Karin Schiefer interviewt Regisseurin Barbara Albert LICHT (2017)


Barbara Alberts LICHT führt in die Wiener höfische Gesellschaft des späten 18. Jahrhunderts und zur hochbegabten blinden Pianistin Maria Theresia Paradis, die hin- und hergerissen zwischen ihrem außergewöhnlichen Talent und dem Wunsch zu sehen, eine Entscheidung treffen muss.

Maria Theresia Paradis ist heute quasi in Vergessenheit geraten, obwohl sie als Zeitgenossin Glucks oder Haydns und als ein mit Mozart beinahe gleichaltriges Klavier-Wunderkind in der europäischen Musikszene präsent war. Wer war dieses Fräulein Paradis?

BARBARA ALBERT: Maria Theresia Paradis war eine zu ihrer Zeit erfolgreiche blinde Komponistin und Pianistin. Sie war eineselbstbewusste Frau, die trotz oder aufgrund ihrer Blindheit große Bekanntheit erfahren hat und durch Europa gereist ist, um Konzerte zu geben, aber auch, um sich mit zeitgenössischen Komponisten und ebenfalls blinden Berühmtheiten und Zeitgenossen auszutauschen. Ihre pädagogischen Fähigkeiten müssen groß gewesen sein; sie mündeten schließlich in der Gründung einer Klavierschule für Blinde. Leider sind große Teile ihres Werks verschollen, am bekanntesten ist ihre ‚Sicilienne’ für Violine und Klavier, wobei hier ihre Autorenschaft immer noch umstritten ist.

Ihr Film LICHT ist inspiriert von Alissa Walsers Roman „Am Anfang war die Nacht Musik“, über den es, so nehme ich an, auch zur Begegnung mit der Figur gekommen ist. Auf welche Aspekte der Lebensgeschichte fokussierte der Roman, der Maria Theresia Paradis zu einer reizvollen Filmfigur machte?

BARBARA ALBERT: Der Roman widmet sich nur, wie auch der Film, den drei Monaten, in denen Maria Theresia Paradis im Palais von Franz Anton Mesmer (eigentlich dem Palais seiner Frau, der reichen Witwe Maria Anna von Posch) einer Kur unterzogen wurde – also der Begegnung dieser beiden eindrucksvollen Persönlichkeiten. Für mich, wenn man so will, zwei Hochbegabte, die ihrer Zeit voraus waren, zwei Verkannte, die einander auf ihren ‚Inseln’ kurz begegneten und sich vielleicht sogar gegenseitig beeinflusst haben.

„Mit Licht sei nicht zu spaßen, sagte er, als gäbe es nichts Einleuchtenderes. Es müsse gut dosiert sein. Genau dosiert. Sonst schade es mehr als es nutze.“, legt Alissa Walser dem Wunderdoktor Mesmer in den Mund. Hat Sie über die Geschichte Maria Theresia Paradis’ hinaus auch Alissa Walsers knappe, sehr dosierte Sprache fasziniert?

BARBARA ALBERT: Natürlich hat mich auch der Roman fasziniert; wobei wir, vor allem Kathrin Resetarits als Drehbuchautorin, den Fokus weniger auf Franz Anton Mesmer gelegt haben als auf Maria Theresia Paradis. Das ist wahrscheinlich der gravierendste Unterschied zur literarischen Vorlage.

Bisher haben Sie als klassische „Autorenfilmerin“ gearbeitet und die Drehbücher selbst verfasst. Bei LICHT firmiert Kathrin Resetarits für das Drehbuch. Was hat das für Sie in der Regiearbeit verändert?

BARBARA ALBERT: Das war sehr befruchtend und beglückend. Ich hatte das Gefühl, freier arbeiten zu können, da die Geschichte, also auch das Drehbuch, nicht von primär eigenen Erfahrungen und Bildern gespeist war, sondern – im besten Sinn – sekundär. Das heißt, ich konnte freier mit der Vorlage umgehen, konnte früh als Regisseurin gemeinsam mit der Kamerafrau Christine A. Maier, die schon die Kamera für NORDRAND gemacht hat, an die Bildersuche herangehen, mehr in der Probenarbeit entwickeln und ich war insgesamt flexibler.

Die ersten Bilder in LICHT sind undeutliche, schwarzweiße Bilder von Schatten und Wasserspiegelungen, die für einen kurzen Moment auf der Leinwand aufscheinen und den Zuschauer für einen kurzen Augenblick mit der Frage „Was seh ich da?“ irritieren und konfrontieren. Ist diese Frage nach der Wahrnehmung etwas wie ein musikalisches Vorzeichen, das Sie als bestimmenden Ton ganz voranstellen?

BARBARA ALBERT: Ja, unbedingt. Die Frage nach unserer Wahrnehmung, danach, wie unterschiedlich, wie subjektiv, wir wahrnehmen, durchdringt auch schon den Roman. Die Unsicherheit, die unserer Wahrnehmung zugrunde liegt, fasziniert mich; die Frage nach der Wirklichkeit der Bilder. Eindrucksvoll ist da schon im Roman die Schilderung der von M.T. Paradis neu erfahrenen Dreidimensionalität, als sie erstmals Gegenstände sieht. Ich habe schon davor mit großem Interesse und Begeisterung die Werke von Oliver Sacks gelesen, der auch viel über Musik und das menschliche Gehirn geschrieben hat. Auch er war eine Inspirationsquelle für LICHT.

Mit der Frage „Wie stelle ich im Film das Erlernen des Sehens dar“ steht die Frage im Raum – Was ist Sehen überhaupt? Licht? Form? Distanz? Farbe? Kontrast? und damit die Frage des Filmemachens schlechthin. War LICHT für Sie über gesellschaftliche, erzieherische, philosophische Aspekte hinaus auch eine Reflexion über das Medium Film als Kunstform gewesen?

BARBARA ALBERT: Ja, ich wusste aber auch, wie schwierig dieses Unterfangen sein würde. Im Schneideraum habe ich darüber auch immer wieder mit der Editorin Niki Mossböck gesprochen. Die Selbstreflexion kann ja auch zu etwas Eitlem werden. Dennoch finde ich nach wie vor das Bild an sich, das Abbilden wie das Abgebildet-Werden, dann das Bewegtbild, so faszinierend wie ambivalent, dass es sich immer lohnt, darüber nachzudenken. Wir leben in einer so stark von Bildern dominierten Welt, dass einem oft scheint, Bilder werden inflationär produziert und betrachtet. Da lohnt es, inne zu halten und zu überlegen, was das Bild an sich mit uns, mit der Welt macht. Und ob ein Bild das ist, was es zu sein scheint.

Maria Theresia Paradis ist eine Virtuosin auf dem Klavier. Am Klavier fühle ich mich wie ein General, sagt sie selbst. Für ihr Umfeld wird sie selbst zum Instrument, das jeder für seinen Nutzen zu bespielen versucht: die Eltern erhoffen sich vom Talent ihrer Tochter Prestige und (finanziellen) Erfolg, die Wiener Ärzteschaft geht ruchlos ihrer Experimentierlust nach und selbst Mesmer erhofft sich mit einem durchschlagenden Heilerfolg die universitäre Anerkennung. Sehen Sie darin das Kerndrama Ihrer Protagonistin?

BARBARA ALBERT: Ja. Da, wo im Roman das Drama von Franz Anton Mesmer, der nicht aus seiner Haut kann und gegen Neid und Ehrgeiz nicht ankommt, auch sehr eindrucksvoll beschrieben wird, tritt bei uns das Drama der blinden Frau in den Vordergrund, die weiß, dass sie nur mit ihrer Blindheit außergewöhnlich ist, gleichzeitig auch das Sehen für sich einfordert. Sie entwickelt sich von einem passiven, objekthaften Wesen zu einer starken Frau mit eigenem Willen. Sie weiß zuletzt, dass sie das Recht aufs Sehen hat, dass ihr das Sehen aber in der Gesellschaft, in der sie lebt, nicht mehr Freiheit bringen würde, sondern sogar weniger. Als sehende Frau müsste sie heiraten, sonst wäre sie nicht viel wert; Komponistin dürfte sie ohne diesen Sonderstatus auch nicht mehr sein. Das Schicksal einer Zeitgenossin von Paradis, Maria Anna („Nannerl“) Mozart, zeigt das anschaulich.

Der Beruf des Arztes ist ein Beruf des Hörens in vielfacher Hinsicht. Franz Anton Mesmer ist jemand, der für Maria Theresias inneren Klang Gehör hat. Dazu ist er eine hochmusikalische Person. In der Szene der gemeinsamen Improvisation gipfelt ihre gegenseitige Faszination/Anziehung, die letztlich auch einen seelischen Heilungsprozess in Maria Theresia in Gang setzt, auch wenn sie ihr Augenlicht nicht zurückgewinnt. Dennoch ist Mesmer auch jemand, der sie benutzt, sie ebenso überfordert wie die Eltern und am Ende im Stich lässt. Welche Facetten an der Figur des Mesmer waren Ihnen wichtig hervorzukehren?

BARBARA ALBERT: Mesmer war sicher hoch sensibel und empathisch, anders hätte er meiner Meinung nach nicht so erfolgreich Kranke behandeln können. Er hat intuitiv begriffen, was für uns heute selbstverständlich ist, wie z.B. dass Berührung heilende Wirkung haben kann – und dass keine Berührung und das Abschnüren der Organe und des Atems zu Krankheit und Neurosen führen kann. Mich hat an Mesmer aber auch sein Ehrgeiz interessiert; dieser so große Wunsch, anerkannt zu werden, von der Gesellschaft, der er ja nie wirklich angehörte, akzeptiert, ja bewundert zu werden. Er kommt letztlich nie aus seiner Haut, seinem Stand heraus, schafft den Sprung an den Hof nicht. Das verletzt ihn zutiefst. Als er später nach Paris geht, wird es übrigens nicht besser, im Gegenteil; dort ist er den Revolutionären zu wenig visionär, zu ‚altmodisch’, zu wenig wissenschaftlich – und wird wieder ausgeschlossen und verbannt.

LICHT erzählt über das individuelle Schicksal der Maria Theresia Paradis hinaus auch ein Gesellschaftsbild des späten 18. Jhs. in Wien. Eine Gesellschaft, die vom Dienen nach oben und Herrschen nach unten geprägt ist. Unten wie oben herrscht ein Überlebenskampf, unten ums tägliche Brot, oben ums Dazugehören zum erlauchten Kreis. Dieses Klassengefälle erzählen Sie sehr komprimiert und auch sehr pointiert und fein über die Sprache. Welche Überlegungen kamen hinsichtlich der Gesellschaftsdarstellung zum Tragen?

BARBARA ALBERT: Diese genaue Beschreibung der Klassenverhältnisse, wie die große Genauigkeit der Dialoge habe ich stark der Drehbuchautorin Kathrin Resetarits zu verdanken. Sie basieren auf einer immensen Recherche und großem Sprachgefühl. Unser historischer Berater, Martin Scheutz vom Institut für österreichische Geschichtsforschung, hat übrigens hervorgehoben, dass die Dialoge, obwohl sie modern wirken, historisch glaubwürdig sind. Das hat mir für den Dreh eine Sicherheit gegeben. Die Dialoge waren in gewisser Weise ‚zwingend’ geschrieben, d.h. ich habe in den Proben gemerkt, dass Improvisation uns hier nicht weiter bringt; Genauigkeit und historische Glaubwürdigkeit standen für mich da ganz hoch oben.

Einen historischen Film zu erzählen, bedeutet immer auch eine intensive Auseinandersetzung mit Ausstattung. Ein Element, das dabei besonders heraussticht, sind die für die damalige Zeit typische Wandmalereien mit exotischen Tier- und Pflanzenmotiven, die Maria Theresia ebenso abtastet wie die dreidimensionalen Objekte, die ihr Mesmer in seiner „Schule des Sehens“ vorlegt und dabei „sieht“ ohne mit den Augen zu sehen. Wie kam es da mit der Production Designerin Katharina Wöppermann zur Auswahl der Motive? Warum wurden diese Malereien zu einem so wichtigen Element?

BARBARA ALBERT: Wir waren beide von Beginn an begeistert von den dreidimensionalen Wandmalereien der Zeit, und Katharina Wöppermann hatte zusätzlich immer den Wunsch, das Mesmer’sche Palais zu einer Art Labyrinth zu machen. Die klare Architektur der Räume des 18. Jhs. hat es uns da allerdings nicht so leicht gemacht, auch konnten wir aus finanziellen Gründen nicht einfach im Studio drauflos bauen. Wir mussten also effektiv arbeiten, dennoch das Thema des ‚Urwalds’, der Wildnis – als Gegensatz zur Enge und Prüderie der Zeit – hervorheben, wie auch die Dreidimensionalität. Nachdem der Maler Franz Vana dann nach unterschiedlichen historischen Vorlagen die Wände ins Schloss Loosdorf übertragen hatte, wussten wir sofort, dass das eine richtige Entscheidung für den Film gewesen war.

Die Geschichte von Maria Theresia Paradis ist die Geschichte vom Schicksal einer hochbegabten Frau und Künstlerin. Von ihren Kompositionen ist heute nur mehr sehr wenig erhalten. Wie konnte das geschehen? Hier wird durch Ihre künstlerische Arbeit einer Künstlerkollegin verspätet Reverenz erwiesen. Ist im Film auch Musik von ihr zu hören? Wie kam die Auswahl der Musikstücke zustande?

BARBARA ALBERT: Der Film lebt für mich tatsächlich von Musikstücken unterschiedlicher Komponisten jener Zeit (C.P.E. Bach, Haydn, Galuppi, Vanhal, Kirnberger), die von unserem Filmmusiker Lorenz Dangel gemeinsam mit dem Cembalisten Gerd Amelung zusammengetragen wurden. Lorenz hat mir dann die möglichen Stücke auf dem Klavier vorgespielt, und wir haben gemeinsam entschieden, für welche Momente im Film, welche Stücke passen könnten. Emotionaler Höhepunkt ist für mich übrigens ein Musikstück, das Maria Theresia Paradis zugegebenermaßen erst am Ende ihres Lebens komponiert hat. Das Stück hat aber dermaßen Tiefe und ist so emotional, das es für uns stark Maria Theresia Paradis’ Gefühlswelt, auch ihre innere Entwicklung, unterstreicht. Lange dachte ich, ich bräuchte einen zusätzlichen Filmscore; der Filmmusiker hat aber, minimalistisch und präzise wie er ist, schon vor mir erkannt, das dafür kein Raum ist. Dafür bin ich ihm dankbar; die Reduktion ist für mich sehr stimmig, alles andere wäre für mich aufgesetzt bzw. schlicht zu viel gewesen. Sonja Leipold, die die Hammerklavieraufnahmen für uns eingespielt hat, hat außerdem nach den Dreharbeiten ein paar unveröffentlichte Stücke von Paradis eingespielt – sehr spannende Aufnahmen, wie ich finde!

Eine großartige schauspielerische Leistung vollbringt Maria Dragus. Worin lagen die großen Herausforderungen an sie? Wie haben Sie mit ihr diese Rolle erarbeitet?

BARBARA ALBERT: Maria Dragus hat ca. ein dreiviertel Jahr vor unseren Dreharbeiten begonnen, sich für die Rolle der Maria Theresia Paradis vorzubereiten. Das passiert ja immer auf mehreren Ebenen und war vor allem körperlich eine Herausforderung. Maria hat eine blinde Frau im Alltag begleitet, mehrere Blinde getroffen und viel historisches wie wissenschaftliches Material gelesen. Wir haben geprobt und Maria hat vor allem über Körperübungen, aber auch mithilfe von Spezialbrillen, die Blindheit suggerieren, ein Körpergefühl für die Rolle entwickelt. Gleichzeitig musste sie an der österreichischen Sprachmelodie arbeiten, was ihr aufgrund ihrer Musikalität scheinbar spielerisch gelang. Das Klavierspielen selbst war dann am Set noch einmal eine große Herausforderung, vor der ich im Vorfeld großen Respekt hatte. Maria hat das dann aber mit Unterstützung unseres Musiker Lorenz Dangel, der an den entsprechenden Drehtagen am Set war, großartig gemeistert. Sie ist trotz ihres Alters eine sehr erfahrene und höchst professionelle Schauspielerin, die dennoch intuitiv arbeitet. Eindrucksvoll fand ich wieder einmal, wie wichtig der Faktor Zeit in der Vorbereitung der Schauspieler ist. Erkenntnisse über die Figur müssen körperlich wie geistig verinnerlicht werden, und das ist manchmal nicht zu forcieren, sondern braucht einfach Zeit.

Über das Schicksal einer Künstlerin hinaus erzählt LICHT auch von einer jungen Frau, die in einer streng reglementierten Gesellschaft aus der Norm fällt. Maria Theresias Freundinnen lesen aus einem Büchlein über die Idealerscheinung einer heiratsfähigen Frau der damaligen Zeit vor. Sie haben gewiss eine sehr intensive literarische Recherche zum Frauenbild jener Zeit betrieben. Auf welche Texte sind Sie gestoßen, welche Texte fanden Eingang in den Film?

BARBARA ALBERT: Bei der Stelle, an der die Freundinnen Resi aus einem Büchlein vorlesen, handelt es sich um ein Buch von Johann Rautenstrauch über die ‚Fräulein’; ein Ausdruck, der damals sehr neu war und bürgerliche Töchter beschrieb bzw. Verhaltensregeln für diese herausgab. Das Interessante an Österreich in dieser Zeit ist das Streben des Bürgertums nach dem Höfischen. Es gab, kurz vor der Aufklärung, (noch) relativ wenige Bestrebungen nach eigenen, bürgerlichen Regeln, vielmehr wurde der Hof quasi kopiert.

Sapere aude!, den Appell ans eigene Urteilsvermögen und an die Vernunft, hat man noch aus Schulzeiten als Slogan der Aufklärung im Gedächtnis. Das Interessante an LICHT ist, dass Sie diese Epoche mit zwei Figuren konfrontieren, die sich dem Nicht-Sichtbaren (in Mesmers Fall dem Fluidum) anvertrauen. Sie sind eine Filmemacherin, die immer auch sehr stark ihrer Intuition vertraut. Lag eines Ihrer Motive auch darin, die Kraft der Intuition, des nicht Greifbaren in unserem Sein, auch einmal Thema einer filmischen Erzählung zu machen?

BARBARA ALBERT: Das ist vielleicht nicht so bewusst passiert, aber ich fand als Filmemacherin, die mit Bildern arbeitet (und somit auch manipuliert), immer das spannend, was nicht erklärbar war. Das Verborgene, das Geheimnis, das Traumhafte, all das ist doch Grundlage des Mediums Film. So sehr ich natürlich für jede Form der Aufklärung bin, so sehr zieht mich das Unerklärliche an, auch das Unheimliche. Ich finde auch, dass uns in der Kunst (wie auch in manchen existentiellen Momenten im Leben) nicht immer die Frage nach dem Warum weiterhilft. Das heißt nicht, dass wir nicht immer nach dem Warum fragen sollen. Filme rezipieren – ebenso wie sie zu machen – ist für mich die wunderbare Kombination von Intellekt und Emotion, von Geist und Intuition (wobei ich diese Worte nicht als einander ausschließende Gegensatzpaare verstanden wissen will).

„Wer nicht sehen kann, der wird nicht gesehen. Wer nicht gesehen wird, wird auch nicht gehört. Der lebt nicht.“, ist gewiss einer der von Maria Theresia Paradis ausgesprochenen Schlüsselsätze in diesem Film. Haben Sie darin auch einen der ganz starken Bezüge zur Aktualität gesehen?

BARBARA ALBERT: Diese Sätze haben leider Allgemeingültigkeit. Diejenigen, die im Licht stehen, schreiben Geschichte – und haben die Macht. Heute, in einer Zeit, die so sehr vom Bild, von den Medien, von der Selektion der Narrative lebt, ist das natürlich nach wie vor so. Welche Personen, welche Geschichten wir zur Zeit beleuchten und somit in unseren Fokus rücken, sagt leider (oder soll ich sagen, hoffentlich) wirklich nur bedingt etwas über die Menschheit aus.

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