Neues Modell erleichtert umweltfreundliches Bauen mit Textilbeton


Durch die Verstärkung von Beton mit Textil anstelle von Stahl ist es möglich, weniger Material zu verwenden und schlanke, leichte Konstruktionen mit deutlich geringerer Umweltbelastung zu schaffen. Die Technologie mit Carbonfasertextilien existiert bereits, erfordert jedoch unter anderem die Schaffung einer Grundlage für zuverlässige Berechnungen für komplexe und gewölbte Konstruktionen. Jetzt stellen Forscher aus Chalmers eine Methode vor, die die Skalierung der Technologie erleichtert und so den Bau umweltfreundlicherer Brücken, Tunnel und Gebäude erleichtert.

Die Fußgänger- und Fahrradbrücke in Albstadt ist ein frühes Beispiel einer Textilbetonkonstruktion. Die Brücke ist etwa 100 Meter lang. Foto: Udo Jandrey

„Ein Großteil des Betons, den wir heute verwenden, hat die Funktion einer Schutzschicht, die das Rosten der Stahlbewehrung verhindert. Wenn wir stattdessen Textilbewehrung verwenden können, können wir den Zementverbrauch senken und auch kleinere Mengen Beton verwenden – und so die Klimaauswirkungen reduzieren”, erläutert Karin Lundgren, Professorin für Betonbau an der Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen bei Chalmers.

Zement ist ein Bindemittel im Beton und seine Herstellung aus Kalkstein hat große Auswirkungen auf das Klima. Ein Problem besteht darin, dass bei der Produktion große Mengen Kohlendioxid freigesetzt werden, die im Kalkstein gebunden waren. Jedes Jahr werden weltweit etwa 4,5 Milliarden Tonnen Zement produziert, die Zementindustrie ist für etwa 8 Prozent der weltweiten Kohlendioxidemissionen verantwortlich. Daher wird intensiv daran gearbeitet, alternative Methoden und Materialien für Betonkonstruktionen zu finden.

Bild vom Bau eines Pavillons an der RWTH Aachen in Deutschland. Die schalenförmige Dachkonstruktion wurde mit Kohlefasertextilien verstärkt und ist nur sechs Zentimeter dick. Foto: Robert Mehl

Reduzierter Klima-Fußabdruck durch dünnere Konstruktionen und alternative Bindemittel

Durch die Verwendung alternativer Bindemittel anstelle von Zement, wie Ton oder Vulkanasche, ist es möglich, den Kohlendioxidausstoß weiter zu reduzieren. Doch bislang ist unklar, wie gut solche neuen Bindemittel die Stahlbewehrung langfristig schützen können.

„Dies könnte mit Kohlefaserbeton vermieden werden, da dieser nicht in gleicher Weise geschützt werden muss. Sie können auch noch mehr gewinnen, indem Sie dünne Schalenkonstruktionen mit geringerer Klimabelastung optimieren”, sagt Karin Lundgren.

Forschungsleiterin Karin Lundgren zeigt eine kohlefaserverstärkte Betonplatte, deren Tragfähigkeit im Designlabor von Chalmers getestet wurde. Foto. Mia Halleröd Palmgren | Chalmers

Sebastian Almfeldt und Karin Lundgren von Chalmers sind zwei der Autoren eines wissenschaftlichen Artikels, der eine neue Methode beschreibt, die Berechnungen komplexer Konstruktionen aus Textilbeton erleichtert.

In einer kürzlich in der Fachzeitschrift „Construction and Building Materials“ veröffentlichten Studie beschreiben Karin Lundgren und ihre Kollegen eine neue Modellierungstechnik, die sich als zuverlässig für die Berechnung der Wechselwirkung von Textilbewehrung mit dem Beton erwiesen hat.

„Wir haben eine Methode entwickelt, die die Berechnungsarbeit für komplexe Konstruktionen erleichtert und die Notwendigkeit einer Prüfung der Tragfähigkeit verringert“, sagt Karin Lundgren.

Ein Bereich, in dem die Technologie mit textiler Verstärkung die Umweltbelastung deutlich reduzieren könnte, ist der Bau von Bogenträgern. Da der Großteil der Klimaauswirkungen von Gebäuden während der Produktion auf die Balken zurückzuführen ist, ist dies eine wirksame Möglichkeit, nachhaltiger zu bauen. Eine frühere Forschungsstudie aus Cambridge zeigt, dass Textilbewehrungen die Kohlendioxidemissionen im Vergleich zu herkömmlichen Massivträgern um bis zu 65 Prozent reduzieren können.

Methode, die die Berechnungen erleichtert

Ein textiles Verstärkungsnetz besteht aus Fäden, wobei jeder Faden aus Tausenden dünner Filamente (lange Endlosfasern) besteht. Das Bewehrungsnetz wird in Beton eingegossen und bei Belastung des Textilbetons gleiten die Filamente sowohl am Beton als auch im Inneren des Drahtes gegeneinander. Ein Textilfaden in Beton verhält sich daher nicht wie eine Einheit, was wichtig ist, wenn man die Fähigkeit des Verbundmaterials verstehen möchte, Lasten zu tragen. Die von den Chalmers-Forschern entwickelte Modellierungstechnik beschreibt diese Effekte.

Mit Kohlefasergewebe verstärkter Beton. Foto: Stiprina | Wikimedia Commons

Beton mit eingebettetem Kohlefasertextil. Foto: Catharina Björk | Chalmers

Textilverstärkungsnetz aus Kohlefaser. Foto: Mia Halleröd Palmgren | Chalmers

„Man kann es so beschreiben, dass der Draht aus einem inneren und einem äußeren Kern besteht, der bei Belastung des Betons unterschiedlich stark beansprucht wird. Wir haben eine Prüf- und Berechnungsmethode entwickelt, die diese Wechselwirkung beschreibt”. „In Versuchen konnten wir zeigen, dass unsere Berechnungsmethode auch für komplexe Konstruktionen zuverlässig genug ist“, sagt Karin Lundgren.

Die gemeinsame Arbeit mit den Kollegen geht nun weiter mit der Entwicklung von Optimierungsmethoden für größere Bauwerke.

Testaufbau, bei dem textilbewehrter Beton im Designlabor von Chalmers geladen wird. Foto: Sebastian Almfeldt | Chalmers

„Da das UN-Umweltprogramm UNEP aufgrund von steigendem Wohlstand und Bevölkerungswachstum in den nächsten 40 Jahren mit einer Verdoppelung der gesamten Wohnfläche auf der Welt rechnet, müssen wir alles dafür tun, möglichst ressourcenschonend zu bauen die Klimaherausforderung, erklärt Karin Lundgren.

Mehr zum wissenschaftlichen Beitrag

Der Artikel Textile reinforced concrete members subjected to tension, bending, and in-plane loads: Experimental study and numerical analyses wurde in der Zeitschrift Construction and Building Materials veröffentlicht und  wurde von Adam Sciegaj, Sebastian Almfeldt, Fredrik Larsson und Karin Lundgren verfasst. Während der Studie waren die Autoren an der Technischen Universität Chalmers und der Technischen Universität Danzig in Polen tätig. Gabriel Edefors arbeitet auch an dem Doktorandenprojekt mit, das das Studium in Chalmers fortsetzt.

Die Forschungsprojekte, die die Grundlage des Artikels bilden, werden vom schwedischen Forschungsrat finanziert.

Meldung: Technische Universität Chalmers, Göteborg