Studierendenhaus der TU Braunschweig mit Gustav Düsing und Max Hacke gewinnt DAM Preis 2024


Am 26. Januar fand in Anwesenheit von Bundesbauministerin Klara Geywitz in feierlichem Rahmen die Preisverleihung des DAM Preises 2024 in den Interimsräumlichkeiten des DAM Ostend in der Henschelstraße statt. Langjähriger Kooperationspartner JUNG und Förderer des Preises gratulierte in Zusammenarbeit mit dem DAM den beiden Preisträgern, Gustav Düsing und Max Hacke. Das Studierendenhaus der TU Braunschweig erhielt überdies die Nominierung zum Mies van der Rohe Preis 2024, wozu auch das zum DAM Preis nominierte Bauprojekt Blaue Stunde aus dem Münsteraner Büro modulorbeat gehört, einer Freilandüberdachung, bestehend aus Mero-Knoten, die zu einem Raumfachwerk zusammengesetzt sind.

DAM Preis 2024 mit Preisträger, Bauherr und Laudatoren am Abend des 26. Januar im DAM Ostend
DAM Preis 2024 nominiert Blaue Stunde Ort: Spreepark, Berlin Jan Kamshoff, modulorbeat

Das Projekt Blaue Stunde sei ausdrücklich als künstlerische Arbeit zu verstehen, betont die künstlerische Leiterin des Spreeparks in Berlin, Katja Aßmann. Das Projekt sei die Transformation zum ehemaligen Schnellrestaurant, das an dieser Stelle stand. Der Kulturpark Plänterwald, wie der Park vorher hieß, gilt als erster und einziger Vergnügungspark der DDR. 1968 wurde dieser am selben Tag wie der Telespargel am Alexanderplatz eröffnet. Mittlerweile gilt die Anlage als Art Space Berlins. Dabei wurde aufgrund der markanten Dachkonstruktion des sozialistischen Fast-Food-Palastes der DDR auf das Baukastensystem Mero zurückgegriffen, auch um Grundlinien des Vorgängerbaues nachzuahmen.

Dijane Slavic, Sprecherin JUNG Architektur-Team und Jurymitglied DAM-Preis 2024

Neben Laudatorin Klara Geywitz sprach auch der neue Planungsdezernent der Stadt Frankfurt Marcus Gwechenberger, einführende Worte anlässlich des DAM-Preises 2024 und Preisvergabe an das Studierendenhaus der TU Braunschweig. Klara Geywitz hob in ihrer Rede die Bedeutung der Fortschritte im Wohnungsbau hervor, welche Regierung und Gesellschaft gemeinsam vor enorme Herausforderungen stellt. Zur Rede kamen Dijane Slavic, Sprecherin im JUNG Architektur-Team, als auch Architektin Barbara Ettinger-Brinckmann, sie betont in Bezug auf das Gewinnergebäude: „ …ein leichtes, luftiges, offenes Haus, in dem Innen und Außen, Oben und Unten verschmelzen, ein wunderbarer Ort zum Lernen, zusammen und allein!”. Sie zählt zusammen mit Dijane Slavic zur Jury des DAM Preises 2024. Zu Anfang sprach Direktor des Museums und Juymitglied, Peter Cachola-Schmal Begrüßungsworte und erläuterte die Entscheidungsfindung zur Preisverleihung: „Das Gebäude, nachhaltig, zirkulär und innovativ.” Am Ende gewann erstmals ein Erstlingswerk den DAM-Preis. Das Bauwerk geht auf einen Wettbewerb zurück, der unter den Wissenschaftlichen Mitarbeitern der TU zuerst ausgelobt und dann tatsächlich umgesetzt wurde.

Das Studierendenhaus der Technischen Universität Braunschweig ist ein innovatives, zweigeschossiges Campusgebäude, das für studentische Arbeitsplätze aller Fachrichtungen konzipiert wurde. Das Gebäude auf dem Zentralcampus ist direkt an der Oker gelegen und bildet einen neuen städtebaulichen Auftakt zur Hauptachse entlang von Audimax, Altgebäude und Forumsplatz und gliedert sich in die bestehenden Laufwege der Studierenden ein.

Studierendenhaus, TU Braunschweig, Foto (c) Iwan Baan

Ziel war es, einen für alle Studierenden zugänglichen multifunktionalen Raum zu schaffen, der als Ergänzung zu den bestehenden Campus-Typologien eine neue Art von zeitgemäßer Lernlandschaft bietet. Das Ergebnis ist ein offenes Raumkonzept, das vielfältige Aktivitäten unterstützt und eine flexible Umgebung für Gruppenarbeit, Seminare, Vorträge oder auch Entspannung bietet. Das Gebäude ist vollkommen hierarchiefrei gestaltet und fördert durch freie räumliche Organisation die zwischen-menschliche Kommunikation und interdisziplinäre Wissensgenerierung von Studierenden und Lehrenden gleichermaßen. Es versteht sich dabei als Gegenmodell zu Räumen der einseitigen Wissensvermittlung wie etwa Hörsälen mit überwiegend Frontalvermittlung etwa durch Lehrkräfte. Die Zukunft sieht jedoch digital aus, so dass Universität immer mehr hin zu einem öffentlichen Handlungsraum expandiert, in dem soziale Kompetenz geübt werden kann, um neue Räume zu schaffen, die ein unendliches Plus an Spielraum ermöglichen.   

 

Die innovative Stahl-Holzhybridkonstruktion ist komplett demontierbar und folgt dem Prinzip des „Design for Disassembly«. Das auf einem quadratischen (drei mal drei Meter) Achsmaß konzipierte Primärtragwerk, bestehend aus Trägern und Stützen, ist modular geplant und setzt sich aus dem immer gleichen zehn mal zehn Zentimetern Quadrathohlprofil zusammen. Sämtliche Verbindungen sind revidierbar geschraubt, wären erweiterbar und versetzbar, sind somit modular zu verstehen. Sonnengelbe Vorhänge als Raumteiler der Innenräume sind die einzigen kräftigen Akzente in der ansonsten durch Weiß- und Grautöne dominierten Farbauswahl.

Preisträger Architekt Max Hacke

Stimmen aus der Jury

„Die Qualität des Projekts liegt in der Entwicklung eines modularen, integrativen und filigranen Konstruktionssystems, das durch die spielerische Kombination seiner einzelnen Elemente den Studierenden ein vielfältiges Raumangebot anbietet und dem allseitig offenen Pavillon einen zarten und optimistischen Ausdruck verleiht.

-Alexander Fthenakis

„Ein leichtes, luftiges, offenes Haus, in dem innen und außen, oben und unten verschmelzen, ein wunderbarer Ort zum Lernen, zusammen und allein! Proportionen und Einfügung stimmen. Mit großer Präzision und Sorgfalt sind die Details durchdacht. Ein überzeugender Raum – ein Raum als Lehrer, der mit seinem Geist und seiner Seele den Geist und die Seele der Studierenden inspirieren möge.“

-Barbara Ettinger-Brinckmann

„Die beiden Entwurfsverfasser schaffen mit einfachen Mitteln eine Architektur, die vielfältige Raumsituationen anbietet und dabei offen bleibt für spontane Aneignung. Das Gebäude gibt eine Antwort auf die Frage wie wir – gerade in Zeiten knapperen Wohnraums – jungen Menschen qualitätvolle öffentliche Orte des Lernens, des Austauschs und des Aufenthalts bieten können.“

-Cordula Vielhauer

„Das Haus fasziniert, aber weniger durch technische Innovation oder durch vordergründig zur Schau gestellte Nachhaltigkeit. Es ist diese Bescheidenheit und dieser unverschämt lässige Verzicht auf räumliche Gestaltung – ein Möglichkeitsraum zwischen Innen und Außen, ein wunderschönes Angebot!“

-Philipp Auer

„Mit Gustav Düsing und Max Hacke gewinnen nach SUMMACUMFEMMER (2022) erneut zwei nach 1980 geborene Architekten den DAM Preis. Beide Projekte sind das Ergebnis außergewöhnlicher Wettbewerbsverfahren, die dem bundesrepublikanischen Durchschnitt etwas entgegensetzen, der Architekten wie diesen DAM-Preis-Gewinner die Teilnahme verwehrt. Das sollte uns zu denken geben.“

-Tobias Hönig

„So leichtfüßig, filigran und zart wie das Braunschweiger Studierendenhaus kommt die zeitgenössische deutsche Architektur nur selten daher. Dass es Gustav Düsing und Max Hacke bei allen Normen und Vorschriften gelungen ist, ein Gebäude von solch graziler Eleganz und einladender Offenheit zu errichten, grenzt schon fast an ein Wunder. Chapeau!“

-Dijane Slavic / Uwe Bresan

„Eine Architektur, die sich nicht ausschließlich mit sich selbst beschäftigt, sondern der Verbesserung von Lernbedingungen widmet und sich verantwortlich zeigt: für den Umgang mit Ressourcen, für Pluralität und Diversität und dem hohen Anspruch an einem Ort der Bildung mit einer zeitgenössischen und freudvollen Antwort begegnet.“

-Verena Konrad

„Ein wunderbar elegantes und feines Bauwerk, das an die ersten Projekte von Richard Rogers oder Michael Hopkins erinnert. Gleichzeitig ist es nachhaltig, zirkulär und innovativ – und ein Erstlingswerk. Erstaunlich!“

-Peter Cachola Schmal

v.l.n.r.: Christina Gräwe, Peter Cachola Schmal, Brita Köhler in hellem Hemd Preisträger Gustav Düsing zu Beginn der Veranstaltung am 26. Januar im DAM

„Leicht und offen und gleichzeitig präsent. Unaufgeregt und gleichzeitig durchdacht. So bietet dieses Projekt den Studierenden wunderbaren Raum zum Lernen und eröffnet gleichzeitig Frei-Raum zum Entfalten.“

-Andrea Jürges

Blick in die Ausstellung auf Schautafeln zu den 2024 nominierten DAM-Preis Projekten

Die Finalistengruppe des DAM Preis 2024 bilden fünf Projekte aus den Bereichen Kultur, Wohnen, Gewerbe und Bildung. Die Jury wählte folgende Projekte als Finalisten:

Blick auf Modell Baugruppe Kurfürstenstraße

FLORIAN NAGLER ARCHITEKTEN
Dante II, München

GUSTAV DÜSING & MAX HACKE
Studierendenhaus der TU Braunschweig, Braunschweig

INNAUER-MATT ARCHITEKTEN
Kunstraum Kassel, Kassel

JUNE14 MEYER-GROHBRÜGGE & CHERMAYEFF
Baugruppe Kurfürstenstraße, Berlin

NALBACH + NALBACH
Kantgaragenpalast, Berlin

www.dam-preis-2024//preistraeger

 

Zu Preisvergabe, Nominiertenauswahl und Ausstellung ist bei DOM publishers ein Katalog erschienen

2024 Deutsches Architektur Jahrbuch
German Architecture Annual 2024
Hrsg. Yorck Förster, Christina Gräwe u.
Peter Cachola Schmal
DOM Publishers, Berlin
1. Auflage, 2024
Sprache: Deutsch und Englisch
Leinengebunden, 256 Seiten, 400 Abb.
Format (B x L): 22 x 28 cm
ISBN 978-3-86922-884-6 

Der DAM Preis 2024 geht zum ersten Mal an ein Erstlingswerk. Das Studierendenhaus der TU Braunschweig von Gustav Düsing & Max Hacke überzeugte die Jury durch seine Eleganz und Transparenz, seine meisterhafte Leichtigkeit der Konstruktion sowie durch die Reduktion von Materialität und Technik. Darüber hinaus haben es vier weitere Projekte ins Finale geschafft: das Dante II in München von Florian Nagler Architekten, der Kunstraum Kassel von Innauer-Matt Architekten, die Baugruppe Kurfürstenstraße in Berlin von June14 Meyer-Grohbrügge & Chermayeff sowie der Kantgaragenpalast von Nalbach + Nalbach, ebenfalls in Berlin.

Seit 2007 zeichnet das Deutsche Architekturmuseum (DAM) mit dem DAM Preis jährlich herausragende Bauten in Deutschland aus, seit 2017 mit JUNG als Partner. Das Deutsche Architektur Jahrbuch 2024 stellt neben dem Preisträgerprojekt und den Finalisten auch die Gebäude der Shortlist in und aus Deutschland vor. Namhafte Autorinnen und Autoren besprechen in ihren Beiträgen eingehend die insgesamt 26 Projekte, die die Jury für den DAM Preis für Architektur in Deutschland 2024 unter 102 Nominierungen ermittelt hat. Zwei Essays widmen sich darüber hinaus der Zukunft des Bauens.

Das Deutsche Architektur Jahrbuch dokumentiert weit mehr als nur einen Querschnitt hervorragender Bauten eines Jahrgangs. Aus den Bänden geht auch jeweils hervor, welche Bauaufgaben gerade von besonderer Bedeutung sind und in der öffentlichen Diskussion stehen – denn für die Nominierung gibt es keine Einschränkungen zu Typologie, Bauvolumen oder Nutzung. Das breite Spektrum der Bauaufgaben ist bereits in der Longlist, die zuvor im Architekturführer Deutschland 2024 veröffentlicht wurde, ablesbar. So ist derzeit die Suche nach umweltschonenden Baumaterialien zu beobachten. Dies bezieht sich nicht mehr nur auf die rasante Weiterentwicklung des Holz(hybrid)-Baus und den verstärkten Einsatz regional verfügbarer Materialien. Auch das zirkuläre Bauen und seine Auswirkung auf den Planungsprozess rücken immer mehr in den Mittelpunkt.

Meldung: Gisela Graf communications, Freiburg

www.dom-publishers.com/2024-deutsches-architektur-jahrbuch

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