„Rettet Gandalf“ Mehr als 1.800 Menschen auf der Straße gegen Tierversuche Großdemo


Über 1.800 Menschen folgten dem Aufruf des Tierschutzbündnisses zwischen den Vereinen Ärzte gegen Tierversuche (ÄgT), SOKO Tierschutz, PETA, Animal Rights Watch (ARIWA) und lokalen Organisationen. Nachdem sowohl ÄgT als auch Soko Tierschutz wegen eklatanter Mängel in der Tierhaltung und Verstößen gegen das Tierschutzgesetz am Ernst-Strüngmann-Institut (ESI) in Frankfurt Strafanzeige gestellt hatten, folgte mit einer groß angelegten Demo massiver Druck aus der Bevölkerung.

Teilnehmende aus ganz Deutschland nahmen teils lange Anfahrtswege in Kauf, um sich solidarisch mit Gandalf zu zeigen, dem Affen, dessen Name die Kampagne „Rettet Gandalf“ anführt. Dieser muss seit über 20 Jahren am ESI unzählige Versuche über sich ergehen lassen. Ihm und anderen Tieren wie Affen, Ratten und Mäusen, die am ESI für grausame und für Menschen irrelevante Hirnforschung leiden, wurden ein Metallhaltebolzen und eine Elektrodenkammer über einem Bohrloch dauerhaft am Schädel und im Gehirn angebracht. Gandalf steht als Symbolfigur für alle Tiere in Experimenten.

Hintergrund der Großdemo sind eklatante Missstände in der Primatenhaltung am ESI. Bereits im Februar 2023 meldeten ÄgT und PETA schwere tierschutzrechtliche Verstöße in der Primatenhaltung an die zuständige Behörde. Anfang 2024 wurde bekannt, dass kein primatenkundiges Fachpersonal am ESI mehr vorhanden ist, obwohl dieses gesetzlich vorgeschrieben ist. Sowohl die Tierärztin und bisherige Tierschutzbeauftragte als auch der Tierhausleiter hatten ihre Position gekündigt. ÄgT erstattete bereits im April Strafanzeige gegen die zuständige Genehmigungsbehörde. Auch der tagelange Todeskampf einer Ratte am ESI wurde seitens SOKO Tierschutz zur Anzeige gebracht.

Die Demo verlief friedlich und dürfte auf ihren 4,7 Kilometern, vom Opernplatz zum ESI, ihre beabsichtigte eindrucksvolle Wirkung nicht verfehlt haben. Der öffentliche Druck konzentriert sich derzeit zwar auf das ESI – wie einst in Hamburg auf das mittlerweile geschlossene LPT –, doch Teilnehmende und Organisierende betonten, dass alle Tierversuche aus wissenschaftlichen und ethischen Gründen abgeschafft werden müssen.

ÄgT und das Tierschutzbündnis zeigen sich sehr erfreut über die hohe Zahl an Teilnehmenden. Dr. Melanie Seiler, ÄgT-Geschäftsführerin Öffentlichkeitsarbeit: „Diese Demonstration ist ein starkes Zeichen dafür, dass die Gesellschaft nicht mehr gewillt ist, das Leid der Tiere in den Laboren einfach hinzunehmen. Wir fordern gemeinsam den endgültigen Umstieg auf tierversuchsfreie Forschung und werden weiterhin laut sein, bis dieses Ziel umgesetzt ist.“

Erhebliche Missstände in der Primatenhaltung am Ernst-Strüngmann-Institut Frankfurt

Whistleblower-Informationen, die der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche (ÄgT) an die zuständige Behörde herangetragen hatte, deckten erhebliche Missstände in der Primatenhaltung am Frankfurter Ernst-Strüngmann-Institut (ESI) auf. Nun leitete der Verein erneut Insider-Informationen über widrige Zustände weiter: Dem Institut fehlt es seit Monaten an primatenkundigem Personal. Trotz der bekannten am ESI herrschenden Missstände unterlässt es die zuständige Behörde, gegen die tierschutzwidrigen Zustände vorzugehen. Ärzte gegen Tierversuche hat nun Strafanzeige gegen die untätige Behörde gestellt.

Unübersehbar in Frankfurt auf 4,7 Kilometern:
Der Demozug am 06. Juli 2024 mit über 1.800 Teilnehmern

Bereits im Februar 2023 hatte ÄgT den zuständigen Behörden – das hessische Umwelt- und das Wissenschaftsministerium sowie das Regierungspräsidium Darmstadt – anonym erhaltene Hinweise auf Missstände gemeldet, die am Ernst-Strüngmann-Institut (ESI) in Frankfurt auf schwere tierschutzrechtliche Verstöße in der Primatenhaltung hindeuteten. Dazu gehörten neben teils jahrelanger Einzelhaltung von Affen auch das übermäßige Durstenlassen von Tieren, die gar nicht in den Versuch genommen wurden, in dem sie diesen Durst als „Belohnung“ hätten stillen können. Schwerwiegende Schädeloperationen an den Primaten dauerten so lange, dass diese auf einen unkundigen Operateur hindeuteten.

Nachdem die Missstände erst vehement abgestritten wurden, räumte das Wissenschaftsministerium im Juli 2023 just einen Tag vor einer Pressekonferenz unter Beteiligung von ÄgT ein: „Im Mittelpunkt der weiteren Befassung werden die vollständige Transparenz der Vorgänge, die sofortige Beendigung der Missstände, sowie notwendige Konsequenzen stehen.“ Da trotz mehrerer Nachfragen seit diesem Zeitpunkt nicht mitgeteilt wurde, ob die Missstände behoben wurden, geht ÄgT davon aus, dass diese fortbestehen.

Nun hat der Verein erneute Whistleblower-Information erhalten, nach denen am ESI sowohl der Tierhausleiter als auch die primatenkundige Tierschutzbeauftragte bereits vor Monaten ihre Stellen aufgekündigt haben. Diese wurden nicht rechtskonform neu besetzt. Auch diese Informationen wurden den zuständigen Stellen zur Hand gegeben – ohne Reaktion. Die vorliegenden Haltungs- und Tierversuchs-Genehmigungen hätten umgehend widerrufen werden müssen, da die gesetzlichen Vorgaben zur Haltung von Primaten nicht erfüllt werden.

„Die gesetzlichen Anforderungen an die Tierschutzbeauftragen in Tierversuchslaboren sind sehr streng. Denn sie müssen in der Lage sein, allen anderen Mitarbeitern mit fundiertem Wissen beratend zur Seite zu stehen. Steht ein geeigneter Tierschutzbeauftragter nicht zur Verfügung, dann ist dem Versuchslabor unverzüglich die Genehmigung zu entziehen“, so Nele Berndt, Juristin bei Ärzte gegen Tierversuche.

Da die zuständigen Behörden ihrer Aufgabe trotz der Ihnen vorliegenden Informationen zu tierschutzrechtlichen Verstößen nicht nachgehen, hat ÄgT nun Strafanzeige erstattet.

„Mitarbeiter einer Genehmigungsbehörde können sich wegen Tierquälerei strafbar machen, auch wenn sie selbst nicht an den der Haltung und Versorgung der Tiere beteiligt sind. Die Behörden hätten längst einschreiten müssen. Durch ihre Untätigkeit verletzen sie ihre Schutzpflichten gegenüber den Tieren“, erklärt Nele Berndt.

Meldung: Ärzte gegen Tierversuche e.V., Köln