zu verlegen.

Wenige Tage vor der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen am 15. April organisierten die Nazis in aller Eile einen Transport ausgewählter jüdischer Häftlinge mit dem Ziel, sie nach Theresienstadt zu verlegen. Bei der Deportation dieser Häftlinge wurden zwischen dem 6. und 11. April drei Züge mit insgesamt rund 6.800 Menschen beladen. Der erste Transport wurde am 13. April von amerikanischen Truppen in der Nähe von Magdeburg befreit. Ein zweiter Zug mit überwiegend ungarischen Jüdinnen und Juden an Bord traf am 26. April 1945 in Theresienstadt ein. Es ist nicht bekannt, was aus den Deportierten geworden ist. Nachdem sie mehr als zwei Wochen lang durch die noch nicht von den Alliierten besetzten Teile Deutschlands gefahren waren, blieb der letzte dieser Züge in Tröbitz, einem kleinen Dorf in Brandenburg, auf offener Strecke liegen. Die deutsche Besatzung zog sich zurück. Am 23. April stießen die vorrückenden sowjetischen Truppen auf den Zug. Sie befreiten die Gefangenen, darunter 1.500 Niederländer*innen, die von den deutschen Besatzern als Juden eingestuft worden waren.

Hanna van Vliet

Zunächst vertrieben die russischen Besatzungstruppen die deutschen Einwohner*innen, die nicht aus dem Dorf geflohen waren – meist Frauen und Kinder – aus ihren Häusern, um Platz für die Menschen aus dem Zug zu schaffen. Doch nachdem sie eine Nacht im nahegelegenen Wald verbracht hatten, kehrten viele von ihnen in ihr Dorf zurück, das völlig verwüstet worden war. Die Rote Armee befahl ihnen, die Überlebenden zu beherbergen und die Kranken zu versorgen. Bald sah sie sich gezwungen, Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, um die Ausbreitung einer im Zug ausgebrochenen Typhusepidemie zu verhindern. Das Dorf wurde unter Quarantäne gestellt: Niemand durfte das Dorf betreten oder verlassen. Es dauerte acht Wochen, bis die Epidemie unter Kontrolle war. Das Feldlazarett wurde von sowjetischen Sanitätern und jüdischen Ärzten aus dem Zug geleitet. Frauen und Mädchen aus dem Dorf wurden als Krankenschwestern rekrutiert. In der Zwischenzeit schickte Moskau eine Delegation in das Dorf, um die ehemaligen jüdischen Häftlinge für eine mögliche Auswanderung in die Sowjetunion zu “begeistern”.

Hanna van Vliet

Trotz der Quarantänemaßnahmen gelang es zwei ehemaligen jüdischen Widerstandskämpfer*innenn, Mirjam und Menachem Pinkhof, am 13. Mai 1945, Tröbitz mit dem Fahrrad zu verlassen, die Elbe zu überqueren und am 18. Mai den Amerikaner*innen ein Memorandum zu übergeben, das für das Außenministerium in Den Haag bestimmt war. Es enthielt einen Bericht über diesen dritten Zug und die Umstände der Geretteten. Die amerikanischen Verbindungsoffiziere setzten sich daraufhin mit den sowjetischen Armeelagern in Verbindung und reisten nach Tröbitz, um den Inhalt des Memorandums zu überprüfen und die Repatriierung einzuleiten. Am 16. Juni 1945, noch vor Aufhebung der Quarantäne, begannen die Amerikaner mit der Rückführung der Überlebenden. Schlussendlich starben während der Zugfahrt und in den folgenden Wochen über 550 Menschen. Darunter auch einige Einwohner*innen von Tröbitz und mehrere russische Ärzte, die an Typhus erkrankt waren.

Siehe auch: Verlorener Zug (Wikipedia) 

COIN FILM

produzierte seit seiner Gründung vor 20 Jahren rund 50 hochwertige Spiel- und Dokumentarfilme für den deutschen und und internationalen Markt. Die Filme zeichnen sich durch den außergewöhnlichen Blick der Filmemacher*innen und ihre gesellschaftspolitische Thematik aus. Auf die Verbindung von künstlerischem Film mit anspruchsvoller Unterhaltung legt die Produktionsfirma besonderen Wert. Viele der Filme sind als internationale Koproduktionen entstanden und wurden auf internationalen Festivals und bei Filmpreisen ausgezeichnet. Die Produzent*innen von COIN FILM sind Christine Kiauk (Geschäftsführerin) und Herbert Schwering. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Köln und Hannover.

KEY FILM

Die Gründer und Produzenten Hanneke Niens und Hans de Wolf entwickeln und produzieren Spielfilme, Dokumentarfilme und Dramaserien. Sie verfügen über ein umfangreiches internationales Netzwerk von Koproduzenten und Finanziers wie ITVS, Eurimages, das British Film Institute, Eurimages, Chios Investments, Al Jazeera und Netflix sowie viele europäische Fonds, Sender, Verleiher und Vertriebsagenten.

Entscheidend für ihren Ansatz ist die enge Zusammenarbeit mit Autor*innen und Regisseur*innen bei der Entwicklung hochwertiger Dramaserien („Swanenburg“), charakterstarker Publikumslieblinge („Soof und Soof 2“, „Ventoux“ und „So What Is Love“) und Arthouse-Filme („Nena“, „Beyond Sleep“, „The Idol“, „Palestine“, „The Reports on Sarah and Saleem“).
Die Produzenten und ihre Produktionen erhielten zahlreiche (inter)nationale Preise, darunter eine Oscar-Nominierung für „Twin Sisters“, einen Gläsernen Bären für „Bluebird“, einen Emmy und dreimal den Prix Europa.

AMOUR FOU

Gegründet 1995 in Luxemburg und 2001 in Wien, realisieren Amour Fou Luxemburg und Amour Fou Wien künstlerisch außergewöhnliche Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme für den weltweiten Markt mit internationalen und meist europäischen Partnern.

Dabei steht die Produktionsfirma für Visionen und Grenzüberschreitungen, sei es in Bezug auf Ästhetik, Produktion oder Vertriebsstrategien. Im Mittelpunkt stehen das unabhängige europäische Autorenkino und die unverwechselbare “Handschrift” der Regisseur*innen, die mit Amour Fou zusammenarbeiten. Die Gesellschafter von Amour Fou Wien und Amour Fou Luxemburg sind Bady Minck und Alexander Dumreicher-Ivanceanu.

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